Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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30. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr B), 24. Oktober 2021

24/10/2021 


Die Predigt zum Anhören

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

„Blinde und Lahme.“ Lahme, das sind die mit dem Rollator. Also, so ungefähr. „Schwangere und Wöchnerinnen.“ Das waren früher Frauen, die Schonung brauchten und Hilfe. Ist das eigentlich immer noch so? – Es geht in der Lesung um Menschen, die nicht auf der Höhe sind. Um die, die nicht in der Shisha-Bar sitzen oder bei „Seitenblicken“ in die Kamera fallen.

Was in der Lesung ist, wird im Evangelium fortgesetzt. Da geht es um einen Blinden, der betteln muss. So ist das in Ländern ohne staatliche Fürsorge.

Lauter Leute also, die schlecht dran sind. Wenn man im SUV sitzt oder droben auf einer Burg oder ganz oben auf der Erntemaschine, supercool, sieht man die ja gar nicht, die Blinden, die Lahmen, die Frauen, die sich schwach fühlen und die Länder der Erde, die übel dran sind. Für die bittet „Missio“ heute um „eine milde Gabe“, wie man früher gesagt hat. Gibt es eigentlich noch Kinder, die von ihrem Taschengeld etwas für die Armen abgeben?

Jesus bleibt stehen und sagt: „Ruft ihn her!“ Ist das schon eine Berufung? – „Sie riefen den Blinden und sagten zu ihm: Nur Mut!“ Ein bisschen Hoffnung hatte der blinde Bettler schon geschöpft, als er Jesus in die Nähe kam; nun geht alles ganz schnell: ein Ruf, ein Schritt, eine Frage, eine Antwort, ein Wunder. Der Mann ist geheilt. Er sieht.

*

Ist hier jemand, der nicht leidet? An gar nichts? Um gar nichts? Vielleicht kommen Sie gut zurecht mit Ihrem Leid, vielleicht sind Sie tapfer oder ernüchtert, vielleicht sind Sie gut im Verdrängen, aber ich bin sicher, keiner hier könnte aufstehen und rufen: Alles gut! Bei mir gibt’s keine schmerzhaften Erinnerungen, keine Sorgen, keine Angst, keine Trauer, kein Knochen, der weh tut. Alles ist super. Keiner könnte das sagen. Eigentlich sind wir sind alle blinde Bettler am Straßenrand.

Einen Unterschied zum Evangelium gibt es allerdings. Bartimäus ruft. Rufen Sie? Oder haben Sie das Rufen längst aufgegeben? Rufen Sie nach den anderen? Oder sind Sie jemand, der alles selbst in den Griff kriegt? Rufen Sie nach Gott? Setzen Sie – Christinnen und Christen 2021 – irgendeine Hoffnung in Jesus Christus? Schenkt Jesus Ihnen irgendeine Zuversicht? Ja?

Dann hätte ich beinahe Lust, Ihnen zuzurufen: „Achtung! Vorsicht!“  – Denn erinnern Sie sich? Die Leute sagen dem kranken armen Mann: „Nur Mut… Er ruft dich!“ – „Da warf er seinen Mantel weg, sprang auf und lief auf Jesus zu.“ Und, tatsächlich, Bartimäus wird geheilt. Aber dann! „Im gleichen Augenblick konnte er sehen und folgte Jesus auf seinem Weg nach.“ Der Mann wird also nicht einfach bloß geheilt: Er wird ein Jünger Jesu. Er glaubt.

So kann es gehen. Man bittet Gott um irgendetwas – und wird dabei gläubig. Man ruft einen Priester – und fängt an zu beten. Man geht zum Firm-Unterricht (weil „man“ das eben tut) – und fängt an, die Kirche liebzugewinnen. Dieser Fall ist allerdings extrem selten.

Ein Mensch, der leidet, hat zwei Möglichkeiten. Entweder er sieht gerade noch seinen Schmerz. Oder aber er wird wirklich sehend und erkennt mitten im Schmerz Gott – und wird bereit, um Jesu willen das Leiden anzunehmen. – Bartimäus wirft seinen Mantel weg: sein altes Leben, das, was ihn wärmte und ihm Sicherheit gab. Er setzt jetzt ganz auf Jesus. Denn er ist nicht einfach wieder gesund: Er glaubt an Christus.

Ein Katholik hat zwei Möglichkeiten. Entweder er erwartet, wie die Jünger damals, Glanz und Gloria. Die Jünger waren mit Jesus auf dem Weg nach Jerusalem, in die heilige Königsstadt. Sie sind sicher: Dort wird Jesus endlich durchgreifen. Sie werden mit ihm mächtig sein. – Oder der Katholik erkennt, dass der Weg ganz anders geht. Eben nicht durch Glanz und Gloria.

Und wo entscheidet sich das? In der Erfahrung. Bartimäus macht eine ganz bestimmte Erfahrung mit Jesus. Der ruft hin, der hört ihn an, der heilt ihn, – deswegen traut sich Bartimäus mitzugehen. Einen Glauben ohne Erfahrung gibt es nicht.

Welche Erfahrungen machen die, die in Mailberg in die Messe gehen? Werden Eltern, deren Kinder ein wenig unruhig waren, am Nachmittag beim Pfarrcafé ausgerichtet oder werden sie das nächste Mal noch willkommener geheißen? Werden die, die hierherkommen, Lust haben, weiter mitzugehen?

Jesus ist nicht mehr hier. Sie hier sind die, die Erfahrungen mit Jesus vermitteln!

„Siehe, ich bringe sie heim aus dem Nordland und sammle sie von den Enden der Erde, unter ihnen Blinde und Lahme, Schwangere und Wöchnerinnen; als große Gemeinde kehren sie hierher zurück.“

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

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