Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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1. Fastensonntag, 6. März 2022

06/03/2022 


Die Predigt zum Anhören

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

„Mein Vater war ein heimatloser Aramäer.“ Keine Ahnung, warum ich bei diesem Satz hängenbleibe. Er steht in der ersten Lesung. „Mein Vater war ein heimatloser Aramäer.“ – Sie haben Ihre Heimat. Sie haben Häuser, Wohnungen, Verwandte, Ihre Überzeugungen. Sie sind nicht heimatlos. Noch. Seit acht Tagen hat auch der Letzte verstanden, dass einer sehr schnell heimatlos sein kann. Die, deren Eltern fliehen mussten, damals, die wussten es schon länger. Wohnung, Verwandte, Job, liebe Andenken: alles weg.

„Mein Vater war ein heimatloser Aramäer.“ Und Gott „hörte unser Schreien“.

Was ist das, was wir gerade erleben? Es ist die große Versuchung. Und wo landen wir damit? Zunächst in der Nähe Jesu. Der in Versuchung geführt wurde. In der Nähe Jesu fällt die Entscheidung. Worauf soll ich setzen, wenn alles bedroht ist?

Ist Ihnen klar, wie dumm die landläufige Idee der Versuchung ist? Die knapp bekleidete, sich räkelnde Frau führt den Mann in Versuchung. Durch was werden eigentlich Frauen in Versuchung geführt? Machen Sie den Groschenroman zu, schalten Sie die Telenovela ab. Jesus wird durch ganz andere Dinge in Versuchung geführt.

Die Versuchung ist immer genau dort, wo unser wunder Punkt ist. Sie können versucht werden durch Frauen oder durch Männer, durch Geld, durch Hauben-Küche und BMW, durch Macht, durch Sicherheit oder durch Abenteuer. Sogar durch fromme Gedanken. Fragen Sie sich einfach: Wo ist meine Schwachstelle? Und Sie wissen, wo der Feind angreifen wird.

„Doch sie trotzten in der Wüste dem Höchsten. Sie redeten gegen Gott. ‚Zwar hat er an den Felsen geschlagen, sodass Wasser floss und Bäche strömten. Aber kann er uns auch Brot verschaffen? Und sein Volk mit Fleisch versorgen?‘“ Der 78. Psalm erzählt vom Volk in der Wüste. Nun ist Jesus in der Wüste. Und wir müssen vielleicht auch dorthin.

Was ist das Ziel des Feindes? Sie abzubringen. Und dann? Wo geht es dann hin? Was will der Teufel? Die Beziehung zu Gott zerstören. Der „Entzweier“, so der andere Name für den Satan.

Sie haben keine Beziehung zu Gott? Dann ist jetzt klar, was das bedeutet.

„Mein Vater war ein heimatloser Aramäer.“ Einer, der herumziehen muss. Der keinen kennt. Ein Mensch, der nichts hat und vieles braucht: Brot. Also Essen, Auskommen, Gesundheit usw. Auch Macht, also Freiheit. Freiheit bedeutet ja: entscheiden können, handeln können. Und schließlich braucht ein heimatloser Mensch Sicherheit. In den drei Versuchungen Jesu geht es genau darum: um Brot, Macht und Sicherheit. Alles das wird ihm angeboten. Alles, was uns lebensnotwendig erscheint. Wozu? Um ihn von Gott abzubringen.

Was ist so schlimm daran, von Gott abgebracht zu werden? Fragen Sie so? Haben Sie eine Antwort?

Wenn Jesus nachgäbe, könnte er allen Hunger stillen. Wer Steine in Brot verwandeln kann, der hat das Mittel, alle Hungrigen der Welt satt zu machen. – Wenn Jesus nachgäbe, hätte er die Weltherrschaft. Die Weltherrschaft Gottes: Alles wäre gut! – Und schließlich hätte Jesus Sicherheit. Er könnte fallen, ohne sich etwas zu tun. Keine Gefahr, kein Leiden mehr.

Kein Hunger mehr, keine böse Macht mehr, kein Leiden mehr: Wer bietet das alles? Der Teufel. Und was bietet Gott? Gott bietet, so sieht es aus, Hunger, Ungerechtigkeit, Missbrauch der Macht, Schmerzen, Unsicherheit. Auferstehung.

Für wen entscheiden Sie sich? Jesus entscheidet sich für Gott. Er entscheidet sich (das nämlich ist der Punkt), Gott zu vertrauen. Nicht zu nehmen, nicht zu machen, nicht mit dem Bösen zu paktieren, nicht das zu tun, was allen völlig klar ist. Gott allein. Der Vater. Das ist der verstörende Ausweg aus den Versuchungen.

Fressen und huren bieten genau das: ein Gefühl der Sicherheit. Jesus wählt nicht die Sicherheit. Jesus wählt auch nicht die Macht. Wer sich für Macht nicht interessiert, kann auch nicht korrumpiert werden. Jesus wird auch im Leiden keinen Beweis des Schutzes fordern. Jesus muss keine Grenzen sprengen; er muss sich nicht mit Gott messen. Er kann die Welt nehmen wie sie ist. Genauso wird er sie erlösen.

„Er wurde vom Geist in der Wüste umhergeführt.“ So ist das Leben: Wir werden in den Wüsten umhergeführt, werden versucht, haben Ruhe, werden wieder versucht. Wir sehen Gott nicht, verstehen Gott nicht, aber er ist da. Der heimatlose Aramäer findet ein Land. Und den Tempel, wo er Gott verehrt. Huldigen, anbeten, opfern ist eine Grundhaltung, kein einzelner Sonntagsakt. Anerkennung Gottes. Daraus ergibt sich ein Handeln, das aus dem Herzen kommt. Mehr als ein Abarbeiten von Geboten. Jesus befolgt nicht einfach Gesetze, er ist mit Gott verbunden. Er hält diese Verbindung auch in der Versuchung. Gott das Vertrauen aufzukündigen, das ist die große Versuchung.

Weiterbeten, in solche Zeiten, heißt: der Versuchung widerstehen.

FÜRBITTEN

Gott wird fragen: Warum habt Ihr mich um nichts gebeten? Warum habt Ihr nicht gebetet? Ich hätte Euch erhört.

Die Fürbitten stehen vor der Gabenbereitung.
In der Lesung hieß es: „Dann sollst du von den ersten Erträgen aller Feldfrüchte etwas in einen Korb legen… und ihn vor den Altar des Herrn… stellen.“
Wir ehren Gott und geben ihm von dem, was wir haben: Gefühle, Sorgen, Pläne. Und Bitten.
Wir vertrauen Gott und bitten ihn um so Vieles.

Für die, welche die Welt regieren.
Für die Bischöfe.
Für die Flüchtlinge, die aufgenommen werden.
Für die Flüchtlinge, die keiner haben will.
Für die Kinder in den Kellern von Kiew.
Für unsere Kommunionkinder.
Für die Soldaten.
Für das Herz des Diktators.
Für unsere Kranken.
Um die Einheit der zerrissenen Kirche.
Um Stärke.
Um Mut.

Auf den Altar, wo unsere Bitten liegen, blickt Gott den ganzen Tag. Weiterbeten in solche Zeiten, heißt der Versuchung zu widerstehen. Was ist die Versuchung? Gott das Vertrauen aufzukündigen.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

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