Johannes der Täufer, 24. Juni 2018
Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Wäre Mozart lieber Rechtsanwalt geworden? Oder Johannes der Täufer Friseur? – Es gibt Menschen, die werden nicht gefragt. Sie werden berufen. Dem Ritter wird geboten: Das ist sein Wesen: der Auftrag. Johannes der Täufer: der letzte der Propheten, Vorläufer, Patron dieser Kirche, Schutzherr des Souveränen Malteser-Ritter-Ordens. Und Berufener. Sind Sie wirklich bereit, heute eine Berufung zu feiern? Sie gelangen auf gefährliches Terrain: Es könnte Sie selber treffen. Es könnte Ihnen aufgehen: Ich bin auch berufen. Was ich mir wünsche, ist nicht allein entscheidend; ein anderer legt die Hand auf mich. Er ruft mich. Johannes der Täufer wird berufen vor den Augen der anderen. Damit die es sehen und verstehen: Jeder Mensch hat eine Berufung. Keiner soll irgendetwas, irgendwie werden, sondern so, wie Gott ihn gedacht hat. Keiner ist Gott gleichgültig. Ein Fest gegen die Beliebigkeit. Gott ruft. Ein Kind. Dieses Kind – Johannes – wird nicht später einmal selbst entscheiden. Sie kennen die Eltern, die ihrem Kind den Glauben verweigern, weil es „später selbst entscheiden soll“. Kinder entscheiden nicht, wer ihr Vater ist und wer ihre Mutter, nicht welchen Namen sie tragen, in welchem Land sie aufwachsen… Wie viel entscheiden wir Menschen wirklich? Und, weniger metaphysisch, wo ist der fußballbegeisterte Vater (oder der leidenschaftliche Jäger), der seinem Buben sagt: Kein Fußball! Keine Jagd! Wenn du groß bist, kannst du selbst entscheiden. Was zum Teufel steckt hinter der Idee, einem Kind der Glauben vorzuenthalten? Sie ahnen es, wenn Sie vor einem Meisterwerk der Malerei stehen oder große Musik hören; Sie verstehen, dass da mehr ist als Können; Sie erkennen, dass es das geben kann: das Eingreifen Gottes in das Leben des Menschen. Gott ruft. Natürlich können Sie nein sagen, Sie sind ja frei. Aber dann wäre Ihr Leben falsch. Wer eine Berufung nicht lebt, dessen Leben wird falsch. Wer sie lebt, der wird der, der er sein soll. Als Johannes zur Welt kommt, ist alles entschieden. – Das empört uns Moderne. Wir wollen uns selbst erfinden, uns selbst machen. Und ahnen doch, dass das gar nicht geht. Weil wir nicht allein sind. Weil wir auf die Geschichte treffen und auf andere Menschen. Und auf unseren Charakter, unsere Herkunft. Auf Grenzen also. Wir haben einen Spielraum, aber nicht unbegrenzte Möglichkeiten. Also Einengung? Zwang? Wollen Sie es wirklich so sehen? War Johannes ein Gezwungener? Berufung ist Formung, Verdichtung, Konzentration. Zuerst setzt Gott dem Ritter Grenzen. Dann die Geschichte. Dann der Auftrag: „Den Armen und Kranken beistehen, den Glauben verteidigen: Das wirst du tun!“ Wer einem Orden beitritt, tritt zurück. Er erfindet sich gerade nicht selbst. Er beugt sich unter eine Form. Mehr noch: unter einen fremden Willen. Berufung ist Relativierung: Der Täufer ist bezogen auf Christus oder er ist nicht. Der Ritter ist bezogen auf den Orden oder er ist kein Ritter. Und der Orden ist auch seine Geschichte; ohne sie ist er nicht. Geschichte ist Festlegung, Form. Ein Land, das eine Geschichte hat, hat auch Grenzen. Es kann gastfreundlich sein, hilfsbereit. Österreich könnte ein liebevolles Land sein. Aber es kann nicht bei Null beginnen. Es kann nicht islamisch werden. Noch weniger ein Land ohne Religion. Das kann nicht die Berufung Österreichs sein. Der Ritter kehrt, gerade an solchen Festtagen, zurück zu den Anfängen. Zur Berufung des Täufers, zur Berufung des seligen Gerhard und seiner Gefährten. Der gemeine Mann ohne Geschichte versteht das nicht. Heute beginnen alle bei Null; nicht einmal, immer wieder. Sie erfinden sich. Sie leben in keiner echten Gemeinschaft; nur in Gruppen, Rudeln, welche die Not fügt oder die Leidenschaften. Die Kirche, ein Orden, eine Nation ist mehr als das. Wollen wir wirklich auf eigene Faust leben? Soll Gott uns in Frieden lassen? Trauen wir uns das zu: das Leben alleine zu leben? Alleine zu glauben? Ist es gut, dass sich Gott in das Leben einmischt? Ja oder nein? Sagt Johannes den Leuten: Ihr müsst selbst wissen, es ist euer Leben? Und Sie? Berufen Sie nicht Ihre Kinder? Prägen Sie nicht ihr Leben? Oder lassen Sie Ihre Kinder treiben? Alle sind berufen. Oder glauben Sie, Gott ließe sein Geschöpf, – Sie, mich, die dort draußen – ohne Ziel? Jeder Mensch hat eine Berufung. Der Ordensstand der Kirche ist ein Zeichen an die anderen. Der Ritter ist ein Signal an alle, das ihnen sagt: Du bist berufen. Dein Leben ist nicht gleich. Es gibt einen Plan. Deine innere Stimme, die Fragen und Bitten der anderen, das was du gerne tust, das, was du kannst, deine Schwächen, die Zeit, in der du lebst: Alles kann dir anzeigen, wohin du gerufen bist. Wer du bist. Im III. Hochgebet heißt es: „Wir danken Dir, dass du uns berufen hast, vor dir zu stehen und dir zu dienen.“ Das ist Ihre Berufung: vor Gott zu stehen und ihm zu dienen. Das können Sie als Vater, als Unternehmerin, als alter Mensch… Das müssen Sie als Ritter. Es braucht die gegenseitige Hilfe. Weil Berufung auch bedeutet: Fremdheit. Jeder, der seine Berufung erkennt, wird sein Leben lang umringt sein von den Sancho Pansas dieser Welt. Von den kleinen Leuten. Das sind die mit dem gesunden Menschenverstand. Die ohne Träume. Die dir sagen: So ist die Welt nun einmal, lass die Menschen wie sie sind. Die kleinen Leute, das sind die, die das Große verbannen wollen, indem sie es lächerlich machen. – Und das Rittertum ist etwas Großes, der ritterliche Mensch eine der schönsten Erscheinungen, die diese Welt je gesehen hat. Wie schön, wenn dann ein anderer Ritter durch die Reihen bricht und dir zuruft: Du bist berufen! Berufen wie ich! Komm! Verteidige das Heilige! Verändere die Welt! Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.