Hl. Messe Aidsdienst Malteser, 7. Juni 2016
Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes
Sie sind nichts Besonderes. Ich auch nicht. Obwohl wir das doch alle gerne wären: etwas Besonderes. Nicht Masse, nicht anonym, ohne Bedeutung. Wenigstens für ein paar Menschen auf dieser Erde wollen wir etwas ganz Besonderes sein.
„Ihr seid das Salz der Erde… Ihr seid das Licht der Welt.“ – Alle meinen, mit diesen Worten hebe Jesus seine Leute heraus. Er sage ihnen damit: „Ihr seid etwas Besonderes.“ – Aber könnte es nicht sein, dass Jesus zuerst einmal nur etwas beschreibt und gar nicht wertet? Dass er seine Leute nur beschreibt? Was gibt es Alltäglicheres, Allgemeineres als das Licht? Auch das Salz ist keine Seltenheit. „Ihr seid das Licht der Welt“, das meint: Wir sind nichts Besonderes. Wir sind alltäglich und allgemein.
Und doch ist es schön, wenn einer einem sagt: Du bist mein Licht! Du bist die Würze meines Lebens! Das sagt Jesus Ihnen. Und Ihnen! Unfassbar, oder? Jesus holt uns auf den Boden und gleichzeitig erhebt er uns das Herz. So kann das nur er.
Wir müssen uns nicht besonders fühlen; auch nicht anstrengen, etwas Besonderes zu sein, eine Ausnahme. Wir müssen einfach tun, was zu tun ist. Licht leuchtet; Licht macht einfach hell. Das ist die erste Lehre dieses kurzen Evangeliums: ruhig alltäglich sein, einfach sein, gut, nützlich. Das reicht.
Das muss man lernen. Damit man so wird, braucht es die Läuterung des Herzens. Einfach wird man nicht einfach so. Die Läuterung des Herzens geschieht durch zwei Lebensübungen: Leiden und Dienen.
Hier sind die Rollen aber nicht so verteilt, wie wir an diesem besonderen Abend vielleicht denken würden: Die Betreuten leiden und die Mitglieder des Aidsdienstes Malteser dienen. Es könnte ja auch umgekehrt sein. Ein Kranker dient den anderen Menschen durch die Art, wie er seine Krankheit trägt. Und die, die den Kranken helfen, leiden auch selbst. Am Zustand dieser Welt etwa. An ihrer Ohnmacht.
Tun Sie alle zusammen einfach beides: leiden Sie und dienen Sie; wie der Tag es bringt. Und Sie werden spüren (Sie haben es längst gespürt!): zu leiden und zu dienen ist keine völlig sinnlose Quälerei; es macht Sie echter, einfacher, menschlicher.
Das Wort Jesu enthält also einen Auftrag: Seid einfach! Tut, was zu tun ist. Es ist aber auch eine Beschreibung: Ihr seid wie das Licht und wie das Salz. Was Jesus da sagt, richtet sich an die Jünger. Also nicht an eine Kaste oder ein bestimmtes Geschlecht, eine Elite oder Rasse. Auch nicht speziell an die Priester (das wäre ja noch schöner!). Jesus redet einfach zu den Frauen und Männern, die zu ihm gehören wollen. Zu den Maltesern zum Beispiel. Oder sagen wir es anders: Jesus sagt das denen, die getauft sind. Die Getauften, – die echten – , das sind die, die zu Christus gehören und entsprechend leben.
Mit der Beschreibung „Ihr seid das Licht und das Salz“, stiftet Jesus Gemeinschaft unter Menschen. Das ist das Erste. Die Kirche ist zuerst Gemeinschaft. Alle Unterschiede in der Kirche sind nur das Zweite. Anders gesagt: Der Einzige, der wirklich besonders ist, anders, allen überlegen, das ist Christus selbst. Der Herr. Alle anderen sind Kinder Gottes. Geschwister. Dann erst Frauen und Männer, Priester und Laien, Betreute und Betreuer. Es wäre also sehr platt zu meinen: Der Aidsdienst Malteser, das ist das Licht; die Betreuten, das sind die, deren Leben hell wird, weil die Malteser kommen. Das kann so sein; muss aber nicht. Viel smarter wäre es, auch einmal so zu denken: Die Betreuten sind das Licht. Die „Herren Kranken“ machen die Malteser hell. Und am besten wäre es sowieso, es so zu sehen: Es sind einfach alle zusammen Licht und Salz. Ich bin Licht. – Ich bin dein Licht. – Du bist mein Licht. Zauberhaft!
Zum Schluss lenke ich Ihre Aufmerksamkeit darauf, dass Jesus nicht einfach sagt: „Ihr seid wie das Licht und wie das Salz.“ Er sagt: „Ihr seid das Salz der Erde.“ – „Ihr seid das Licht der Welt.“
Welche Dimension Jesus hier unserer Gemeinschaft gibt! Die Welt, die ganze Erde! Jesus kennt seine Leute wirklich, damals wie heute, und gibt ihnen dennoch einen wirklich großen Auftrag: Seid das Licht der ganzen Welt und die Würze der Erde. M. a. W. verändert die Welt! Aber nicht mit Gewalt, nicht mit großem Reichtum oder mächtiger Politik oder riesenhaften Anstrengungen. Seid wie das Licht und das Salz. Seid natürlich, einfach, effizient, unentbehrlich.
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