Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Fest des seligen Wilhelm Apor, 23. Mai 2016

30/06/2016 


 

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

„Deshalb umgürtet euch und macht euch bereit! Seid nüchtern und setzt eure Hoffnung ganz auf die Gnade…“ Ob der Bischof von Györ an dieses Wort dachte, als er am Morgen des 30. März 1945 das Zingulum anlegte, den Gürtel, der die priesterliche Albe zusammenhält? „Deshalb umgürtet euch und macht euch bereit!“ Der Bischof hatte viele Verfolgte und Flüchtlinge in sein Palais aufgenommen. Als am 30. März ein Trupp russischer Soldaten sich Eintritt verschafft und die Herausgabe der Frauen und Mädchen verlangt, stellt der Bischof sich zusammen mit seinem Neffen, dem Grafen Sandor Pallfy, den Soldaten entgegen. Beide werden niedergeschossen. Den Frauen geschieht nichts. Der Bischof starb am Ostersonntag an seinen Verletzungen. 1997 wurde Wilhelm Apor, Bischof und Märtyrer aus dem Souveränen Malteser-Ritter-Orden von Johannes Paul II. selig gesprochen.

Wilhelm Apor wurde 1892 in Segesvar geboren, in adeliger Familie. Sein Vater, ein angesehener Militär, verstarb früh. Der künftige Selige wurde bei den Jesuiten in Kalksburg erzogen. Nach der Priesterweihe und dem Doktorat der Theologie ging er als Militärkaplan an die Front des I. Weltkrieges. Später, als Pfarrer, setzte sich der außerordentlich engagierte und in Vielem erstaunlich moderne Seelsorger für die Kriegsgefangenen ein, für die verarmte Bevölkerung, die Flüchtlinge. In den Wirren der Nachkriegszeit war er in der konservativ-katholischen Politik aktiv. Spätestens seit 1939 stritt er für die verfolgten Juden. Dieser Linie blieb er auch treu, nachdem er 1941 Bischof von Györ geworden war. Dank seiner Hilfe konnten viele Juden fliehen. Bei der Bischofskonferenz im Herbst 1944 wollte der Primas von Ungarn die Bischöfe davon überzeugen, gemeinsam die Stimme zu erheben gegen die Rassendiskriminierung. Die Mehrheit weigerte sich. Nur Bischof Apor protestierte gegen die Verfolgung der Juden.

Schon vor seiner Erhebung zum Bischof war er Mitglied des Souveränen Malteser-Ritter-Ordens geworden. Nach allem, was wir von diesem Priester wissen, dürfen wir annehmen, dass dies für ihn mehr als Ehre und Konvention bedeutete. – Mich berührt die Idee, dass er diese Kirche (Malteserkirche in Wien) vielleicht besucht, hier gebetet hat.

Die Lehre jenes Tages, der ihn endgültig zum Seligen machte, lautet: keine Zeit! Ihr habt keine Zeit! Es klopft bei der Tür, man ruft dich, du gehst durch ein paar Räume, eine Stiege hinab… Dann geht alles ganz schnell. Ein paar Gesten vielleicht, ein Nein – und dann ist keine Zeit mehr, noch irgendetwas zu tun in dieser Welt. Eine Kugel genügt.

„Wie er, der euch berufen hat, heilig ist, so soll euer ganzes Leben heilig werden.“ Die Lehre ist: Es gibt ihn, den entscheidenden Moment. Den Moment, der ein Leben zusammenfasst, der entscheidet über das eigene Leben – und vielleicht sogar das Leben anderer. Und wie besteht man ihn? Irgendwie, zufällig vielleicht. Doch was ist das wert, das zufällig, irgendwie gelingt? Vielleicht besteht man den entscheidenden Moment einfach mit Glück. Aber wollen wir, so wie wir das Leben kennen, wirklich auf „das Glück“ zählen? Der selige Bischof konnte diesen Moment bestehen, weil er trainiert hatte.

„Wie er, der euch berufen hat, heilig ist, so soll euer ganzes Leben heilig werden.“ Er hatte gelernt, als Christ zu leben. Dieses Training braucht Zeit. Es beginnt mit den ersten Worten und Gesten der gläubigen Mutter für ihr Kind; es geht weiter in der Schule, in der Askese des Studiums, im demütigenden Dienst der Seelsorge, in den Kämpfen und Kompromissen der Politik, in der langweiligen Treue des Alltags. Jedes Gebet, sei es auch routiniert oder müde, jeder Besuch, sei er noch so lästig, jede Hl. Messe, sei sie noch so schlicht: Alles ist Schule der Seele. Und dann: die Tat, die aus der so geformten Seele kommt.

„Deshalb umgürtet euch und macht euch bereit! Seid nüchtern und setzt eure Hoffnung ganz auf die Gnade…“ Dieses Leben, dieses Fest beschämt und widerlegt alle, die nicht verstehen wollen, dass das Christenleben Treue braucht, Wiederholung, Lernen, Übung… dass die Seele mehr braucht als den sentimentalen Besuch der Christmette oder die kinderfröhliche Feier einer Erstkommunion. Die Seele des Christen braucht alle Tage eines Lebens. Seliger Wilhelm Apor, lehre uns Treue.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

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