Allerseelen 2025
Allerseelen 2025 Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Sagen Sie nicht mehr „Fegfeuer“! Sagen Sie besser „Läuterung“. Die vertraute Volksfrömmigkeit hat nicht immer Recht. Die Darstellungen des so genannten Fegfeuers – Flammen, gequälte, angstvolle Menschen –, diese Bilder verfremden den Glauben. Sie sind schädlich. Der wahre Glaube sagt uns, dass die Lehre vom Fegfeuer eine frohe Botschaft ist. Die Kirche sagt statt Fegfeuer „Purgatorium“, „Läuterung“. Es geht nicht um Feuer und Strafe, wichtig ist die Reinigung, die Veränderung. Sagen Sie auch nicht wie die Halbstudienräte in der Leserbrief-Ecke: Das Fegfeuer wurde vom Klerus erfunden, um das Volk in Schrecken zu halten und Geld zu machen. Das ist nicht ganz verkehrt, aber sich wirklich für die Geschichte interessiert, weiß: So einfach ist es nicht. Was Menschen tun, hat immer mehrere Ursachen. Die Lehre von der Läuterung ist keine mittelalterliche Machenschaft; sie hat Ursachen in der Antike, in der Hl. Schrift und in der menschlichen Natur. Wie komme ich ausgerechnet heute auf das Fegfeuer, die Läuterung? Wir feiern doch Allerseelen. „An Allerseelen denken die Katholiken an ihre Toten“, steht in der Zeitung. Meistens springen die Journalist*innen zu kurz. Ich stehe nicht am Grab meiner Eltern und erinnere mich an Sie. Ich bete für sie. Das ist die Aufgabe an Allerseelen. Erinnerungen ohne Gebet sind für die Katz. Erinnerungen vergehen wie ein Hauch. Das Gebet bleibt – vor Gott. Beten für… Man kann nicht für die Heiligen beten. Die im Himmel brauchen kein Gebet mehr. Man kann auch nicht für die in der Hölle beten. Die wollen unser Gebet nicht. Die haben sich von uns und von Gott getrennt. Beten kann man nur für Menschen hier auf der Erde und für die in der Läuterung, für die Armen Seelen, wie man früher sagte. Menschen in diesem Zustand (…) werden in den Himmel kommen (!); unser Gebet kann es ihnen leichter machen. Die Seelen in der Läuterung gehören zu uns. Sie, die Heiligen im Himmel und wir hier: Das ist die Gemeinschaft der Kirche. Der Mensch stirbt – und begegnet Gott. In diesem letzten Moment entscheidet sich alles. Egal, wie das Leben war, ein einziger Moment echter Reue genügt und der Mensch wird gerettet; der Weg zum ewigen Glück, zur Seligkeit beginnt. Der Mensch wird Gott sehen. Gott ist barmherzig und gerecht. Das Erste ist die Vergebung, dann geschieht Gerechtigkeit, dann endlich ist der Weg zu Gott frei. Die meisten denken: Gott vergibt mir, zack bin ich im Himmel, so wie ich eben bin. Nein. Im Himmel können nur Heilige sein, denn Gott ist Der Heilige. Unvereinbar mit allem, was nicht heilig ist. Wenn wir hier auf Erden nicht heilig sind, werden wir gotttauglich gemacht in der Läuterung. Das heißt (so sehr Sie das auch ärgern mag) wir werden uns nach Gott richten, nicht Er sich nach uns. Das kann nur die erstaunen, die denkt, der Mensch sei das Maß aller Dinge. Nein. Gott ist das Maß aller Dinge. Erlösung, Vergebung bedeutet: Du bist gerettet. Jetzt kannst Du aufgenommen werden in die große Gemeinschaft der Engel und Heiligen, die Gott schauen. Nur eines fehlt noch: Gerechtigkeit. Um in den Himmel zu kommen, braucht es auch die Versöhnung mit den anderen. Keiner kommt in den Himmel ohne die anderen, denn der Himmel ist ein großes Fest aller. Die Hölle ist … kalte Einsamkeit. In der Hölle sind die, die keinen anderen brauchen, nicht Gott und nicht die Menschen. Kommt Hitler in den Himmel? Die KZ-Wärterin, die ihre Hunde auf Kinder gehetzt hat? Ihr wird vergeben, wenn sie bereut; sie kommt in den Himmel, wenn sie gebüßt hat. Sie wird nicht einfach so in den Himmel spazieren und sich neben ihre Opfer setzen. Nein. Reue ist mehr als „tut mir leid“. Reue ist ein Schmerz und die Bereitschaft zu büßen. Gott will nicht den Tod des Sünders, aber er will Gerechtigkeit um der Opfer willen. Deswegen werden die Täter*innen der Geschichte erkennen, was sie anderen angetan haben. Ihre Strafe ist nicht Quälerei, sondern der Schmerz der Erkenntnis. Jeder, der schon einmal erkannt hat, was er anderen antat, und sich buchstäblich fast zu Tode geschämt hat, ahnt, was dieser Schmerz der Erkenntnis sein kann. Der Sünder erkennt, was er getan hat und leidet an seiner Tat. So sehr, so bitter, so lange, bis jedem seiner Opfer Gerechtigkeit widerfahren ist. Erst dann ist Versöhnung möglich. Dem Schmerz der Einsicht gehen übrigens die „zeitlichen Sündenstrafen“ voraus. Vielleicht ist es gut, wenn Sie wissen, was es damit auf sich hat. Gott vergibt dir den Ehebruch, den du bereust. Aber er erspart dir nicht die zeitlichen Folgen deiner Tat: den Ehekrach, die Scham, vielleicht die Trennung von deinen Kindern. Gott vergibt dir die jahrelange Sauferei, wenn du es bereust, so schlecht mit dir selbst umgegangen zu sein. Du wirst in den Himmel kommen. Aber Gott erspart dir nicht die Leberzirrhose. Sie ist die zeitliche Sündenstrafe. Sie ist gerecht. Und ein Letztes: Gottes Vergebung kann nicht heißen, der Mensch bleibt Sünder, aber Gott hat nichts mehr gegen ihn. So bliebe das Böse bestehen. Der Sünder muss so werden, bis in die Tiefe hinein, dass Gott „an ihm Wohlgefallen haben“ kann. Deswegen schafft Gottes Liebe den Menschen neu. Das ist die Läuterung. Der Mensch erfährt Gott wie ein verzehrendes Feuer: durchdringend, alles in Frage stellend, richtend, reinigend, heilend. Aber in diesem Moment der Prüfung ist der Mensch nicht allein: Wir helfen ihm durch unser Gebet, vor allem heute, an Allerseelen. Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors. Die Predigt zum Download finden Sie hier!Die Predigt zum Anhören
Predigt in Steinfeld am 02. November 2025
