30. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr B)
30. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr B) Dankesgottesdienst des Malteser Hilfsdienstes am 26. Oktober 2024 in Freiburg Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Verschmierte Wimperntusche. Das ist das Erste, woran ich denke, wenn ich höre „Weinen“. Dann das frische Taschentuch, das man immer bei sich haben soll, „falls wer weint“ (früher hieß es „falls eine Dame weint“, aber das sagt man glaube ich nicht mehr). Das Männer-weinen-nicht-Ding ist mir schon lange egal. Ich weine bei Fußballsiegen, Königssalbungen und bei manchen Stellen aus dem Evangelium. „Weinend kommen sie, und tröstend geleite ich sie [1]“, heißt es in der Lesung. Jetzt wissen Sie, wie ich aufs Weinen komme. Soll also mehr geweint werden? Bei Abschieden und Amtsübergaben? Wenn eine Abstimmung verloren geht? Männer des Synodalen Weges lagen sich weinend in den Armen… Sollen Sie weinen bei Ihren Kranken? Mit den Trauernden? Weit oben im Norden, am Main wurde neulich geweint, als es um Gipsengel in den Räumen der Gliederung ging. Kann vorkommen. Zu etwas anderem. Darf ich Ihnen sagen, wie ich „die Malteser“ erlebe, gleich, ob Orden oder Hilfsdienste? Sie wissen: Mein Urteil kann nur sehr vorläufig sein; Sie müssen es nicht sonderlich ernst nehmen. Ich nehme also wahr: großartige Arbeit, großherzigen Einsatz, viel Kompetenz, Effizienz, echten Glauben, sehr sympathische Leute, geringe Idiotendichte. Insgesamt ein wunderbarer Beitrag zur Heilung der deutschen Gesellschaft. Aber. Aber auch sehr viel Organisation, Moderation, Diskussion, sehr viel Machen. Aber eine seltsame Scheu vor dem Glauben. Viel Kirchenpolitik, nicht so viel Evangelium. Ich staune immer, wie genant es werden kann bei „den Maltesern“, wenn man zusammen ein Vaterunser beten will. – Kurz: viel außen, nicht so viel innen. Ich verstehe das, weil ich’s von mir selber kenne und aus der Geschichte der Kirche. Die meisten Menschen haben Angst vor dem Inneren. Denn dieses Innere ist ein weites Land. Da ist ein Meeting überschaubarer. „Weinend kommen sie, und tröstend geleite ich sie.“ Das ist innen. Leid und Trost im Leid, das ist innen. Da müssen wir hin. Im heutigen Evangelium ist zuerst alles außen. Menschen gehen von A nach B, es gibt Geschäfte, Geschrei, Ärger, noch mehr Geschrei, immer mehr Menschen… Und dann plötzlich Stille. „Was willst du, dass ich dir tun soll?“ Jetzt sind da nur noch diesen beiden Menschen. Es wird nahe, ruhig, wahr. Dann das Wunder. Und dann „Geh! Dein Glaube hat dich geheilt.“ Bartimäus hat nicht laut geweint und doch war er ein Mann aus Tränen. So viele Wünsche, unerfüllbare. So viele Fragen, so viel Hilflosigkeit, so viel Verzweiflung. „Ich möchte wieder sehen können!“ Jesus weint nicht mit ihm. Vom weinenden Jesus wird im Evangelium ein einziges Mal gesprochen: Als er am Grab seines Freundes Lazarus steht. Aber als Bartimäus die Stimme des Heilands hört, versteht er: Dieser Mann weiß. Er weiß alles, er kennt jede meiner Tränen. Erkannt zu werden statt abgefertigt zu werden mit Vorurteilen oder Floskeln, guten Worten und Maßnahmen, wirklich tief erkannt zu werden: Einen größeren Trost kann ich mir auf Erden nicht vorstellen. Jesus gründet kein Werk, er entwirft keine Strategie, er analysiert nicht… Er weiß. Und Sie? Nun, Sie stehen in der Nachfolge Jesu. Alle Getauften stehen da. Sie können sehen, verstehen, wissen. Sie können bereit sein, hinzusehen auf den Schrecken. Sie können leiden. Urteilen und einteilen ist leicht, Handeln ist leicht. Sehen und Verstehen ist leidvoll. Deswegen packen viele lieber gleich mit an. Deswegen wissen so viele Bescheid, statt Fragen zu stellen. Bescheid wissen tut nicht weh, eine Antwort auf eine Frage zu bekommen, das kann schmerzen. Wir leben in einer verwirrenden und mitleidlosen Welt (oder nehme nur ich das so wahr?). Was können wir dieser armen Welt sagen um zu trösten? „Alles wird gut“? Es wird ja nicht alles gut. Nicht hier. Dort wird alles gut. Unser Trostwort ist: „Ich weiß. Ich verstehe. Was willst du, dass ich dir tun soll?“ Wenn Sie bis hierher mitgehen konnten, dann haben wir zusammen den Schritt gemacht von der organisierten, kompetenten, wirklich famosen praktischen Hilfe hin zur Begegnung. Dieser Schritt ist ein Fortschritt in einer Welt der Einsamkeit. Bartimäus und Jesus begegnen sich wirklich. Ein Moment, der echter ist als alles Drumherum. – Nebenbemerkung: Dieser Schritt ist uns gelungen, weil wir der Heiligen Schrift begegnet sind. Ich bin überzeugt: Ohne die ständig wiederholte Begegnung mit der Schrift, am Sonntag z. B., ist kein echter Aufbruch möglich. Hier entscheidet sich, ob der Malteser-Hilfsdienst einer von vielen Gut-Menschen-Bemberles-Vereinen ist oder eine Gemeinschaft wird, die Gutes tut und den Geist des Landes hebt. Es geht aber noch einen Schritt weiter. Dieses „Weiter“ ist es, was wir Christen der Welt zu bieten haben. Wir können es den Menschen nicht leicht machen. Manche Dinge sind schwer. Ein Tiktok-Profil anlegen, ist leicht. An Christus zu glauben und ihm zu folgen, ist nicht leicht. Aber es geht weiter. Ins Weite. Im dritten Text dieses Sonntags eröffnet sich eine neue Dimension. „Jeder Hohepriester wird eingesetzt zum Dienst vor Gott, um Gaben darzubringen.“ Sie meinen, das ginge Sie nichts an, das sei abgehoben. Sie liegen falsch. Im Petrusbrief heißt es: „Lasst euch zu einer heiligen Priesterschaft aufbauen, um durch Christus geistige Opfer darzubringen, die Gott gefallen“ (1 Petr 2,5). Sie sind angesprochen. Alle Frauen, alle Männer. Alle Getauften sind Priester. Sie können den Dienst an den Kranken in eine Dimension heben, von der die Leute keine Ahnung haben. Sie müssen das nicht artikulieren. Aber Sie können wissen, dass Ihr Dienst eine geistige Dimension hat, die bis zu Gott selbst reicht. Sie sollen als Getaufte „geistige Opfer darbringen“. Stoßen Sie sich nicht am Wort „Opfer“. Es geht um Hingabe und Geben. Geben können Sie Zeit, Gefühle, Ihren Überdruss oder Ihren Ekel, Ihr Glück, den Dank, der Ihnen zuteil wird, den Undank, den Sie erfahren… Das alles heben Sie hinauf zu Gott. So geht Ihr Dienst vom ganz Handfesten über das tiefe Verständnis für die Menschen dieser Zeit bis hin zum himmlischen Gottesdienst. [1] Neues Lektionar: „Und in Erbarmen geleite ich sie.“ FÜRBITTEN Wir halten nach jeder Bitte eine kurze Stille. „Seht, ich bringe sie heim… von den Enden der Erde.“ „Weinend kommen sie, und tröstend geleite ich sie.“ „Dein Glaube hat dich geheilt.“ Wir beten für die, die an ihrem Gebet zweifeln. Heiliger Geist, hilf uns, zwischen wichtig und unwichtig zu unterscheiden! Belohne reich alle, die anderen dienen: in der Familie, in der Gemeinde, in den Werken des Malteser-Ordens. Wir beten für unsere Kranken, die Angst haben oder Schmerzen oder beides. – Stille Wir geben dem Vater im Himmel unsere Toten in die Hand. Das Gebet um den Frieden ist dringender denn je. Oktober ist der Monat des Rosenkranzes. Wir beten bitte zusammen ein Ave Maria um den Frieden in dieser Welt. Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors. Die Predigt zum Download finden Sie hier!Die Predigt zum Anhören
Wir beten für alle, die ihre Heimat verloren haben.
Wir beten für alle, die andere leiten müssen.
Wir beten für alle, die den Glauben an Jesus Christus verteidigen.
Zeige uns, was das „eine Notwendige“ ist.
Und für ihre Angehörigen. – Stille
Und für die, die sie pflegen. – Stille