Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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28. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr B)

12/10/2024 


Die Predigt zum Anhören

28. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr B) – (Weisheit 7,7-11)
Predigt am 12. Oktober 2024 in Lengfurt

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Unsere Jugendlichen, was wollen die einmal erreichen im Leben? Ganz normale Jugendliche? Abschluss, Führerschein, eigene Wohnung, heiraten, ein oder zwei Kinder, Grill im Garten, ein gutes Auto und Urlaubsreisen. (Denke ich mir so. Kann mich täuschen.) Und Sie, die eher Grauhaarigen: Was wünschen Sie sich noch vom Leben? Eine halbwegs stabile Gesundheit, nicht allein sein, so Sie noch arbeiten nette Kollegen? So ungefähr?

Wer will Weisheit erreichen? Die Lesung heute spricht eindringlich von ihr. Das bedeutet für uns: Entweder diese Lesung geht komplett über uns weg oder wir darin entdecken etwas für unser Leben.

Wenn man neunzehn, zwanzig ist, ist einem die Weisheit eher Wurst; aber später, als reifer Mensch?

Weisheit bedeutet ruhige Einsicht in den Lauf des Lebens. Ohne Erschrecken und ohne Besserwisserei. Weisheit bedeutet innere Stimmigkeit. Realistischer Sinn, kluges Urteil, ohne kalt zu sein. Weisheit hat mehr mit Erfahrung als mit angelerntem Wissen zu tun. Ein Professor ist nicht unbedingt weise. Wer weise ist, hat einen erfahrenen, aber milden Blick auf die Welt. Er kann damit umgehen, dass sein Leben begonnen hat, ohne dass er gefragt wurde und dass es auch so enden wird. Wer weise ist, kennt sich und weiß, dass er zugleich ein Rätsel ist. Wer weise ist, hat Facetten, aber er ist nicht zerrissen. Der weise Mensch ist auf dem Weg zum Leben, wo er Frieden finden wird in der Wahrheit.

So wird man allerdings nicht automatisch; wer so werden will, muss sein Leben gestalten (soweit es sich halt gestalten lässt), m. a. W. er muss Entscheidungen treffen.

Der heutige Sonntag geht, wenn man die Lesungen anschaut, um Entscheidungen. Was ist mir wichtig? Und was nicht? Ihnen ist klar, dass Christen ganz bestimmte Entscheidungen treffen?

„Ich zog sie“ – die Weisheit – „Zeptern und Thronen vor“, heißt es in der Lesung. Das Zepter, der Herrscherstab und der Thron sind Zeichen der Macht. „Keinen Edelstein stellte ich der Weisheit gleich.“ Edelsteine bedeuten Reichtum. „Ich liebte die Weisheit mehr als Gesundheit und Schönheit.“ Sie merken: Alles, was die Welt da draußen ganz toll findet – Macht, Reichtum, Gesundheit, Schönheit –, das interessiert den Menschen der Hl. Schrift nicht so besonders.

„Mein Sohn, lerne Disziplin von Jugend an und du wirst Weisheit gewinnen, bis du ergraut bist… schließlich wirst du bei ihr Ruhe finden, sie wandelt sich dir in Freude“ (Sir 6).

Wie geht der Weg zum richtigen Leben? Es braucht zuerst die Entscheidung. Welcher Mensch will ich werden? Dann braucht es die Bitte. „Ich betete… ich flehte, und der Geist der Weisheit kam zu mir.“ Wie also wird die Weisheit erworben? Nicht durch ein Auslandsjahr oder das richtige Netzwerk: Wir müssen um die Weisheit bitten.

Das geht nicht ohne einen Schritt auf den anderen hin. Zum Bitten braucht es zwei: den, der bittet und den, der die Bitte hört. Damit sind wir beim Evangelium. Der Mann, von dem heute erzählt wird, hat sich entschieden, so zu leben, dass er das ewige Leben gewinnt. Was soll das sein? Die Transusen vom Katholischen Bibelwerk beschreiben das ewige Leben als „dauerhaftes Wohlergehen.“ Wirklich? Ein ewiger Grillabend bei Gott? Für unser „dauerhaftes Wohlergehen“ ist Jesus im Dreck gestorben?

Der Mann im Evangelium weiß noch nicht recht, wie das alles gehen soll mit ihm und Gott. Deshalb wendet er sich an Jesus. Dessen Rat ist ganz einfach: „Halte die Gebote!“

Das gibt dem Mann Hoffnung. Er kennt die Gebote, er hat sie gehalten, er ist auf der sicheren Seite. Eben nicht! Es fehlt noch etwas: „Folge mir nach!“ Es geht also nicht um Regeln, nicht darum, etwas gecheckt zu haben, sondern um Treue, Vertrauen, Freundschaft. Nicht der, der die Regeln einhält, ist das Ideal; nicht der, der sich auskennt und auch noch stolz darauf ist. Das Ideal ist einer, der hinter einem anderen hergehen kann, im Schatten des anderen.

Nicht irgendeines Anderen natürlich! Man muss sich schon gut überlegen, wem man vertraut, lehren Sie das Ihre Kinder! Söder, Weidel, Trump, Lindner, Taylor Swift, Nagelsmann, Franziskus, Habek… hinter keinem von denen würde ich hergehen und ganz gewiss würde ich keinem vertrauen, bloß weil er (oder sie) Tiktok-Videos einstellt.

Für Jesus ist nicht der Mensch der tollste, der die Gebote hält. Wichtiger ist Jesus das Vertrauen, die Treue. Zu diesem Vertrauen gehört, das fiel mir erst jetzt auf, auch der Verzicht. Nicht bloß auf Dinge, auch der Verzicht auf den Besitz des Wissens, auf das eigene Recht, auf das letzte Wort. So, lassend, geht es Schritt für Schritt Jesus nach.

Wer hinter einem anderen geht, sieht nicht viel. Er kann nicht mehr weitsichtig planen. Mir scheint mehr und mehr, Nachfolge hat zu tun mit Resignation. Es gibt eine gute Resignation: Verzicht auf Eigenmächtigkeit und Eigeninitiative. Das gilt für den Einzelnen, aber vielleicht auch für die Kirche insgesamt. Die Kirche hat einen großen Anspruch – zu Recht! –, sie hat jedes Ansehen verloren – zu Recht – deswegen ist es vielleicht Zeit, dass die Kirche darauf verzichtet, ihre Ansprüche und Rechte durchzusetzen. Die Islamisten und die Reichsbürger wollen sich durchsetzen, notfalls mit Gewalt… Die Kirche von heute, Sie sollten einfach da sein, vom einen Tag zum nächsten, treu hinter dem Herrn hergehen. Vielleicht ist es das. Vielleicht ist das weise.

FÜRBITTEN

Um weise zu werden, darf man sich nicht zu viel mit den Dingen aufhalten.
Herr, hilf uns zu verzichten. Mache uns immer freier. – Gebetsstille

Wer verzichtet und verlässt, wird viel empfangen. Verzicht lohnt sich.
Herr, belohne uns, wenn wir auf etwas verzichten – Gebetsstille

Wer betet, wird erhört.
Herr, schärfe unseren Sinn für dein Wirken in unserem Leben. Lehre uns zu sehen. – Gebetsstille

„Lebendig ist das Wort Gottes, kraftvoll und schärfer als jedes zweischneidige Schwert.“
Wir beten, dass viele Christen in Lengfurt vom Wort Gottes ins Herz getroffen werden. – Gebetsstille

Wir beten für unsere Kranken, die Angst haben oder Schmerzen oder beides. Und für ihre Angehörigen. – Gebetsstille

Das Gebet um den Frieden ist dringender denn je. Oktober ist der Monat des Rosenkranzes. Wir beten bitte zusammen ein Ave Maria um den Frieden in dieser Welt. – Gebetsstille

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

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