Fest Unserer Lieben Frau vom Rosenkranz
Fest Unserer Lieben Frau vom Rosenkranz Predigt am 08. September 2024 in Erlenbach (wo das Rosenkranzfest traditionell an diesem Tag gefeiert wird) Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Nicht die Protestanten, nicht die Großmächte Frankreich oder Österreich, nein, der Papst, Spanien, die Städte Venedig und Genua, die Herzogtümer Savoyen, Florenz, Parma und Urbino und die Ritter des Malteserordens: Am 7. Oktober 1571 schlagen sie gemeinsam die berühmte Seeschlacht von Lepanto. Dort, vor Griechenland wurde die Übermacht der türkischen Flotte gebrochen. Die Malteser-Ritter geloben bis heute, den Glauben „entschlossen gegen alle Angriffe zu verteidigen“. Wer so betet, der steht wirklich in dieser Welt, die im Kampf ist bis zum Ende. Wer so betet, der will den Sieg. – Vor Lepanto wurde der Mittelmeerraum vom aggressiven Islam befreit. Zur Erinnerung an den Sieg stiftete der Papst den Gedenktag Unserer Lieben Frau vom Rosenkranz. Die Päpste sahen eine Ursache des Sieges über die Türken im Rosenkranzgebet der Katholiken. Nichts davon in den Lesungen, die die Kirche für das Fest anordnet. Da heißt es: „Sie alle verharrten einmütig im Gebet.“ Wo eben noch Kampfgetümmel war, wird mit einem Mal alles ganz innerlich und still. Maria, die Apostel und die Frauen beten gemeinsam. Und Sie? Wo ist Ihr Platz? Im Kampf oder in der Stille? Und wo steht die Kirche? Der Platz der Kirche ist in der Welt, im Leben. Und das Leben ist gemischt. Vor Lepanto ging es natürlich nicht nur um den Glauben; es ging auch um Macht, Politik, Geld. Das Leben ist Kampf und Stille, bunt und wild, nicht zu verstehen, nie in den Griff zu bekommen, voller Gegensätze. Die Kirche ist im stillen Abendmahlsaal und in Kämpfen aller Art. Das heutige Fest verbindet Maria mit einer Schlacht. Für uns ein unerhörter Gedanke. Weil viele verdrängen, dass Maria zu dieser Welt gehört, die prachtvoll sein kann und erbärmlich, stark und schwach. „Fürchte dich nicht, Maria, denn du hast bei Gott Gnade gefunden“, sagt der Engel. Das bedeutet doch Sieg der Frau. „Er wird über das Haus Jakob herrschen.“ Sieg auch hier. „Für Gott ist nichts unmöglich.“ Noch einmal: Sieg. Der Sieg Gottes. Und Maria antwortet: „Ich bin die Magd des Herrn.“ Ergebung. Hingabe. Kampf, Sieg und Hingabe, das geht zusammen. Auch im Gebet der Katholiken am Tag von Lepanto ging es um den Sieg. Sieg über die türkische Bedrohung, Sieg über die Angst, über Kleinlichkeit und Feigheit. Im Rosenkranzgebet geht es wieder um einen Sieg: den Sieg Gottes in der Seele. Beim Beten geht es um die Ankunft des Reiches Gottes in der Seele. Gegen alle Widerstände von der Langeweile bis zur Todsünde. In uns geht der Kampf des Lebens. Was Maria sehen durfte, aber auch was sie sehen musste (…), lässt uns verstehen, dass im Rosenkranz um das Leben geht wie es ist. Jedes Gebet ist ein Kampf gegen die Übermacht der Bilder und Gedanken, gegen den eigenen Egoismus, gegen das Böse in uns und in der Welt. Jedes Gebet will den Sieg des Reiches Gottes. Die Perlenkette des Rosenkranzes ist dabei nur ein Werkzeug, um die Zeit zu messen; die Perlen helfen dem Unkonzentrierten, sich zu ordnen; die Wiederholung des immer Gleichen hilft, ruhig zu werden. Der Rosenkranz besteht aus heiligen Worten: Das Vaterunser hat uns Jesus selbst geschenkt; das Ave Maria beginnt mit Worten der Hl. Schrift. Wer diese Worte spricht, betritt die Welt, in der Maria und Jesus leben. Das ist der Sinn des Rosenkranzes: dass wir eintreten in die Welt dieser beiden Menschen. Beten heißt Gott begegnen. Einem anderen begegnen ist ein Zeichen der Lebendigkeit. Das ist das Entscheidende beim Beten: Ihr Leben, Ihr wahres Leben, nicht Floskeln aus Papier. Was Sie beten, ist zweitrangig; der Rosenkranz ist nicht heiliger als die Psalmen. Jeder muss unter der Führung des Hl. Geistes herausfinden, welche Art des Betens für ihn gerade die richtige ist. Es gibt das Gebet, in dem einer Gott sagt, was er auf dem Herzen hat. Es gibt aber auch das Gebet, wo es nur darum geht, in der Nähe Gottes zu sein. Irgendwann macht das Gebet kaum noch Worte. Ich bin sicher, das Gebet Marias war still, wortlos, weit: Gegenwart Gottes in der Seele mitten im Leben. – Leben, beten, Gott begegnen und Ihm sagen: „An der Hand zieh mich, Gott, wenn du es kannst / Aus diesem Wirrwarr heraus, als wär‘ nichts gewesen“ (Fariduddin Attar, gest. 1221 in Persien, Das Buch der Leiden). Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors. Die Predigt zum Download finden Sie hier!Die Predigt zum Anhören