Hochfest der Kirchweihe
Hochfest der Kirchweihe (Joh 2,13-22) Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Im Tempelvorhof fand er die Verkäufer von Rindern, Schafen und Tauben, die Geldwechsler, einen Schriftenstand, Musiker, die für ein Konzert probten und ihre Noten auf dem Altar ablegten, Kartenverkäufer*innen, Fremdenführer*innen, Touristen, Leute, die Kerzen anzündeten, ohne auf den Tabernakel zu achten; er sah ein elektrisches Ewiges Licht und eine Ordensschwester, die laut mit einem alten Mann tratschte. Saubere Altarwäsche sah er nicht, auch keine frischen Blumen, kein einziges Zeichen der Liebe. Da machte er eine Geißel aus Stricken und trieb alle hinaus. Damals bei den Juden war ’s schlimm, heute bei den Katholiken ist ’s gut? Meinen Sie, die Gedankenlosigkeit sei ausgestorben wie die Pocken? Meinen Sie, niemand mehr spüre die geheime Lust, das Heilige anzugreifen? Glauben Sie, dass alle, die mit der Kirche zu tun haben, sich kundig machen? Wer hat die „Einführung ins Messbuch“ gelesen? Man macht halt, man vergisst, man nimmt die Kinder nicht bei der Hand, um ihnen die Kirche zu erklären, und eines Tages hat man ein Kirchengebäude, in dem manchmal noch die Messe gefeiert wird, das aber längst die Touristen und die Kultur-Leute erobert haben, eine schauerliche, traurige Hülle. Die Weihe der Kirche ist vergessen (Schönthal). Heute vor 410 Jahren, am 7. September 1614, wenig vor dem Dreißigjährigen Krieg wurde Ihre Kirche vom Würzburger Weihbischof Eucharius Sang geweiht. Diese Mauern waren schon, als es uns alle noch nicht gab; unter dem Putz sind Jahrhunderte, Tage, Stunden ohne Zahl. Was ist in diese Mauern eingedrungen? Der Lärm von Napoleons Soldaten? Das Singen der Kommunion-Kinder? Der kühle Blick der Touristen, der aufmerksame Blick der Handwerker? Hängen die Gebete Ihrer Vorfahren in diesen Mauern? Was hüten die Kirchen? Wenn sie fallen eines Tages – denn alles fällt einmal –, bleibt dann etwas von den geweihten Kirchen, unsichtbar? Die Weihe ist das Geheimnis der Kirchen. Der Moment, wo die Bauleute und die Gemeinde und der Bischof weggeben, was sie gemacht haben; wo alle zusammen sagen: Gabe! Gabe an Gott! Der Moment, in dem sie einen Stein in der Mitte des Altars versenken, darunter die Reste der Heiligen; der Moment, wo der Altar gesalbt wird und die heiligen Feuerflammen aufsteigen; der Moment, der macht, dass der Bau nicht mehr ist wie die anderen. Was Gott gehört, ist heilig. Mit der Weihe sind hier eingezogen die Sakramente, also die Kirche, die eine, weltumspannende, ewige Kirche. Die Weihe bringt Lengfurt zusammen mit Rom: Die Kathedrale des Papstes hat dieselbe Weihe wie diese Kirche hier. Wenn die Messe gefeiert wird, dann wird die kleinste Kapelle machtvoll. Dann sind da unsichtbar die Engel und alle Heiligen. In jeder Messe. Geweiht ist aber nicht nur dieses Haus. Auch Sie sind geweiht. Durch Ihre Taufe. In den Kirchen versammelt sich die Gemeinschaft der Geweihten. Um den einen, einzigen wahren Priester: Christus feiert die Messe. Es gibt auch nur eine einzige Hostie. Alle empfangen die eine Hostie, denselben Christus. So entsteht Gemeinschaft: um Christus herum. Jede Messe vergegenwärtigt das Letzte Abendmahl. Wir erinnern uns nicht nur an Jesus, sondern Jesus ist hier. Sein Kreuz ist hier. Wir sind von heute, und Jesus ist heute. Und „er wird wiederkommen in Herrlichkeit“. In jeder Messe stehen wir in dieser Kirche, die sich nach Osten richtet, und warten, dass Er komme wie das Licht am Morgen. Im Gaben-Gebet der heutigen Messe heißt es: „Heiliger Gott, wir gedenken des Tages, an dem Du dieses Haus mit Deiner Gegenwart erfüllt hast. Nimm die Gaben an und mache auch uns selbst zu einer Gabe, die dir wohlgefällt.“ Unser ganzes Leben soll also ein Gottesdienst sein. Wir sollen eine Opfer-Gabe werden für Gott und für die Menschen. Wir sollen nicht Stein werden, auch kein Auto, kein Bankkonto, keine Karriereleiter, sondern eine Gabe. Was ist ein Priester, eine Priesterin? Das sind Menschen, die auf Gott ausgerichtet sind, Menschen, die Gott Gaben geben. Die höchste Gabe ist der Mensch selbst. Priesterinnen und Priester gibt es, um die ganze Schöpfung in die Nähe Gottes zu stellen. In der Taufe teilt Jesus mit uns sein Königtum, sein Propheten-Amt und sein Priestertum. In der Taufe haben wir alle eine Priester-Weihe empfangen. Priesterlichen Dienst tun Sie immer dann, wenn Sie sich selbst geben (…). Priesterlich handeln Sie, wenn Sie versöhnen oder für andere beten. Eine Priesterin ist eine, die wie Jesus die Vergebung Gottes vermittelt (…) Echte Vergebung ist ein Erdbeben, das Gräber öffnet… Priester und Priesterinnen sind die, die für die Welt beten wie Jesus gebetet hat. Wer einmal begonnen hat, für andere zu beten, spürt, wie Herzenswärme in sein Leben fließt. Wir alle sind Propheten und Prophetinnen, wenn wir im Alltag Zeugnis geben von unserem Glauben. Der Kirchgang am Sonntag, das rechte Wort, das gute Beispiel, die Erziehung der Kinder: alles prophetischer Dienst. „Wir danken dir, dass du uns berufen hast, vor dir zu stehen und dir zu dienen“, heißt es im Hochgebet der Messe. Die Weihe der Kirche erinnert uns an unsere eigene Weihe. Daran, dass Christus vor einer Frau steht und ihr sagt: „Du bist Priesterin!“ Vor einem anderen steht er und sagt ihm: „Du sollst Prophet sein in deinem Dorf!“ Das heute ist keine Feier der Geschichte, schon gar keine Feier des Klerus‘. Kirchweih feiert die Gegenwart Gottes in dieser Welt. In Ihnen. FÜRBITTEN Wir beten… … dass wir hier in der Kirche nie vergessen: Er ist da, im Tabernakel. … dass wir unsere Kirchen rein und schön erhalten, kostbar und liebevoll. … dass unter Tags immer wieder jemand von uns in diese Kirche schaut, um den Heiland zu grüßen und einen Moment bei Ihm zu sein. … dass die Eltern ihren Kindern die Lengfurter Kirche zeigen. Wir beten für den Weihbischof Eucharius, der damals diese Kirche geweiht hat, für den heutigen Bischof von Würzburg, Wir beten um Friedensverhandlungen. Wir beten für die Regierung. Wir beten für unsere Kranken. Wir geben Gott unsere Toten. Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors. Die Predigt zum Download finden Sie hier!Die Predigt zum Anhören
Predigt am 07. September 2024 in Lengfurt St.-Jakobus-d.-Ä.
für alle Priester aus Triefenstein, die hier gewirkt haben,
für die verstorbenen Pfarrer von Lengfurt
und für den heutigen Pfarrer, Matthias Wolpert.