Freitag der Zweiten Osterwoche
Freitag der Zweiten Osterwoche Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Dieses Evangelium kreist um ein Gespräch zwischen Jesus und dem Schriftgelehrten Nikodemus. Wenn Sie genau hinhören, bemerken Sie den Konflikt. Nikodemus ist skeptisch. Jesus macht seine Position klar. Da ist wenig Kompromiss. „Was wir wissen, davon reden wir, / was wir gesehen haben, das bezeugen wir. Aber ihr nehmt unser Zeugnis nicht an.“ – „Ihr.“ Das sind die Gegner Jesu. Jesus steht im Konflikt mit seinen Gegnern. Und die Kirche wird in den Konflikt Jesu hineingezogen; es ist ja seine Kirche. Wir haben also Gegner. Hoffentlich nicht irgendwelche, sondern die gleichen wie Jesus. Wir leben nicht im Frieden. Auch nicht in der Kirche. Ich meine nicht den Konflikt zwischen Konservativen und Progressiven oder zwischen Frauen und Männern. Der Konflikt geht um Jesus selbst. An Jesus glauben oder ihn ablehnen: Darum geht es. Viele versuchen, alle möglichen anderen Konflikte an die erste Stelle zu setzen. Ich weiß auch warum: damit sie in den Streit, der wirklich wichtig ist, nicht einsteigen müssen. In jedem anderen Konflikt kann man hoffen, Recht zu behalten. Die Rechten können hoffen zu gewinnen, stärker zu sein als die Linken. Aber wie wollen Sie gegen Christus Recht behalten? Wie wollen Sie stärker sein als Christus? Der Evangelist Johannes zeigt uns einen Jesus, der nicht hin und her argumentiert, schon gar nicht bittet. Recht besehen diskutiert Jesus nicht mit dem vornehmen Juden. Er hält ihm eine Rede. Nikodemus hört ihn an. Vielleicht ist das die Chance, die wir haben, wenn wir Jesus einmal nicht folgen können: ihn wenigstens hören. – Das ist der Kampf, der in jedem Gebet, in jeder Messe gefochten wird: Werde ich einwilligen, Ihn zu hören? Oder werde ich weghören? Nur wenn wir bereit sind, zu hören, was Jesus spricht, bleibt der Ausgang offen. Sind Sie sicher, dass die Tür zu Ihrem Leben nicht längst geschlossen ist? Kann ich sicher sein, dass ich wirklich auftue für Christus? Oder bin ich blind und in Wahrheit verschlossen? Hören bedeutet: andere Gedanken zulassen. Das kann so schmerzhaft sein! Und es geht noch weiter, über die Gedanken hinaus. Wenn ich wirklich höre, kann ich irgendwann auch von dem, der spricht nicht mehr absehen. Dann geht es nicht bloß um Ideen, sondern um Personen. Und es wird noch schwerer. Kein Wunder, dass viele ausweichen. Man kann endlos diskutieren über die Kirche: ihre Geschichte, ihre Organisation, ihre Aufgaben. Ausweichen. Manche tun ihr Leben lang nichts anderes. Dieses Evangelium führt uns an den Punkt, an dem man nicht mehr ausweichen kann. Es geht nicht mehr um dieses und jenes; es geht nur noch um Jesus. Ist er der Zeuge Gottes? Weiß er, was wir nicht wissen können? Weiß er, nicht weil er gelehrt ist wie Nikodemus, sondern weil er erfahren hat, wie nur der Sohn Gottes erfahren kann. Weiß Jesus – und nur Jesus! – von Gott? Ist, was Er weiß, lebenswichtig für uns? Vertraue ich Ihm? Vertrauen Sie Ihm? Dieses Vertrauen ist nötig. Weil wir noch nicht am Ende sind. Die volle Erkenntnis steht noch aus, wir stehen im Rätsel und warten. Deswegen vertrauen und hören wir. Wie Nikodemus Jesus wenigstens anzuhören, das ist nur der allererste Schritt. Erst wenn wir diesen Schritt gemacht haben, können wir daran denken, von unserem Glauben zu reden: „Was wir wissen, davon reden wir, / was wir gesehen haben, das bezeugen wir.“ Entweder die Kirche bezeugt, was Jesus bezeugt hat. Oder sie plappert nur. Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors. Die Predigt zum Download finden Sie hier!Die Predigt zum Anhören
Predigt in Oberndorf am 21. April 2023