Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Dritter Sonntag der Osterzeit

23/04/2023 


Die Predigt zum Anhören

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Wissen Sie, was furchtbar wäre? Wenn alles wichtig wäre, immer.

Es ist ja so: Das Große, das Schöne, das Gute ertragen wir nicht pausenlos. Wenn es nur Großes und Wichtiges gäbe, wir würden durchdrehen. Man kann nicht alles ernst nehmen, man kann nicht den ganzen Tag liebevoll an seine Kinder denken (oder doch?); man kann seinen Partner nicht in jeder Sekunde mit aller Kraft lieben. Ich bezweifle sogar, dass das mit Gott möglich ist. – Aber man darf auch nicht nur herumgöngeln; man soll nicht ständig zugesoffen oder bekifft sein und man soll nicht jeden Tag Blödsinn aus der Plastikbox essen. Man soll auch nicht nur schuften.

Wie bekommt man also den Spagat zwischen Ernst und Leichtigkeit hin?

„Führt ein Leben in Gottesfurcht!“, heißt es in der Lesung. Das Wort „Gottesfurcht“ kommt Ihnen gewiss nur selten in den Sinn. Ich kenne Menschen, die ich bigott nennen würde (oder wie man in Marktheidenfeld sagt „bittgöttisch“), aber kenne ich gottesfürchtige Menschen?

„Führt ein Leben in Gottesfurcht!“ Die Priester dazu da, die Heilige Schrift zu erklären. Also versuchen wir’s!

Gottesfurcht: Klingt nach Drohbotschaft – für die, die keine Ahnung haben. Die anderen wissen, dass ein Unterschied ist zwischen Angst und Furcht. Zwischen Schrecken und Ergriffenheit. Wir sollen vor Gott keine Angst haben; vor einem guten Vater hat man keine Angst. Aber man achtet ihn. Die Furcht, um die es hier geht, ist die Ehrfurcht. Etwas, was dieser Welt sehr fehlt und das eigentlich ganz natürlich ist.

Wer diese Erde sieht, denkt doch nicht als Erstes daran, wie er das alles zu Geld machen kann. Dieser Gedanke ist schon eine Perversion. Der normal gebliebene Mensch begegnet der Erde und staunt. Er achtet sie. Das ist Ehrfurcht vor der Schöpfung. Wer ein Kind sieht, denkt nicht als Erstes daran, es in einer Fabrik arbeiten zu lassen. Er hat Ehrfurcht vor dem Kind, will, dass es spielt und lernt und blüht. Und so ist das auch mit der Gottesfurcht.

Was ist Gottesfurcht? Man könnte sagen: der Sinn dafür, dass es Gott gibt. Nein, es geht besser. Gottesfurcht ist das Wissen: Gott ist da. Der gottesfürchtige Mensch weiß: Gott ist da. Und zwar Gott, wie Er ist. Im Anfang, so auch jetzt und in Ewigkeit. – Wenn Sie einen anderen Menschen wirklich lieben, werden Sie ihn so achten, wie er ist – nicht wie Sie ihn gerne hätten. So ähnlich ist das auch mit Gott.

„Führt ein Leben in Gottesfurcht!“ Also Gott anerkennen. So sein, dass das Leben zu Gott passt: Das ist Gottesfurcht. Nicht Schrecken, nicht ängstliches Eingeschüchtert-Sein, sondern Achtung für Gott. Dazu braucht es Weisheit, eine gewisse Disziplin und Courage. Gottesfurcht passt nicht zusammen mit Menschenfurcht. Wer ständig ängstlich fragt: Was werden die Leute sagen? wer es nie fertigbringt, offen zu seinem Glauben zu stehen, der wird bestimmt kein gottesfürchtiger Mensch. Für die Gottesfurcht muss man gerade sein. Gerade, aber nicht stur. Man kann ja nicht an den weiten Gott glauben und selbst immer enger werden. Gottesfurcht macht frei. Und Sie wissen: Frei ist etwas anderes als wendig. Die Bischöfe, die den Missbrauch verschleiert haben, waren sicher wendig, aber nicht frei. Und wohl auch nicht gottesfürchtig. Nicht gerade, sondern krumm. War Jesus krumm?

Die Gottesfurcht ist eine Kraftquelle. Wer Ehrfurcht hat vor Gott, der hat auch die Kraft, sich seinen eigenen Gewohnheiten entgegenzustellen. Oder den Erwartungen der anderen. Er ist stabil.

Gottesfurcht öffnet die Zukunft. Sie sagt dir: Verschwende deine Zeit nicht, mach aus ihr etwas Lohnendes. Lass den Irrtum, später sei schon noch Zeit. Gottesfurcht ist jetzt. Sie greift die Bequemlichkeit an, die Selbsttäuschung und die Angst.

Gottesfurcht sagt dir: Brich auf zur langerträumten Reise, lerne diese Sprache, lies jenes Buch, kauf dir nicht ständig irgendwelchen Mist, sondern einmal etwas Gescheites. Besuche deine Freunde. Gib den ungeliebten Beruf auf, geh fort aus einem Milieu, das dir nicht guttut. Sei echt. – Erinnern Sie sich an Abraham? Abraham war ein gottesfürchtiger Mann, – der aufbrach.

Die Gottesfurcht ist eine Grundhaltung. Wer die hat, kann manche Dinge ernst nehmen und andere leicht, kann chillen und kämpfen. Denn er hat ein Fundament. Eine innere Quelle. Der gottesfürchtige Mensch ist verankert in der Beziehung zu Gott. So ein Mensch kann staunen, glauben und schließlich lieben.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

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