Ostersonntag, 17. April 2022 – Verwirrung
Ostersonntag, 17. April 2022 – Verwirrung Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Jahr für Jahr Ostern. Die gleichen Zeremonien und die gleichen Melodien. Das ist schön. Und schlecht. Weil es die Idee fördert, Ostern sei klar, bekannt, gut so… Die Idee, wir wüssten Bescheid. Es wäre besser, wir wären verwirrt! Wie kann man über Ostern Bescheid wissen? Aha, Ostern! Auferstehung, alles klar. Geht das so? „Bewahre uns vor Verwirrung und Sünde“, beten wir in jeder Messe. Es gibt in der Tat eine ungute Verwirrung. Der Mangel an Klarheit lähmt; Sie kennen das. Unklarheit macht dumpf. Sie weckt Instinkte. Bauchgefühle statt klarem Denken und klaren Taten. Zuviel Klarheit ist aber ebenfalls lähmend. Wie soll ein Bescheid-Wisser wirklich Ostern feiern? Bescheid-Wisser kommen über den Schokohasen nicht hinaus. Wir wissen nicht, was die Auferstehung wirklich ist. Wir wissen nicht, wie sie vor sich ging; die Naturwissenschaften helfen uns nicht weiter. Wir wissen nur: Er lebt – und wir sollen leben! Die ersten Zeugen verstanden gar nichts mehr. Nur dies: Er lebt. Tot ist tot: Das ist sozusagen die Tatsache der Tatsachen. Aber sie stimmt irgendwie nicht mehr. Der, der tot war, lebt. Das kann nicht sein. Ist aber doch. Die allerersten Christen erleben, wie etwas Unbegreifliches geschieht, etwas, das noch nie passiert ist. Ein Ereignis jenseits dessen, was sich einer vorstellen kann. Das ist Auferstehung. Und irgendetwas von diesem Erleben, von dieser wundervollen Verwirrung muss auch uns bleiben, in all der 2000-Jahre-Geschichte und guten alten Oster-Bräuchen. Wenn Ihnen die Osterbräuche schon reichen, sind Sie reif fürs Heimatwerk. Aber nicht fürs Christentum. Jesus lebt! – „Jesus lebt! Mit ihm auch ich!“, heißt es im Lied. Dieses neue Leben kann nicht die Fortsetzung des alten Lebens sein. Das „ewige Leben“, was soll das sein? Einfach dieses Leben hier fortgesetzt, nur halt ohne Zahnweh und Hypotheken? Würde das Ihrem Herzen reichen? Oder Ihrem Verstand? Wie können Sie ernstlich annehmen, nur dafür, nur für eine Fortsetzung habe Gott alles das ins Werk gesetzt: die Menschwerdung, die Wunder, jene Worte, die nie mehr vergehen, den schrecklichen Tod und die Auferstehung? Alles das nur für eine Fortsetzung? Mir erscheint das absurd. Fortdauern und vielleicht die wiedersehen, die wir geliebt haben: schön und gut. Aber reicht das für die Ewigkeit? Sie sind ja schon nach einem ganz normalen Familienfest reif für die Insel… Fällt Ihnen auf, was da geschieht, in diesen Oster-Evangelien? Menschen gehen von A nach B, Frauen gehen zum Friedhof, Leinentücher werden gefaltet und beiseite gelegt, Brot wird gebrochen, es wird geredet, und sie laufen, manche fürchten sich, andere zweifeln. Das alles kennen Sie. Das ist ja auch Ihr Leben. Mittendarin aber, unter all dem Alltagskram ist plötzlich das Unerhörte. Das Neue. Das völlig Andere. Sie könnten, nein, Sie sollen dieses Leben hier leben, mit allem Drum und Dran, – aber so, dass am Ende etwas herauskommt, das noch nie dagewesen ist und unglaublich spannend ist. Leben Sie! Aber begnügen Sie sich nicht mit den Standardeinstellungen. Die Standardeinstellungen – das tut man, das tut man nicht, es war schon immer so, alles hat sich um mich zu drehen und um meine Ansichten: Das sind die spießigen Pharisäer. Was hindert, dass Sie eines Abends in Ihrem Wohnzimmer sitzen und einmal anders von Gott denken als bisher. Anders von sich selbst, anders von Ihrem Mann? So geht das: die richtige Verwirrung und die richtige Klarheit. Die großen Fragen stellen, nicht immer nur die kleinen. Dazu gibt es die Feste Ihrer Kirche. Hier gibt es viele Menschen, die Zeit haben. Ich spreche von den Pensionist*innen. Genau die könnten damit anfangen: anders denken. Sie (nein, nicht nur die Alten, Sie alle) könnten denken: Jesus lebt, mit ihm auch ich! Ich lebe mehr. Schon hier. Und dort, im Reich der Auferstehung, dort erst recht! Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors. Die Predigt zum Download finden Sie hier!Die Predigt zum Anhören