Zweite Woche der Fastenzeit, Montag, 14. März 2022
Zweite Woche der Fastenzeit, Montag, 14. März 2022 Aus technischen Gründen leider kein Audio-File der Predigt. Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Ich mag das. Ich mag, dass es solche Sätze in der Bibel gibt. Dass die Kirche mehr ist, anders ist als ein netter Spruch-Kalender. Auf einem solchen stünde dieser Satz nämlich nicht, moderne Klosterschwestern würden ihn nicht ins Gästezimmer hängen. Der Satz steht in der heutigen Lesung und lautet: „Arglistig ohnegleichen ist das Herz und unverbesserlich. Wer kann es ergründen?“ Oh, oh, ein negatives Menschenbild! Immer macht die Kirche die Menschen klein! Zieht einen total runter! Mich nicht. Warum nicht? Weil es stimmt, was da steht. Weil es wahr ist: Das Herz ist unergründlich. Wie kann ein erwachsener Mensch meinen, er kenne sich selbst, er habe sich im Griff, er könne das? Wie kann einer denken, er sei wirklich der, für den er sich selbst halte? Oder er sei der, für den die anderen ihn halten? Das Herz – oder die Seele oder der Mensch: nennen Sie es wie Sie wollen – das Herz ist ein sehr weites Land. Die Seele ist: erschaffen von Gott selbst, vom Unendlichen, Unbegreifbaren. Ihre Seele war nicht immer da, aber sie wird immer sein. Ewig. Sollte die Seele, die von Gott kommt nicht irgendwie (!) Ähnlichkeit haben mit ihrem Ursprung? Wie sollte der Mensch nicht unbegreifbar sein, weil er doch vom Unbegreifbaren herkommt? Die Seele, gegeben von Gott in den Leib, den wir von unseren Eltern haben. In uns das Erbe unzähliger Frauen und Männer, ihre Fähigkeiten, ihre Abgründe, was sie erlebten, was sie fühlten. So unendlich viel in uns. Wir sind mehr als das, was wir im Spiegel sehen. Wir wissen ja noch nicht einmal, wie wir wirklich aussehen. Stimmt das Bild im Spiegel? Ist das Selfie wahr? Wie sehen wir uns selbst und wie sehen uns die anderen? Was ist wahr? Jeder Psychologe, der Ihnen zuhört, jeder Kinofilm, der etwas in Ihnen weckt, was Sie vergessen hatten oder nie wussten, jede wirklich neue Situation: Alles lehrt Sie: Sie sind Weites Land. Unkennbar. Wir sind immer mehr – und nicht immer nur Besseres. „Arglistig ohnegleichen ist das Herz und unverbesserlich. Wer kann es ergründen?“ Sie glauben es noch immer nicht? Dann fragen Sie sich einfach: Warum tue ich Gutes? Helfe ich, um im Malteser-Ritter-Orden Ansehen zu erwerben und eines Tages ausgezeichnet zu werden? Helfe ich, um mein Gewissen zu beruhigen? Um vor mir selbst gut dazustehen? Um die Dankbarkeit des Armen zu erlangen? Ist, was ich tue und was gut aussieht, ist das wirklich gut? Warum lebe ich in meiner Ehe oder Partnerschaft? Weil ich nicht allein sein kann? Um mit meinem Mann gesellschaftlich gut da zu stehen? Geht es mir um die junge hübsche Frau, mit der ich mich zeige oder um den anerkennenden Blick der anderen Männer? Warum wurde ich Priester? Weil ich mich vor den Frauen fürchte? Weil ich meine Eltern ärgern wollte? Um Karriere zu machen? Um Macht über Menschen zu haben? Warum bete ich? Um ein Geschäft mit Gott zu machen? Und meine Fastenzeit? Will ich mir selbst etwas beweisen? „Du kannst auch ohne das Glas Wein am Abend!“ Sagen Sie einmal in einer Runde, in der sich gerade alle erzählen, was sie in der Fastenzeit unternehmen, sagen Sie da einmal, als Priester: „Ich mache gar nichts.“ Und Sie wissen: Es geht um Ansehen. Nicht um Gottesliebe. Wir haben unzählig viele Motive. Manche davon sind nur denkbar, nichts als ein Vielleicht, manche aber sind wahr. Keines unserer Motive ist absolut rein, davon bin ich überzeugt. Rein ist nur Gott. Und was folgt daraus? Zweifel. Erschütterung. Der Zusammenbruch aller Selbstgefälligkeit. Sie ist nötig, irgendwann, weil die Selbstgefälligkeit uns von Gott fernhält. „Verflucht der Mann, der auf Menschen vertraut.“ Warum ist er verflucht? Weil er Gott nicht vertraut. „Warum handle ich? Wozu genau?“ Warum fragt das keiner? Es geht nicht um Neugierde. Nicht um Pedanterie, nicht um Kleinmut. Es geht um die Wahrheit. Dazu braucht es diese Ehrlichkeit. Damit wir zu Gott passen, der die Wahrheit ist. Die Frage ist also nicht zuerst: Ist das negativ? Schlimm? Peinlich? Die Frage lautet vielmehr: Was ist wahr? Ich finde Wahrheit tröstlich. Keine Brüche. Keine Spiele, keine Tricks. Die elende Wahrheit wirft mich auf Gott zurück. Gut so. Macht Ihnen das Angst? Muss es nicht. Gott kennt Sie längst. Und liebt Sie dennoch. Der Teufel kennt Sie auch. Aber er liebt sie nicht. Sicher nicht. „Ich, der Herr, erforsche das Herz… um jedem zu vergelten, wie es sein Verhalten verdient.“ Für uns klingt das schrecklich. Weil wir nichts wissen. Weil wir nicht alles wissen. Jesus, der weiß. Merken Sie das nicht an der Art, wie er den Menschen begegnet. Er weiß. Dass Gott alles weiß, ist die große Chance. Der große Trost. Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors. Die Predigt zum Download finden Sie hier!Die Predigt zum Anhören
(Texte vom Donnerstag derselben Woche)