2. Fastensonntag, 13. März 2022
Zweiter Fastensonntag, 13. März 2022 Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Was machen Raubvögel? Sie fressen Fleisch. Was machen Menschen, wenn der Krieg kommt? Sie fliehen. Oder bleiben. Manche werden erschossen, manche überleben. Was macht einer, der in den Sternenhimmel blickt? Er kann die Sterne nicht zählen. Das alles sind Tatsachen. Jesus ist ein jüdischer Zimmermann, aus Nazareth: auch eine Tatsache. Tatsachen reichen aber nicht. Sie sind hier, weil Ihnen solche Tatsachen nicht genügen. Weil Sie daran glauben, dass Jesus nach all dem Leid auferstanden ist. Was haben Sie, wenn Sie den ganzen Tag im Internet „recherchiert“ haben? Bilder, Meldungen, Meinungen, Fetzen, Lügen. (Es ist ja nicht so, dass die Lügen nur in der Presse sind und im Internet nur die Wahrheit. So viel zu „Lügenpresse“). Sie haben sogenannte „Tatsachen“. Und dann? „Gott führte Abram hinaus und sprach: Schau doch zum Himmel hinauf und zähl die Sterne.“ Man kann es auch anders erzählen: Tiefe Nacht. Ein Mann, der nicht schlafen kann. Er ist unruhig; weiß nicht wieso. Es treibt ihn hinaus vor das Zelt. Da steht er dann und schaut über die weiten Ebenen. Dann hebt er den Blick, hinauf zu den Sternen. – Noch viele Jahre später wird er sich an diesen Moment erinnern. Er wird wissen: Das war Gott. Gott war es, der mich hinausgeführt hat in jener Nacht. Ich wollte nur schlafen und konnte nicht. Dann schloss Gott einen Bund mit mir. Am nächsten Tag, bei Sonnenuntergang, „fiel auf Abram eine große Ohnmacht“. 1000 Jahre später: „Petrus und seine Begleiter aber waren eingeschlafen.“ Am hellen Tag. Heller als hell. Licht – aus dem Himmel. Beide Texte zeigen uns Männer, die nicht wissen, was sie tun. Oder was das alles soll. Menschen, die nicht verstehen. – „Vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“, wird Jesus am Kreuz beten. Manche wollen nicht wissen. Andere können nicht wissen. Wer kann wissen, wie zahlreich die Sterne sind? Können die Russen wissen, dass Russland im Krieg ist? Dann aber wird es hell. Es wird klar. Das ist der Sinn des Glaubens: hell zu machen; die Dinge klar werden zu lassen. – Sie gehen doch von hier nicht nach Hause dümmer als zuvor! Wenn es richtig geht mit der Messe, dann hat Gott Sie hier etwas verstehen lassen. Jedes Mal mehr. Weiß Putin nicht, was er tut? Wird auch ihm vergeben werden? Aus diesem Grund? Tun, was er tut, kann einer nur, wenn er sich sagt: Ab diesem Punkt denke ich nicht mehr, fühle ich nicht mehr, weiß ich nicht mehr, will ich nicht wissen. Das ist bei einem Sex-Abenteuer nicht viel anders als bei einer Kriegserklärung. Putin: die Blockierung. Das ist das Problem. Es ist so wichtig zu denken, zu wissen, zu fühlen, vieles, Widersprechendes. Das halten Sie schon aus. Das geht aber sicher nicht, wenn Sie nur arbeiten, nur einkaufen, nur „im Netz recherchieren“. „Irdisches haben sie im Sinn“, nennt Paulus das. Halten Sie Maß bei den Nachrichten. Einmal richtig hinschauen statt 3000 Bilder. Die eigene Kraft bedenken; sich fragen: Was muss ich wirklich wissen? Was kitzelt nur meine Neugierde und was lehrt mich? Verstehen, das geschieht gemeinsam, im Austausch. Austausch aber geht nicht, wenn Sie bei den anderen immer nur Bestätigung Ihrer eigenen Meinung suchen. Kommen Sie in die Kirche mit dem Vorsatz: Heute lasse ich mich verändern! Heute werde ich verstehen! Verstehen, das geht nur, wenn Sie sich irgendwohin führen lassen. Weg von sich selbst, hinaus. Vors Zelt, in der Nacht. Hinauf auf die Höhe, ins Licht. Verstehen geht nur, wenn Sie sich erinnern. Wir Menschen verstehen nachher. Verstehen geht nur, wenn Sie erzählen. Andern erzählen kann nur der, der zuerst sich selbst erzählt. Das alles beschreibt die Messe. Ich bin überzeugt: Die Messe ist der Moment, wo wir verstehen, gemeinsam, weil wir uns erinnern, weil wir erzählen, weil wir hinausgeführt werden. Ohnmacht und Angst. Abraham und Petrus sind eingeschlafen – und werden aufgeweckt. Das wird uns zugemutet. „Schau doch zum Himmel hinauf. Zähl die Sterne, wenn du sie zählen kannst.“ Abraham glaubt, was er nicht weiß. Und was erfahren diese Menschen, Abraham, Petrus und die anderen? Dass Gott einen Bund mit ihnen geschlossen hat. Dass Auferstehung sein wird, nicht Tod. Ist das nicht bloß ein billiger Trost? Naiv? Ist es nicht. Abraham und sein Volk werden ein Land bekommen, eine Heimat. Aber nicht gleich. Die Heimat wird ihnen nicht in den Schoß gelegt. Sie müssen sie hüten, verteidigen, bestellen, pflegen. Und die Apostel? Sie haben die Verklärung geschaut, das, was dann sein wird. Nach dem Leiden. Sehen Sie, diese Welt kann Ihnen alles geben: Geld, Vergnügen, Bekanntheit, – aber Frieden nicht. Am Ende haben beide Frieden, Abraham wie Petrus. Gottesfrieden. Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors. Die Predigt zum Download finden Sie hier!Die Predigt zum Anhören