Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Fest des hl. Nikolaus, 6. Dezember 2021

06/12/2021 


Die Predigt zum Anhören

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Es heißt „Christbaum“, nicht „Weihnachtsbaum“! Man sagt auch nicht „ich entschuldige mich“, sondern: „Ich bitte um Verzeihung.“ Und die Geschenke bringt das Christkind und nicht der Weihnachtsmann. Ganz, ganz früher brachten die Geschenke der hl. Nikolaus. Das gefiel aber dem Luther nicht, der die Heiligen nicht mochte. Er bekam es tatsächlich hin, dass schließlich alle ihre Geschenke am Christtag machten und nicht mehr am 6. Dezember. Der Weihnachtsmann hingegen (oder noch schlimmer „Santa“), diese dicke, rote Gestalt, die wurde erfunden von Coca-Cola. Also von Marketingstrategen. Das sind Männern, die rote Brillen tragen. Frauen waren keine dabei. Nur die Sekretärin. Die hat, jeder weiß es, immer eine strenge Frisur und eine dicke Hornbrille, dann kommt der tolle Chef, löst ihr das Haar, nimmt ihr die Brille ab und in diesem Moment wird sie eine wunderschöne blonde Frau, sie hört nicht mehr auf zu lächeln und alle leben fröhlich zusammen bei einer Strandparty.

Das ist die Kultur des 20. Jahrhunderts.

Den heiligen Nikolaus hat sich keine Agentur ausgedacht; er hat wirklich gelebt. Von ihm erzählten keine Werbetexter, auch keine Kinderpsychologen und keine woken Gleichberechtigungsbeauftragt*innen. Vom heiligen Nikolaus erzählten einfach Menschen. Einander. Die Alten den Kindern. Und zwar in der heutigen Türkei, wo Nikolaus gelebt hatte; in Griechenland, wo er als „Hyperhagios“, zu deutsch „Superheiliger“ verehrt wird. Von dort aus wurde er in Russland bekannt, wo er nach der Muttergottes der am meisten verehrte Heilige ist. Schon vor dem Jahr 1000 wurde von ihm erzählt in Italien, in Frankreich, in Deutschland und in Böhmen… Der hl. Nikolaus ist der Schutzpatron von Russland, Lothringen und Rosenheim in Bayern, von Fribourg in der Schweiz und in New York. Er beschützt die Schüler, die Mädchen, die Frauen, die sich ein Kind wünschen, die alten Menschen, die Ministranten, die Gefangenen und sogar die Diebe; alle Seeleute, aber auch die Kaufleute und Bankiers, Bauern und Bierbrauer, Schnapsbrenner und Parfumhersteller, Schneider und Brückenbauer. Menschen rufen ihn an um glückliche Heirat und Wiedererlangung gestohlener Gegenstände. Und gegen Wassergefahr.

Spüren Sie, wie viel Hoffnung da ist? Aus all den Geschichten und Namen steigt ein großer gemeinsamer Traum: der Traum von einem wirklich guten Menschen. Und Sie wissen, was das Schöne an den Träumen ist: die Gesichter. Zu den Ideen und den Worten brauchen wir Gesichter. Erst dann verstehen wir. Um der Gesichter willen handeln wir und lieben wir (der ertrunkene kleine Bub). Das Gesicht des hl. Nikolaus ist in so vielen Geschichten zu sehen. Auf seine Fürbitte wird ein entführtes Kind von einem Wirbelwind erfasst und so zu seinen Eltern zurückgebracht. Er befreit unschuldig Verurteilte, – indem er die Richter erschrickt. Er beschenkt aus seinem Erbe heimlich drei arme Mädchen und rettet sie so vor dem Straßenstrich. In einem Seesturm übernimmt er die Navigation, setzt die Segel richtig und bringt den Sturm zum Abflauen.

*

Es ist ja so: Die Geheimnisse Gottes interessieren kaum einen; die Mühen des Gebetes, der Caritas oder des Studiums, die harte Buße schrecken die meisten Menschen ab. Vielleicht braucht es in der Kirche immer nur wenige, die diese Dinge tragen. Die meisten von uns suchen einfach Trost und Hilfe, Geschichten und Gesichter. Gott erfüllt ihnen diese Wünsche durch sein Werkzeug, den heiligen Bischof von Myra.

Das Evangelium am Fest des hl. Nikolaus endet mit dem Wort: „Das Reich Gottes ist euch nahe!“ Mir scheint, wir warten alle auf das eine, richtige Wort. Das Wort, das alles löst, das unserem Herzen Frieden schenkt und dem Land auch. Ich bin unfähig, Ihnen zu garantieren, dass es dieses Wort ist, das Ihnen Frieden schenkt. Ich weiß nur eines: dass ich fest an dieses Wort glaube. „Das Reich Gottes ist euch nahe.“

Wörter sind zunächst einmal nichts anderes als eine Bewegung der Luft. Nur ein Hauch, der aus der Kehle tritt. Da ist kein Platz für den Glauben. Der Glaube kommt erst ins Spiel mit dem, der das Wort spricht. „Das Reich Gottes ist euch nahe.“ Wenn das ein gleichgültiger Lektor vorliest, hat der Glaube es schwer. Wenn das aber der Herr sagt, dann kann ich glauben. Ich glaube, weil zum Wort ein Gesicht kommt. Das ist das Geheimnis aller Unterredung. Das ist es auch, was mich in Schrecken versetzt. Bin ich so, dass andere, Sie dem Wort glauben können, das ich in die Welt atme? Sind Sie so, dass die anderen das Reich Gottes ganz nahe spüren?

Gestalten wie die des hl. Nikolaus von Myra machen es ganz leicht zu glauben, dass das Reich Gottes wirklich nahe ist. Nicht weil die Legenden plausibel wären oder nachprüfbar; es muss etwas anderes sein. Die Zuneigung der Menschen, ganzer Völker. Die Dauer seiner Verehrung über all die Jahrhunderte hin. Ihre so weite Verbreitung. Wo Verehrung ist, da fehlt aller Zynismus. Besserwisserei und Kälte. Im hl. Nikolaus sammelt sich so viel Hoffnung. Die köstliche, wundervolle Naivität der Kirche; die Naivität, die ich niemals verlieren will. Die Ahnung, dass alles möglich ist. Die Ahnung von der Macht des Gebetes und der Macht der Fürbitte. – Das Reich Gottes muss doch mit Macht verbunden sein, sonst ist es nichts!

Nikolaus hat gewiss gesagt, was der Prophet vor ihm sagte: „Hier bin ich, sende mich!“ Und Gott hat sandte ihn in alle mögliche menschliche Not. Nun sendet Gott uns. Und was haben wir zur Hand? Nicht viel. Kinderzeug. Drei goldene Kugeln und drei Brote, drei Äpfel, drei Steine. Oder ein Schiff mit einem Segel und einem festen Anker.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

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