Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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21. Sonntag im Jahreskreis (B), 22. August 2021

22/08/2021 


Die Predigt zum Anhören

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Es gibt den ersten Satz und den zweiten Satz. Ich würde mal sagen: Das Erste ist wichtiger als das Zweite. Sind Sie einverstanden? Erster Satz: „Einer ordne sich dem anderen unter.“ Zweiter Satz: „Die Frauen sollen sich den Männern unterordnen.“ Wichtiger ist also, dass sich alle einander unterordnen, Männer wie Frauen. Wenn welche nur herrschen wollen, sich niemandem unterordnen, zerbricht die Gemeinschaft. Deswegen: „Einer ordne sich dem anderen unter“: Das stellt Paulus an die erste Stelle. Das weniger Wichtige ist, dass sich die Frauen den Männern unterordnen. Die Kernbotschaft der Bibel ist also nicht: Der Mann steht über der Frau. Die Kernbotschaft ist: Gemeinschaft von Frauen und Männern und Christus!

Es ist allerdings auch wahr, dass die Bibel aus einer Kultur kommt, die sagt: der Mann ist das Haupt der Frau. Und damit stecken wir alle in einem Dilemma, das Sie ganz schnell am eigenen Leib erfahren. Denn einerseits leben wir hier in einer Kultur, die sagt: Mann und Frau sind gleichberechtigt. In Afghanistan ist das anders. Wir leben aber gleichzeitig in einem Glauben, der sagt: Die Bibel ist Wort Gottes, zentral, nicht beliebig veränderbar. – Es gibt natürlich Leute, die sagen: Die Bibel ist mir Wurst; ich mache, was ich für richtig halte. So haben die argentinischen Bischöfe in der Zeit der Diktatur den Satz „die Mächtigen stürzt er vom Thron“ aus dem Magnifikat gestrichen, um die Regierung zu schonen. So fordern österreichische Feministinnen, an der Spitze die Vorsitzende der Kfb die Priesterweihe für Frauen. Wenn man Christ*in sein will, ist das nicht ganz so einfach. Dann steht man in Vielem zwischen der Bibel und der modernen Gesellschaft. Dieses Dilemma wird verschieden gelöst: Die einen werden Fundamentalisten und sagen: Alles, was in der Bibel steht, ist wortwörtlich zu befolgen. Das sind die christlichen Taliban. Die anderen steigen einfach aus und sind nur noch Menschen von heute und machen sich die Bibel, wie es Ihnen gefällt.

Wie frei sind wir gegenüber der Bibel? Oder gegenüber Gott? Und was heißt eigentlich „frei“? Bin ich frei, wenn ich machen kann, was ich will? Die Feministinnen sagen: Die Bibel, die die Frauen unter die Männer stellt, ist erledigt. Mir scheint, diese Frauen machen mit der Bibel, was sie wollen. Jeder Christ, jede Christin aber muss sich fragen lassen: Ist es möglich, dass Gott etwas sagt, das Dir gegen den Strich geht? Oder sagt Gott immer das, was Du hören willst? Ist es sicher, dass Gott sagt: Männer und Frauen sind gleich? Kann es überhaupt sein, dass Paulus Recht hat, damals und heute? Oder ist das von vornherein ausgeschlossen? Oder sagt Gott gar nichts und wir machen uns unseren Glauben selbst? Der Macho in Mexiko macht sich seinen Glauben, die Feministin in Frankfurt ihren, und das ist okay so, denn sie haben nichts miteinander zu schaffen. Nur: Was ist dann die Kirche? Was ist die Kirche, wenn jeder glaubt, was er für richtig hält? Geht Ihnen jetzt auf, dass es schwierig ist? Dass es Zeit braucht, viele Gespräche, Austausch, und immer wieder Fragen?

Ist Freiheit wirklich, einfach das zu tun, was man will? Ich will eine Bouteille Wein trinken und zwei Tafeln Schokolade essen. Will ich das wirklich, mit meiner ganzen Person und meiner ganzen Erfahrung, die mir sagt: das wird schlecht enden, oder ist es bloß die Laune dieses Augenblicks? Tun, was ich will… aber was will ich wirklich? Was will ich am meisten? Was kann ich vernünftigerweise wollen? Kann ich vernünftigerweise die Ehe brechen wollen? Bin ich frei, die Ehe zu brechen? Und wie geht meine Freiheit mit der Freiheit der anderen zusammen? Eine Frau sagt: Ich will Priesterin werden. Das ist ihr gutes Recht. Aber sie muss genauer nachfragen: Warum? Ist das vernünftig? Geht das mit dem großen Ganzen zusammen? Und natürlich müssen die Männer der Kirche ihrerseits genauso überlegen.

Paulus lehrt also die Unterordnung der Frau unter den Mann. Stimmt. Fragt sich: Ist das eine ewige Lehre oder eine zeitgebundene, ist das für immer oder nur für damals und gestern, aber nicht für heute?

Während diese Frage diskutiert wird, ist es gut, auch zu sehen, dass Paulus nicht einfach nur übernimmt, was die Männer (und Frauen!) seiner Zeit glaubten. Er setzt nämlich neben die Überlegenheit des Mannes noch etwas Neues: das Gebot der Liebe des Mannes zu seiner Frau. Die Liebe ist nicht eine nette, großzügige Gabe des Mannes an seine Frau, sondern die Männer „schulden“ den Frauen Liebe, „als sei“ die Frau „ihr eigener Leib“. Die Frau ist also – und das war damals wirklich neu – mehr als eine Untertanin, mehr als ein Besitz, mehr als ein Gegenstand. „Und die beiden werden ein Fleisch.“ – Ihnen kommt das ganz normal vor, damals war das neu. Die Liebe des Mannes bewirkt das Aufblühen der Frau. Der christliche Mann macht seine Frau nicht klein, sondern groß. Er weckt ihre Potenziale statt sie zu behindern. Das ist noch lange nicht Allgemeingut geworden…

Paulus versucht das Kunststück, die Denkweisen seiner Zeit zu respektieren und trotzdem den Horizont zu verändern. Ich muss ja auch Ihre Denkweisen kennen und respektieren, weil nämlich sonst zwischen uns gar nichts geht, – und gleichzeitig muss ich Sie verändern. Der Respekt für die Zeichen der Zeit –die Gleichberechtigung von Mann und Frau z. B. – ist keine Frage von Feigheit und Stärke nach dem Motto: Ein starker Pfarrer schert sich nicht um das, was die Leute denken, ein feiger Pfarrer gibt nach. Der Respekt für die Zeichen der Zeit, das ist schlicht das Leben, die Geschichte. Alle Eltern wissen das. Anordnen allein: Das funktioniert nicht.

„Ich sage es im Hinblick auf Christus und die Kirche.“ So endet Paulus seinen Brief. Die Perspektive ist wichtig. Wenn die Gleichberechtigung nur die öffentliche Meinung, nur die Mode, nur die modernen Werte im Blick hat (oder nur die eigenen Lieblingsvorstellungen), dann fallen wir über die eigenen Füße. Der Horizont ist die Kirche Christi. In ihr suchen wir den Weg von der Bibel ins Heute. Wir sind treu und von heute.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

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