Gründonnerstag 2021
Gründonnerstag 2021 Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Ist die Kirche reich? Nein. Die Kirche ist arm. Ich weiß, dem Stift Klosterneuburg gehört halb Floridsdorf, der Vatikan macht Aktiengeschäfte, und natürlich könnte der Papst die Sixtinische Kapelle einem russischen Oligarchen verkaufen. Doch von dieser Kirche rede ich nicht. Ich rede von der Kirche des Letzten Abendmahles. Ich habe keine Ahnung, wieviel Geld in der Kasse der Jünger war; ist mir auch gleich. Ich sehe nur: Brot und Wein. Das ist nicht reich. Dieser letzte Abend, das ist: ein seltsamer, bewegender Dienst – Jesus wäscht den zwölf Männern die Füße –, und ein gemeinsames Essen. Gespräche, Beisammensein, Beten. Ein gebratenes Lamm, denn so musste es bei den Juden sein. Und Brot und Wein. Das alles ist nicht reich. Es ist einfach. Wir feiern heute Abend die Einsetzung der Eucharistie. Den Anfang der Hl. Messe. Die Kommunion. Das reicht vom Letzten Abendmahl bis hierher zu uns. Seit 2000 Jahren feiert die Kirche die Hl. Messe. Weil Jesus gesagt hat: „Tut dies zu meinem Gedächtnis.“ Die Eucharistie ist arm: Brot, Wein, Worte. So ist also die Mitte der Kirche… Und Sie? Was müssen Sie mitbringen? Sie müssen gar nichts mitbringen. Nur das, was alle armen Menschen haben: Sehnsucht. Haben Sie Sehnsucht? „Weil vor solchem Wunder ich nur Armut bin…“, heißt es in einem der schönsten Kommunionlieder. So müssen Sie zur Kommunion gehen: arm. Denn nur die Armen haben Sehnsucht. Die Kommunion ist ein Wunder. Beim Letzten Abendmahl verwandelt Jesus das Brot in seinen Leib und den Wein in sein Blut. Um für immer bei uns zu bleiben. Um unsere Seele zu ernähren. Jede Wandlung der Messe ist ein Wunder. Wunder aber können nur Arme erleben. Menschen, die alles haben, sehen keine Wunder. Experten und Erwachsene, die alles wissen, staunen nicht mehr. Der Arme ist der, der empfängt; der Kleine ist der, der staunen kann. Kinder staunen. Wann waren Sie das letzte Mal wie ein Kind? Und wieso empfangen unsere Kinder die Kommunion wie abgebrühte Erwachsene? Warum ist kein Kind hier ergriffen von der Kommunion? Seien Sie also arm, wenn Sie zur Kommunion gehen. Sie wissen, was ich meine. Arm sein, das kann auch ein schönes Gefühl sein. Vor dem Weltall sind wir arm. Vor den Gipfeln der Berge. Auch vor dem Rauschen des Meeres. Vor einem Mikroskop, vor einer Melodie, vor einem neugeborenen Kind. Vor all dem geht Ihnen auf: ein Wunder! Nur die Armen erkennen ein Wunder. Seien Sie arm vor der Kommunion. Arm im Verstehen. Wie das geht, die Wandlung, kann keiner verstehen. Wir wissen alle zusammen nur dies: ER sagt es. „Das ist mein Leib.“ Wir glauben, weil er es sagt. Seien Sie arm im Fühlen. Es ist selten, dass einer beim Empfang der Kommunion große Gefühle hat. Der Glaube reicht. Seien Sie arm im Empfangen. Reiche können nicht empfangen, wissen Sie das? Die können nur nehmen oder liegenlassen. Sie, empfangen Sie. Seien Sie arm im Sehen. Ein kleines Stück trocken Brot, mehr ist da nicht zu sehen. In Wirklichkeit aber ist da der Herr des Himmels und der Erde. Das heißt umgekehrt: Mit Gier oder satt oder gelangweilt, mit Bescheid-Wissen oder Besser-Wissen kann man nicht zur Kommunion gehen. Paulus drückt das krasser aus als ich. Er schreibt: „Wer also unwürdig von dem Brot isst, macht sich schuldig am Leib und am Blut des Herrn“ (1 Kor 11). Ein Wunder ist das, was man nicht verstehen kann. Die Wunder sprengen diese Welt auf. Sie machen die Welt weit. Was wir nicht beachtet haben, was wir verworfen haben, ergießt sich über uns im Überfluss. Also gehen Sie nicht nur arm, sondern auch weit zur Kommunion. Man kann Jesus müde begegnen, zerstreut vielleicht, aber nicht sparsam. Seien Sie heute Abend und in jeder Messe arm und königlich. Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors. Die Predigt zum Download finden Sie hier!Die Predigt zum Anhören