Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Karfreitag 2021 – Das Schweigen Gottes –

02/04/2021 


Die Predigt zum Anhören

Karfreitag 2021 – Das Schweigen Gottes – (leider keine Tonaufnahme)

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Es wird still. Die Gaffer gehen heim, die Soldaten auch. Die Herren des Rates sind schon länger fort. Ein paar wenige Frauen und Männer bleiben zurück.

Unter dem Kreuz spricht keiner mehr. Als sie den Toten herunternehmen, ein paar leise Worte. Weinen. Das Schweigen des Karfreitags.

Den ganzen Tag über hat Jesus nicht mehr viel gesagt. Bei seinem Prozess noch eine kurze Diskussion, dann ein paar letzte Worte am Kreuz. Sieben Worte in drei Stunden, das ist nicht viel.

Am Karfreitag spricht Gott kein einziges Wort. Aber er ist da.

Gott ist immer da, wissen Sie das?

„Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ – Keine Antwort.

„Warum das alles? Warum so?“ – Keine Antwort. Damals nicht, heute wieder nicht. Warum ist dieses Jahr so? Am Karfreitag gibt es keine Erklärung von Gott. Die Antwort Gottes auf all das kommt später. Drei Tage später: am Ostermorgen. Die Auferstehung ist die Antwort Gottes auf Ihre Karfreitage.

Zuerst aber die Stille des Karsamstags. An jedem Grab ist es still, wenn die Trauernden heimgegangen sind. Am Karsamstag ist in den Kirchen das Heilige Grab zu sehen. Dort stehen die Trauer und die Stille nebeneinander; bei ihnen stehen Liebe und Hoffnung. – Wissen Sie übrigens, dass man früher den Moment nach der Kommunion, wenn der Priester die weißen Tücher am Altar wieder zusammenfaltet, gedeutet hat als eine Erinnerung an die Grablegung Christi? Die Gräber machen uns Christen keine Angst mehr; sie gehören einfach zum Leben. So wie die Stille zum Reden gehört.

Haben die Frauen und Männer, die unter dem Kreuz stehen, Fragen in jener Stunde? Vielleicht nicht. Gewiss aber in den Nächten, die folgen; wo sie wachliegen. Fragen, aber keine Antwort.

Warum gibt es Corona? Warum ist die Kirche so? Warum ist der Mensch, den ich liebe, gestorben? Warum habe ich diese Krankheit? – Ich traue keinem, der behauptet, er wisse die Antwort auf diese Fragen. Es gibt keine Antwort. Jetzt nicht. Hier nicht. Karfreitag und Karsamstag lehren uns, das Schweigen und die Stille auszuhalten. Auch die Ratlosigkeit und die Rätsel.

Wir haben kein Recht auf Antworten. So wie wir auch nicht die Pflicht haben, auf jede Frage zu antworten. Es gibt Räume des Schweigens. In jeder Ehe und im Glauben. – Auch Gott hat das Recht zu schweigen; das vergessen viele. Gott muss nicht immer und nicht sofort antworten, wenn wir ihn fragen. Schon allein, weil wir ja auch mit Gott schweigen, nicht wahr? Wer nicht betet, schweigt Gott an.

Es gibt ein böses Schweigen und es gibt ein gutes Schweigen. Das mehr ist als bloß Stummsein. Der Säufer vor seinem Glas ist stumm und stumpf. Das ist nicht das Schweigen des Karfreitags und auch nicht das Schweigen aus Liebe. Es gibt den Moment, in dem es nichts mehr zu sagen gibt; wo es keine Worte mehr gibt, weil alles zu groß ist. Die Stille sagt: Verzichte. Schweige mit mir. Warte.

Das Heilige Grab ist der Ort, wo sie warten.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

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