Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Montag der 28. Woche i. J., 12. Oktober 2020

12/10/2020 


Die Predigt zum Anhören

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Zwei Frauen, zwei Söhne, zwei Welten. Dass Abraham zwei Frauen hatte, ist für die klassische Moraltheologie ein Problem, für Paulus nicht. So viel dazu.

Paulus benutzt die Geschichte Abrahams, um zwei Welten gegeneinander zu stellen. Einmal die Welt der Rechtschaffenheit. Eine Welt, in der Sie leben, in der Sie sich zuhause fühlen. „Der Sohn der Sklavin wurde auf natürliche Weise gezeugt“, schreibt Paulus. Das ist der Punkt: „auf natürliche Weise.“ Hier geht alles mit rechten Dingen zu; so wie Sie es kennen. Mann, Frau, Kind. Alle drei leben dann in dieser Welt, die nach bestimmten Regeln funktioniert. Diese Regeln stammen vom „Berg Sinai“. Es geht um die Zehn Gebote und in ihrer Folge um viele, viele andere Regeln. Alle kennen sie, alle versuchen, sich daran zu halten. Sie leben rechtschaffen. Das ist manchmal mühsam und meistens freudlos, verleiht aber, – wenn man nicht rechtzeitig im grünen Wagen davonfährt –, ein gutes Gefühl. Leute, die sich an Regeln halten, haben in der Regel ein gutes Gefühl. Das sieht man ihnen sogar an. Sie sind Sklaven. Sagt Paulus. „Das eine Testament stammt vom Berg Sinai und bringt Sklaven zur Welt.“

Abraham, Sarah, Isaak: Das ist die andere Welt. Eine staunenswerte Welt. Sarah kann keine Kinder bekommen. Sie bekommt aber einen Sohn. „Freu dich, du Unfruchtbare, die nie geboren hat… Denn viele Kinder hat die Einsame!“ Eine Welt der Widersprüche und Wunder. Auch in der Welt Abrahams und Sarahs hält man sich an Regeln; man ist fromm. Und rechtschaffen. Aber das Eigentliche ist nicht die Rechtschaffenheit, sondern der Glaube. Der Glaube Abrahams und dann auch der Glaube Sarahs (der sich nicht ganz so leicht einstellt) führt zu einem Kind. Isaak ist das Kind der Unmöglichkeit, könnte man sagen. Mit Maria wird es später ähnlich sein…

Treue zum Gesetz schwer, Glaube leicht: Beschleicht Sie jetzt dieser Gedanke? Trauen Sie Ihrer eigenen Frömmigkeit und Rechtschaffenheit nur, wenn sie schwerfällt? Misstrauen Sie also der Gnade und dem Glauben? Zu leicht, zu freischwebend, zu ungreifbar? Anarchisch? Dann haben Sie vergessen, was der Glaube Abraham kosten wird. Dass der alte Mann eines Tages die Stimme Gottes hört, die ihm sagt: „Opfere mir deinen Sohn und Erben, dein einzigen, den so lange Erwarteten, dein Kind.“ Es ist der Glaube, der Abraham nach dem Messer greifen lässt, nicht die Rechtschaffenheit. Und es ist der Engel Gottes, der es seiner Hand entwindet im letzten Augenblick. Nein, der Glaube ist nicht leichter.

Dafür ist er freier. „Das himmlische Jerusalem aber ist frei, und dieses Jerusalem ist unsere Mutter.“ Paulus stellt das Gesetz gegen den Glauben und verbindet den Glauben mit der Freiheit. Sie hingegen meinen: Gesetz und Glaube gehören zusammen. Sie misstrauen der Freiheit – und stöhnen doch heimlich unter der Last des Glaubensgesetzes, das Ihnen und Ihren Familien das Leben schwer macht. Wie viel leichter wäre alles, wenn der Glaube Sex vor der Ehe erlauben würde und Scheidung und Frauenpriestertum und Geschäfte aller Art. Aber es geht halt nicht, leider, weil wir katholisch sind.

Rechtschaffenheit ist sauer. Gnade ist leicht.

Wer Revolutionen erlebt hat und Anarchie und Tyrannei und Massenmedien und Liberale (und das haben wir alle, denn die Erinnerungen unserer Vorfahren sind in uns), wer alles das erlebt hat, der kann nicht gut denken von der Freiheit. Ihr Misstrauen gegen die Freiheit ist verständlich. Aber nicht berechtigt. Es darf Sie nicht beherrschen. Es sein denn, Sie wollen einen anderen Weg gehen als Jesus, etwas anderes lehren als Paulus. Sie werden sich, wenn Sie Christen sein wollen, auf die Freiheit einlassen müssen. „Zur Freiheit hat uns Christus befreit“, schreibt Paulus. Statt dieses Wort misstrauisch zu beäugen oder es abzutun als frommes, abgehobenes, gefährliches Gewolke, sollten Sie sich einlassen. – „Zur Freiheit hat uns Christus befreit“, lassen Sie das stehen in Ihrem Leben und in Ihrem Gebet. Es wird wirken.

Als Abraham Pläne machte, als er sich auf Erfahrungen und Erwartungen verließ, wie sie alle haben, da zeugte er ein Kind mit Hagar. Als Abraham glaubte, wurde ihm und Sarah ein Kind geschenkt. Wo war Abraham freier und glücklicher? In der Welt der Pläne, Regeln und Erwartungen oder als Freund Gottes? Und die Juden, die sich treu, treuer, am treuesten an das Gesetz vom Sinai hielten, wurden die immer freier dabei? Oder wurden sie Pharisäer und Schriftgelehrte? Wer war freier? Jesus oder Cajaphas? Wer ist freier: die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche oder die ultraorthodoxen Juden in Israel? Wer ist freier: Theresia von Avila und der selige Carlo Acutis oder die zornig alternde Madonna und der wilde Donald? Wird immer unfreier, wer Gott immer näher kommt? Sind die Seligen im Himmel unfrei?

„Wer frei ist, handelt nicht mehr fremdbestimmt.“ So steht es im Katechismus. Heißt das: Frei ist die Frau, die nur auf ihre Intuition, ihr Bauchgefühl hört, die Authentische? Heißt das: Frei sind Putin, Erdogan, Lukaschenko… Sie sind die freiesten von allen, diese Männer, die alleine bestimmen?

Was ich Ihnen da vom Katechismus sagte, waren fake news. Das ganze Wort lautet nämlich: „Freiheit ist die von Gott geschenkte Kraft, ganz aus sich selbst handeln zu können; wer frei ist, handelt nicht mehr fremdbestimmt… Je mehr wir das Gute tun, desto freier werden wir.“

Die Freiheit Abrahams, Paulus‘, der Heiligen ist also nicht Willkür, nicht Anarchie und Egozentrik. Ihre Freiheit ist von Gott. Mit dieser Kraft tun diese Menschen nicht einfach was ihnen gerade einfällt, auch nicht alles, was sie tun könnten. Sie tun das Gute. Und das können sie, nicht weil sie rechtschaffen sind, sondern weil die Gnade ihnen Kraft gibt. Die Gnade tut das Erstaunliche. „Viele Kinder hat die Einsame.“

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

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