Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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29. Sonntag i. J., 18 Oktober 2020: Kirchweih und Erntedank

18/10/2020 


Die Predigt zum Anhören

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Gute Ernte – Gott brav. Corona-Virus – Gott böse. Hätten Sie es gerne so einfach? Da wäre Gott leicht zu durchschauen. Wieso aber um alles in der Welt sollte Gott leichter zu durchschauen sein als Ihre Ehefrau oder Ihr Kind oder diese Welt? Worauf ich hinaus will: Sie sollen von Gott groß denken. Nicht kompliziert, nicht schwierig, sondern groß und weit. Es wird Ihnen guttun.

Fangen wir dazu an bei dem, was Sie sehen. An diesem Oktobersonntag sehen Sie in vielen Pfarren die Ernte des Sommers: Äpfel, Weintrauben, Rüben… Ihnen ist schon klar, dass diese Pracht verderben wird? Schon bald wird das Meiste, was jetzt in den Kirchen ausgestellt ist, ungenießbar sein, hässlich. – Was sehen Sie noch? Diese Kirche, deren Weihetag wir heute feiern. Erinnern Sie sich, wie es hier aussah, bevor Ritter und Gemeinde und Erzdiözese sich zusammentaten, um diese Kirche zu renovieren? Wenn Sie sich nicht erinnern, dann schauen Sie auf die Häuser drunten im Dorf, die seit langem unbewohnt sind. Wie sehen die aus? Und wenn Sie immer noch nicht recht weiterwissen, dann schauen Sie sich Fotos an, die Sie selbst zeigen, vor 30 Jahren, vor zehn Jahren, heute. Spätestens dann werden Sie kapieren: Es vergeht. Was Sie sehen, vergeht; wofür Sie heute danken, das vergeht. Und was bleibt? Gott. Und Ihre Seele.

Diese Kirche, die Gottesdienste darin, die Schöpfung, die Sie an Erntedank hereinbringen: alles Hinweise auf Gott. Fingerzeige. Sie wissen selbst sehr gut, dass ein Arrangement von Blumen und Erntegaben Ihnen nicht zum Leben genügt; dass ein paar Mauern und schöne Bilder nicht genügen zu einem wirklich guten, richtigen Leben. Erntedank soll Ihren Hunger wachhalten; Kirchweih soll Ihre Sehnsucht neu wecken. M. a. W. weg von allem, fort von Pflanzen und Tieren, von Gebäuden, sogar von Argumenten, Reden, Gedanken… Sie können alles hinter sich lassen und aufatmen. Das ist der Glaube.

Was ich meine, merken Sie am Evangelium dieses Sonntags: Es kommt der Punkt, wo Argumente nichts bewirken. Die Falle der Gelehrten hat nicht funktioniert; das brillante Argument Jesu – „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist…“ – dieses Argument, das in der Geschichte Europas ungeheure Wirkung hatte: Hier funktioniert es nicht. Die Gegner bleiben Gegner. Den Pharisäern fällt nur nichts Schlaues mehr ein. Sie werden zu anderen Mitteln greifen, damit Jesus nicht mehr reden kann. Hier wird klar: Es geht nicht um Argumente, sondern um den Glauben.

Noch klarer wird es in der Lesung aus dem Alten Testament: Alle haben sich getäuscht, niemand hatte eine Ahnung. Jetzt erkennen die Leute, dass ausgerechnet der, den sie für den Feind hielten, ein Werkzeug Gottes war. Gott kann sein, wo wir ihn nicht vermuten. Oder nicht haben wollen. „Ich bin der Herr, der das Licht formt und das Dunkel erschafft, der das Heil macht und das Unheil erschafft.“ – Was für uns aussieht wie Licht und was wir für Dunkel halten: Beides kommt von Gott. Was wir für Glück halten, ist vielleicht in Wahrheit ein Unglück; was wir lange Zeit für ein Unglück hielten, stellt sich eines Tages als Glück heraus. Glück, Unglück, Licht, Dunkel: Alles kommt von Gott. Er handelt; wir ahnen nicht, wohin es geht. Er sieht uns, wie wir selbst uns nicht sehen: „Ich habe dir einen Ehrennamen gegeben, ohne dass du mich kanntest.“ Wenn das so ist, dann müssen Sie weit denken von Gott.

Erntedank und Kirchweih. Dank für Äpfel und Kürbisse, Dank für eine Dorfkirche, und das war’s? Bisschen wenig, Sie merken es selbst… Beide Feste sind Gelegenheiten, um in die Weite zu gehen. Der echte Glaube geht in die Weite. Konkret heißt das: Sie könnten heute auch danken für die Jugendlichen in Mailberg. Für den Frieden in Österreich. Für Heizung, Fließwasser und funktionierende Krankenhäuser: nicht selbstverständlich und nicht garantiert.

Trauen Sie sich zu überlegen, ob Sie nicht sogar danken könnten für den Ehekrach neulich, für die Coronakrise, für die Leute, die Sie nicht leiden können, – weil Sie an all dem Blödsinn etwas lernen und daran reifen. Gott ist allgegenwärtig, also auch im ganzen Schmarren dieser Welt, – was also soll uns passieren?

Und überlegen Sie, ob Sonntagsmesse nicht doch mehr bedeutet als 60 Minuten in diesem Raum. Viel, viel mehr. Jede Messe bedeutet auch: Verbindung mit allen anderen Gemeinden auf der ganzen Welt (Missionssonntag). Verbindung mit dem lebendigen Evangelium (Fest des hl. Lukas). Verbindung mit dem Glauben Ihrer Vorfahren (Ritus der Kirchweihe) und mit den ersten Christen. Auch mit den Heiligen, auf die Sie vertrauen und die dieselbe Messe gefeiert haben. Und Verbindung mit dem auferstandenen Herrn. Das alles liegt im Fest der Kirchweihe.

Gehen Sie weiter als bis zum Weingarten und bis zur Schloss-Kirche. Werden Sie weit. Sie können das.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

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