Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Fest des Seligen Petrus Pattarini von Imola, 5. Oktober 2020 (15)

05/10/2020 


Die Predigt zum Anhören

Fest des Seligen Petrus Pattarini von Imola, 5. Oktober 2020 (15)

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

„Ich will alles!“ Wenn das einer sagt, das verstehe ich. Vater sein und Mönch, Dichter und Tischler. Ich will das Land und die Stadt, ich will jung sein und alt, Karriere machen und verborgen sein. Alles: Ich weiß, dass das nicht geht, aber den Wunsch verstehe ich. – „Ich will mehr!“ Das ist in meinen Augen erbärmlicher Blödsinn, und eine Zeit, in der alle immer noch mehr wollen, ist mir fremd. „Mehr!“ Das ist für die Gierigen und die Händler. „Alles“, das ist für die Helden.

Einer sagt: „Ich will die Welt und Gott auch noch.“ Wenn er hier haltmachte, wäre es gut. Aber dann fängt der Handel an. Es wird gefragt und gerechnet: Was kostet Gott? Brandopfer? Einjährige Kälber? Oder kostet Gott 1.000 Widder? Oder den Erstgeborenen? Ist Gott das Teuerste, was man sich kaufen kann? Ist Gott die allergrößte Jacht im Hafen? – Wie viele Wallfahrten kostet Gott? Wie viele Krankenbesuche? Wie viele Messen und wie viele Vaterunser? Sagen Sie nicht, Sie kännten solchen Fragen nicht. Wir alle kennen sie. Mindestens aus der Kinderzeit, als wir stolz berichteten: „Heute war ich in der Messe und im Segen und habe noch gebetet!“ So wie der Mensch in der Lesung, so funktioniert diese Welt. Der einzige Unterschied: Es geht heute nur noch um mehr. Das Noch-mehr ist selbst zum Götzen geworden.

Es gibt in der Kirche viele, die Gott viel geben wollen, das Richtige. Und sie meinen, das Richtige sei das Aufsehenerregende, das, was ich spüre und was die anderen nachrechnen können. Mit ihrer Leistung und der Anerkennung der anderen fühlen sie sich auf der sicheren Seite. Blöd nur, dass Gott das nicht braucht. Was will Gott? „Nichts anderes als dies: Recht tun, Güte und Treue lieben.“ Das aber fällt nicht auf. Gott will das, was keinem auffällt. Das, womit die anderen dich für einen Schwachmaten halten.

Peter Pattarini wurde um 1250 in Imola geboren. Er stammte aus guter Familie, wurde Jurist, ein fähiger Anwalt. Damals standen sich die Parteigänger des Papstes und die des Kaisers gegenüber. Da ging es nicht um ein paar Grundstücke, sondern um den Frieden ganzer Länder. Petrus wurde Schlichter im Streit der Parteien. Später wählten sie ihn zum Großprior von Rom, dann pflegte er in Florenz Kranke. Am 5. Oktober 1320 ist er dort gestorben. – Sie haben schon verstanden: ein brillanter Kopf aus guter Familie, begnadeter und geachteter Vermittler, Ordensoberer… wird Krankenpfleger. Kranke zu pflegen kann nicht konkurrieren mit 1000 Widdern und Erstgeborenen, auch nicht mit asketischen Leistungen, theologischen Werken, Wundern, Gründungen oder Kardinalshüten.

Am Fest des seligen Petrus geht uns auf, dass es nicht darum geht, Gott etwas zu bieten. Sondern um den Weg „in Ehrfurcht“ vor Gott. Die Ehrfurcht hält den Blick auf Gott, nicht auf die eigene Leistung. Der Weg der Ehrfurcht geht weg von mir selbst. Von den Illusionen, die ich mir über mich mache, von der Verdrängung meiner Schattenseiten; er geht auch weg von meinen Idealen. Es gibt Ideale, die vielleicht viel von Gott reden, aber in Wahrheit den Blick auf Gott verstellen. Zu Gott finden wir nur über die Erfahrung der eigenen Schwäche. „Denn Gottes Kraft kommt in der menschlichen Schwachheit zur Vollendung.“ Wir wissen nicht viel über den seligen Petrus, aber wir dürfen annehmen: Er bietet Gott nicht das, worin er brillant ist, Rechtsgelehrtheit, politisches Geschick, persönliche Autorität, sondern das, was ihn an Grenzen bringt und auslöscht. Das Herz wird frei durch Erniedrigung. Prüfung und Erniedrigung spüren das wirkliche Leben in uns auf – und befreien es. Die echten Sehnsüchte, die wahren Nöte, die Schwäche.

Wer alles eingesetzt hätte, tausende Widder und auch noch seinen eigenen Sohn, der stünde toll da: auf Augenhöhe mit Gott. Aber da ginge es um Handel, nicht um Liebe. Es ginge um die eigenen Taten, die Anstrengung. Es ginge nicht um Gott, sondern um das Ich. Ein Mensch aber, der so ichbezogen lebt, kann nicht aus sich heraustreten. Das heißt, er kann nicht wirklich lieben.

Wenn die falsche Vollkommenheit zertrümmert ist und der Mensch seinen Ängsten total ausgeliefert ist, wenn kein Ideal mehr hilft, – dann ist plötzlich alles möglich: das Wunder der Demut. Ein Wunder, das in die tiefe Einheit führt, in die Versöhnung mit der eigenen Zwiespältigkeit. Zu Gott.

Wir können uns an diesem Fest verabschieden von jener Deformation der Liebe, die sagt: um zu lieben, muss man etwas tun, sich aktiv einsetzen für die Gemeinschaft. Es geht aber nicht um das Tun, das dich selbst und die anderen beeindruckt. Wenn ich auf Karriere verzichte und Kranke pflege, bin ich toll. Aber nicht verwundbar. Wo soll da die Liebe anknüpfen? Die sogenannte selbstlose Liebe kann eine Art sein, echter Liebe und Demut auszuweichen. Um jemanden echt zu lieben, muss ich von ihm verletzt werden können. Liebe macht bedürftig, abhängig.  Wer sich auf Gott einlässt, gewinnt alles. Aber keine Sicherheit. Und Ansehen nur zufällig.

Seliger Peter,

Du warst ein Friedensstifter, als das Christentum unter politischem Streit litt. Die Welt ist heute wieder im Streit der politischen, sozialen und religiösen Parteien zerrissen. Bitte für schnellen und lang andauernden Frieden in unserer Welt.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

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