27. Sonntag i. J., 4. Oktober 2020
27. Sonntag i. J., 4. Oktober 2020 Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Was ist das Symbol für Österreich? Da müssen Sie andere fragen. Was ist das Symbol für Deutschland? Der BMW? Die Pickelhaube? Hitler? Luther? Und was ist das Symbol für die Juden? Geld und Hakennase? Ja. Aber nur in einer Welt, mit der ich nichts zu tun haben will. In der Hl. Schrift ist das Symbol für das Volk Israel der Weinberg. Ich bin kein Winzer. Ich kann mir nur vage vorstellen, was die Arbeit im Weinberg bedeutet. Gibt es ein Stück Land, das so viel Zuwendung braucht wie der Weinberg? Vom Vorfrühling bis zur Eisweinlese dauert die Fürsorge. Im Alten Testament schildert der Prophet (Is 5) die Arbeit des Weinbauern: das Entfernen der Steine, den Bau der Mauer, das Graben der Kelter… Dann der Kampf gegen das Unkraut, das Entfernen von Laub, das Beschneiden, die Bekämpfung der Schädlinge, die Abwehr der Füchse und Vögel, das mühevolle Lesen genau zum rechten Zeitpunkt, die komplizierten Vorgänge des Kelterns… Diese Aufzählung lohnt, denn mit ihr verstehen Sie, was Gott den Menschen tut. In der Bibel ist der Weinberg ein Bild für Israel; für das Volk, dem Gott so viel Zuwendung geschenkt hat, so viel Aufmerksamkeit, Geduld, Mühe und Liebe wie ein guter Winzer seinem Weingarten. Haben Sie einen Sinn dafür, was Gott für Sie tut? Die meisten Menschen, die ich kenne, schreiben sich das, was in ihrem Leben gelingt, selbst zu: Sie haben es geschafft. Sie waren richtig gut. Nur das Schwere, das kommt von Gott, weil Gott irgendwie gemein ist, unberechenbar. Deswegen muss man ihn viel bitten. Der Dank ist dann pro forma, das Lob Gottes nur ein Spiel. So sind die meisten. Und Sie? Haben Sie Beschwerden gegen Gott? Wissen Sie irgendetwas, für das Sie Gott wirklich dankbar sind? Sie müssen nicht mir antworten. Aber sich selbst. Das Evangelium funktioniert ja nur, wenn Sie glauben, dass zwischen Gott und Ihnen etwas läuft. Dieses Evangelium ist ganz basic; da kann man nichts polieren oder mildern. Pächter sind Pächter und keine Eigentümer. Verträge muss man halten. Wir tun etwas, und das Tun hat Folgen. Alles das würden alle unterschreiben. Warum meinen dann so viele, das Tun mit Gott habe keine Folgen. Gott, das sei der einzige Lebensbereich, in dem die Regeln nicht gelten. Dieses Evangelium spricht nicht von Barmherzigkeit, nur von Fakten, Regeln und Konsequenzen. Es heißt doch immer, der Gottesdienst habe mit dem wahren Leben nichts zu tun. Da haben Sie einen Weingarten, Leistungen, Rechte, Bringschuld, Bilanz… – das ist doch Ihr Leben oder? Das heißt: Was im Leben gilt, gilt auch mit Gott. Behandle Gott so, wie du hier behandelt werden willst. Halte dich an deine Abmachungen mit Gott. Jede Taufe, jede Firmung, jedes Credo ist eine Abmachung mit Gott. Die im Evangelium sind nur Pächter, nicht Eigentümer. Aber sie wollen Besitzer werden, mit allen Mitteln. Es gibt Abmachungen. Aber sie wollen diese Abmachungen kippen, mit allen Mitteln. Sie sind ein Bild für Menschen, die Gott ausschließen wollen aus den Geschäften ihres Lebens. Und so kommt es zur Eskalation. „Wer auf diesen Stein fällt, der wird zerschellen, auf wen der Stein aber fällt, den wird er zermalmen.“ Brutale Gewalt. So kann das Leben sein, oder? Zum Leben gehört auch dieses Gesetz: Wenn’s der eine nicht bringt, bringt es ein anderer. Das Volk der Juden wollte nicht. Es hat sich nicht an die Abmachungen, den „Bund“ gehalten. Es ging nur darum, Gott anzuerkennen. Israel sollte eine Art Friedensraum Gottes in dieser Welt sein. Dazu sollten die Schriftgelehrten lehren und das Volk „Frucht bringen“: Gottesdienst, gute Werke, Gerechtigkeit. Aber das Volk wollte nicht, und die Priester wollten nicht. Der Weinberg brachte „faule Beeren“. Da zieht Gott weiter. „Das Reich Gottes wir euch genommen und einem Volk gegeben werden, das seine Früchte bringt.“ Vom wem ist hier die Rede? Von den Juden? Von der Kirche? Von der Pfarre? Vom Malteser-Ritter-Orden? Wer bringt faule Beeren? Wem wird genommen und wem wird gegeben? Wohin wird Gott ziehen? Wer bringt Früchte des Glaubens? Die Pfarre? Das Großpriorat? Die Erzdiözese? Paulus sagt den Christen in Philippi, was die Früchte des Glaubens sind: Das nämlich, „was wahrhaft ist, edel, recht, lauter, liebenswert, ansprechend“. Und Gottvertrauen ist eine Frucht des Glaubens. Gottvertrauen statt Sorge: Lebt die Pfarre so? Gottvertrauen ist etwas anderes als „wird schon gut gehen“. Paulus spricht von Gebet, Flehen, Bitten und Dank. Bete ich so? Ist das Großpriorat ein Ort des Flehens, des Bittens und des Dankes? Über uns allen, über der ganzen Schöpfung steht heute die Drohung Gottes an den unfruchtbaren Weinberg und die bösen Winzer: „Entfernen“ will ich „seinen Zaun, dass er abgeweidet wird. Zu Ödland will ich ihn machen. Den Wolken will ich verbieten, ihm Regen zu spenden.“ Ist es so weit? Ich schließe mit diesem Blick auf die Schöpfung Gottes, die Welt, die uns alle umgibt. Heute, am Fest des hl. Franziskus, der bekannt war für seine große Liebe zur Schöpfung, endet die fünfwöchige „Schöpfungszeit“, die vom Patriarchen von Konstantinopel und vom Papst in Rom ausgerufen wurde, damit die Menschen sich erinnern an den großen Weinberg Gottes, diese Welt. Und Gott wird Ernte halten. Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors. Die Predigt zum Download finden Sie hier!Die Predigt zum Anhören