21. Sonntag i. J., 27. September 2020 – Nein –
21. Sonntag im Jahreskreis, 27. September 2020 Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes „Ich will nicht.“ Das Nein eines Sohnes zu seinem Vater. Das große Nein, das weit über den Weinberg hinausgeht: Nein, ich will nicht glauben. Nein, ich will jetzt nicht beten. Nein, ich will mich nicht versöhnen. Ich will nicht fragen. Und mitmachen will ich nicht. „Ich will nicht!“, das sagen wir zu einander, zu Oberen, zu Politikern, zur Gesellschaft. Manche sagen es zum Leben insgesamt. Viele sagen es zu Gott. „Nein, ich will nicht.“ Oder ist da ein Mensch unter uns, der sein Leben lang immer „Ja!“ gesagt hätte zu Gott? Sofort und reinen Herzens? Es gibt solche Menschen. Die Bibel zeigt uns ein paar Frauen und Männer, die Gott ja sagten. In ihnen zeigt sie uns den reinen Glauben: das Ja. Aber diese Menschen sind wenige, Ausnahmen, Führerinnen und Führer vielleicht auf unserem Weg zum Ja. Und sie leben selbst in der Welt des Nein wie wir. Der Täufer, Maria, Abraham sind umgeben vom Nein. Ich spreche gar nicht vom Konflikt, in dem das Nein laut wird. Das Nein ist schon im Raum, wenn Menschen Fragen stellen. „Du willst von mir getauft werden?“ Oder: „Wie soll das geschehen?“ Oder Abraham, der fragt: „Ich, in meinem Alter?“ Der Moment der Frage ist immer bang. Weil er offen ist. Weil sich an der Antwort entscheidet, ob wir ein Ja sagen werden oder doch ein Nein. Also das Fragen verbieten? Das ist der Traum der Diktatoren. Das Ja, das vom Nein herkommt, aus der Umkehr also, ist das nicht ein kräftigeres Ja, als das, welches leichthin gesagt wird? „Ich will nicht!“ Das ist Distanz. Vielleicht schon der Bruch. Und dann? „Später aber reute es ihn und er ging doch.“ Vom Nein zur neuen Nähe. So muss unser Leben sein. Immerzu. In diesem Hin und Her, zwischen Nein und Ja, zwischen Zukehr und Bruch leben wir. Wir sind gar nicht fähig, unser Leben in eine einzige große Entscheidung zu geben. Es gibt nicht das eine große, endgültige Ja. Gibt es das endgültige Nein? Studieren Sie die Geschichte. Das Ende eines Tyrannen. Oder eines Wüstlings. Oder einer Trinkerin. Ist da irgendwo noch ein Ja? Ich weiß es nicht. Wenn das „Nein!“ zu oft gesagt wird, wenn es angehäuft wird, hochgebaut zu einer einzigen Mauer, – wo soll da das Ja noch eindringen? Und wo sollen die andern noch sehen, wie das geht: ein Ja? Das Nein ist ansteckend. Aus ihm entstehen Revolutionen, die guten wie die bösen. Eine ganze Nation kann im Nein enden. Und es ist – furchtbare Einsicht – oft das Nein zum Guten. Es gibt keine Kollektivschuld, aber der Einzelne ist von seinem Volk betroffen. Wenn ein ganzes Volk schuldig wird in seinem Nein zum Guten, dann kann ein einzelner vielleicht sagen: Ich bin daran unschuldig. Aber er kann nicht sagen: Es geht mich nichts an. Er ist beteiligt. Das Nein zum Guten, die Verweigerung ist eine Macht, die wirkt, weiter und weiter. Es gibt die Lust am Nein. Es gibt die blanke Destruktivität. Der Mensch kann das. Also kann der Mensch Hölle. Die Hölle ist ein einziges Nein. Das schlimmste von allen: Nicht das Nein zu Ungerechtigkeit, wie es die Heiligen rufen. Es ist das Nein zur Liebe. Wie oft sind wir ganz nah an der Hölle… Es beginnt mit einer Laune. „Ich will nicht!“ Die Laune wird zum stolzen Trotz. Der Stolz führt zur Verhärtung. Und dann? Aus. Jesus ist das Gegenteil. Er ist das Ja. „Er entäußerte sich“, heißt es bei Paulus. Sich entäußern meint: Sich nicht an sich selbst festklammern. Das geschieht bei uns in den Alltagsdingen: eine Widrigkeit ertragen, auf eine Vorliebe verzichten, auf einem Recht nicht bestehen, hinuntersteigen statt hinaufzustreben. Alle diese Schritte haben eines gemeinsam: die Bewegung. Der Weg der Entäußerung, der Weg Jesu hält uns in der Bewegung aus dem Nein heraus. „Später aber tat es ihm leid und er ging doch.“ Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors. Die Predigt zum Download finden Sie hier!Die Predigt zum Anhören