Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Fest Johannes des Täufers, 24. Juni 2020

24/06/2020 


Die Predigt zum Anhören

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Wenn der Täufer die Ritter fragen würde: Wie werdet Ihr sein, ihr Ritter, wenn sie Euch reformiert haben? und die Ritter werden keine rechte Antwort wissen, dann wird der Patron des Ordens sich in ihre Mitte stellen und anfangen zu erzählen: von seiner Erwählung, von der Wüste, von seinem Auftrag.

Auserwählung – Simson und Samuel, der König David, die Propheten, Joseph, Maria, Johannes… alle erwählt. Die Apostel: erwählt. Sie erinnern sich: „Ich habe euch erwählt.“ Johannes ist der nobelste aller Auserwählten. Was erhaben klingt, ist auch ein Schrecken. Ein anderer bestimmt: nicht nur den Tag der Geburt und die Stunde des Todes, sondern auch dein Leben. Alle diese Männer und Frauen sind nicht frei in unserem Sinn. Aber war Mozart frei? Hätte Mozart auch in einer Kanzlei arbeiten können? Sind die frei, die eine Berufung haben? Johannes war bestimmt, schon vor seiner Geburt.

Heute wählen alle: den Beruf, die Heimat, die Frau, den Mann, die nächste Frau… bald auch das Geschlecht ihrer Kinder. Wo nur ausgewählt wird, mal hier, mal dort, wächst nichts als Unterholz. Wo aber ein Name ist, Land, eine Geschichte, ein großes Haus vielleicht, wo der Glaube ist, da wächst es in die Tiefe und in die Höhe und wird stark. Die Leute machen und tun, der Täufer ist der, der sich fügt – und dann handelt. Sich der Bestimmung fügen und dann handeln statt nur immer weiter machen: Hier lernen der Heilige und der Ritter Gehorsam.

Wüste… das ist zuerst: Stille. Das Wesentliche, das Dichteste, das Allerkonzentrierteste ist stumm. In der Stille, in der Monotonie, im immer Gleichen formt sich die große Tat. Wüste ist Konzentration. Reduktion. Am echtesten ist die Wüste, so denke ich mir, am Mittag, im hellsten Licht. Der Exzess der Klarheit.

Stille, die den Wind durchdringt und den Schrei des Raubvogels. Stille, die zuschlägt. Bis alles Überflüssige weg ist. Am Ende: ein Mann ohne jede Zutat. Der Täufer. Mündig wird man allein. Hier lernen der Heilige wie der Ritter Verzicht.

Der Auftrag des Johannes: ankündigen, auf IHN zeigen. Das bedeutet: von sich selbst weg. Der Auftrag des Johannes, das ist sein Sterben. Jesus wird sich von ihm taufen lassen, ihn ein paar Mal erwähnen, aber die Einsamkeit und das Leiden nimmt er ihm nicht. Johannes ist der Untergebene. Wie der Ritter vor seinem König. Johannes wird Ruhm erlangen. Ruhm aber hat nur dann Wert, wenn er ewig ist; alles andere ist Dekoration. Was ist der Preis des Ruhmes? Kampf und Leiden.

Johannes endet im Gefängnis. Dort, wo er nichts mehr tun kann. Fesseln. Finsternis. Jetzt ist nur noch Gott der Schaffende, Handelnde. Am Anfang des Weges glaubt der Mensch an die eigenen Kräfte, dann sieht er: Gott kommt über den Stillen. Über den, der wartet, der sich ergibt. Gott ist die Tat, die geschieht an dem, der nicht will. Das Ewige überwältigt, es gehorcht keiner Bitte, keinem irdischen Gesetz. Gott gewährt und verweigert sich. Es gibt keinen Frieden auf Erden. Solange die Seele im Leib wohnt, kann sie nicht geheilt werden: Gott ist tödlich, wenn er sich enthüllt. Deswegen muss der alte Mensch sterben, damit der neue lebt. Paulus sagt das. Hier lernen der Heilige und der Ritter das Leiden. – Wo ist das Leiden im Orden? Wenn es nur bei den Herren Kranken ist, aber nicht bei den Rittern, ist etwas falsch.

Wahnsinn – Der Ritter und der Heilige: Beide sind Menschen, die unfähig sind, auf Nummer sicher zu gehen. Sie müssen riskieren. Zugleich mündig und demütig. Fehler, Massenkarambolagen, Selbstdemontagen gehören dazu. Anders gesagt: der Wahnsinn. Die großen Rennfahrer und die Ritter, die Forscher und die Rockstars, die großen Liebenden, die Heiligen und der Täufer: alles Wahnsinnige. Und Sie verstehen sehr gut, was ich meine.

Erschrecken Sie nicht! Nein. Sie sollen erschrecken vor dem Täufer! Ich rede nicht für die Irren, es geht nicht um Pathologie. Es geht um Männer und Frauen, die Grenzen überschreiten. Wahnsinnige: Wie sonst soll man Menschen nennen, deren Lebenswille nur von der Ewigkeit gestillt wird. Ist Ihnen nie aufgefallen, wie phantastisch das Leben des Ritters ist und wie sehr es dem der Heiligen ähnelt? Von Abenteuern und Wundern umgeben, zieht der Ritter dahin; auf fernen Bergen wird er von Königen empfangen in schimmernden Palästen. Und die finstere Zelle des Heiligen füllt plötzlich der Glanz. Engel fliegen ihm zu und blenden mit ihrem Licht seine armen Augen.

Sie sind Österreicher, keine Spanier. Sie würden nie rufen: Es lebe der Tod! Sie sind keine Mystiker (soweit ich weiß). Sie sind halt bloß Katholiken… Aber die Malteser sind doch auch Ritter! Ihr Patron ist nicht der treue alte Kaiser am Schreibtisch, es ist der Täufer. Der aus der Wüste. Damit haben Erwählung, Gehorsam, Verzicht, Leiden, das Extravagante, das Stolze mit Ihnen zu tun. Wissen Sie, dass große Heiligen meinen, der Wahnsinn sei das Kennzeichen des echten Christen? Weil er um die Übermacht des Inneren weiß. Absolutes Vertrauen auf die Realität des Reiches Gottes, der Gnade, des Rufes: Das können nur Verwundete spüren. Angespülte. Wer den Kopf immer über Wasser halten will, wird… ein Brustschwimmer. – Kein Orden wurde gegründet um des Friedens willen; die Klöster, die diesen Namen verdienen, umgrenzen die Stille. Im Inneren herrscht Kampf. Die Heiligen erobern Gott im Streit mit der Welt und mit sich selbst. – Wenn eines Tages der Orden reformiert ist, alle Privilegien, alle Dispensen fort sind, die vita communis funktioniert und die Hilfswerke solide arbeiten, dann wird sich eine Frage frech in den Raum stellen und rufen: Ist das nun der Funke? Ist das Abenteuer, Wagnis, heiliger Wahnsinn? Oder bürgerlicher Wohlanständigkeit? Und bevor die Frage den Raum verlässt, wird sie den Rittern über die Schulter zulächeln und sagen: Vergesst nicht, eure ersten, das waren Abenteurer. Mit dem Schwert und dem Schweißtuch der Kranken. Und euer Patron, das war einer aus der Wüste.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

Souveräner Malteser-Ritter-Orden

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