Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

Aktuelles

7. Sonntag der Osterzeit (A), 24. Mai 2020

24/05/2020 


Die Predigt zum Anhören

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Sie haben Dinge gesehen, die sie vor Kurzem noch nicht für möglich gehalten hätten. Sie haben so viel erlebt wie nie zuvor in ihrem Leben. Da waren Schrecken und Schämen, Herausforderungen, neue Aufgaben; da waren Freude und Zweifel, Angst und Hoffnung. Alles in wenigen Wochen. Ich spreche nicht von Ihnen hier und den ersten Wochen der Corona-Krise. Ich spreche von den Aposteln und den Frauen in Jerusalem.

So viel ist passiert. Und jetzt wird es still. Für eine Zeit wenigstens. Jesus ist fort. Sie haben seine Worte im Ohr. „Geht! Geht zu allen Menschen!“ Aber wie?

Diese Männer und Frauen können nicht einfach zurück in ihr altes Leben. Es wird nicht mehr, wie es war. Und es ist unsicher, wie es weitergehen wird. Was tun Menschen in einer solchen Situation? Sie bleiben beisammen. Sie geben einander Halt. Sie beten. – Wenn ein Mensch Krisen verarbeiten muss oder traumatische Erlebnisse, dann helfen ihm soziale Kontakte und Vertrauen. So kann ein Neuanfang gelingen.

„Die Jünger kehrten nach Jerusalem zurück…“ Sie „gingen in das Obergemach hinauf, wo sie nun ständig blieben… Sie alle verharrten dort einmütig im Gebet, zusammen mit den Frauen und Maria.“ Also in dem Raum, in dem das Letzte Abendmahl stattgefunden hatte. Sie sind dort oben mit ihren Erinnerungen, sie beten.

Sie fragen sich jetzt vielleicht: Haben diese Apostel und diese Frauen nichts zu arbeiten? Haben die keine Familien, keine Kinder? Von was haben die gelebt? Die Apostelgeschichte sagt dazu nichts. Es wird schon gegangen sein, irgendwie. Das ist doch die Hauptsache, oder? Dass es irgendwie geht. Vielleicht gibt es ja wichtigere Dinge im Leben als den Drittwagen? Vielleicht reicht das Notwendige?

Was beteten diese Frauen und Männer? Nicht den Rosenkranz; der war noch gar nicht erfunden. Sie hatten auch keine Hl. Messe – wie viele Katholiken jetzt keine Messe haben. Die Apostel und die Frauen hatten die Psalmen, das großen alte Gebet der Juden. Vielleicht erinnerten sie sich an den Moment, wo Jesus sie gelehrt hatte und beteten das Vaterunser.

Und worum beten sie? Nicht um eine gute Ernte, nicht um Gesundheit, nicht für den Weltfrieden oder den Papst. Sie beteten gewiss anders als früher. Das waren Frauen und Männer, deren Maßstäbe sich in den letzten Wochen verändert hatten. Nur Gott verändert sich nicht. Könnten Sie nicht auch anfangen, anders zu beten als früher?

Zusammen beten schafft Nähe. Aber eine Nähe, die keinen erdrückt. – Das brauchen Sie doch auch, oder? Nähe.

Vielleicht war es ein Gebet ohne viele Worte. Ohne Pläne. Diese Menschen konnten nicht weg, sie konnten nicht hinaus, sie wußten nicht, wie es weitergeht. Was hatten sie? Was war ihre Stärke damals? Sie hatten eine erste Ahnung, dass sie jetzt zusammengehören und eine Aufgabe haben. Und sie hatten die Erinnerungen an Jesus. Gebet ist auch eine Erinnerung an Jesus, an seine Entschlossenheit, den Willen des Vaters zu tun. – Wobei „Erinnerung“ ein sehr schwacher Ausdruck ist… Er ist doch da, mitten unter ihnen! Die eigentliche Erinnerung stand aber noch aus: Sie hatten den Heiligen Geist noch nicht empfangen. Der Heilige Geist ist der, der das Herz und den Verstand an Christus erinnert, an alles, was Jesus gesagt und getan hat. Im Moment haben die Apostel und die Frauen einfach ihre menschlichen Erinnerungen, ohne die Gnade. Die eigentliche Tiefe und Kraft der Erinnerung kommt erst noch: an Pfingsten.

Nach den Erfahrungen der letzten Wochen geht es jetzt vor allem darum: keine Angst zu haben, offen zu sein für das, was kommen wird. Das Erste ist nicht Caritas und nicht Katechismus. Das Erste ist Bereitschaft. In den Tagen von Jerusalem heißt beten vor allem: in der Nähe Gottes bleiben. Zusammen mit den anderen vor Gott zu bleiben. Auszuharren. Nicht weglaufen. Auch innerlich nicht.

Sie merken: Diese Zeit war still, aber aktiv, kraftvoll. Diese Männer und Frauen hingen nicht herum. In diesen Wochen in Jerusalem wurde etwas gestaltet: die künftige Kirche. – Genauso müssten wir zusammen die Messe feiern: wach, aktiv, dankbar, bereit, etwas zu gestalten.

Dazu braucht es Tiefe. Wer nur an der Oberfläche bleiben will, weil es da bequemer ist, wird nichts zustandebringen.

Im Evangelium heute gibt es ein Gespräch zwischen Jesus und seinem Vater im Himmel. Da wird die Aufgabe Jesu beschrieben: Jesus soll allen, die der Vater ihm gegeben hat, ewiges Leben schenken. Und dann kommt der entscheidende Satz: „Das aber ist das ewige Leben: dass sie dich, den einzigen wahren Gott erkennen…“ Es geht im Christentum also um das Ewige Leben und darum, Gott zu erkennen.

Wo erkennt man Gott? Beim Beten und wenn man anderen Menschen Gutes tut. Gott erkennt man in der Stille und in denen, die Hilfe brauchen. Das bedeutet: Das ewige Leben, von dem Jesus spricht, ist nicht erst im „Himmel“, es ist schon jetzt.

Hier haben Sie Dimension dieser stillen Tage. Gleich ob in Jerusalem oder hier.

Gott, das Ewige Leben, die, die Hilfe brauchen: Da ist die Kraftquelle. Und diese Menschen werden Kraft brauchen. Die zweite Lesung spricht von Christen, die in einer heidnischen Welt den richtigen Weg finden müssen: keine Anpassung, aber auch keine Absonderung, Treue, aber auch Entwicklung. Petrus spricht zu Christen, die in Schwierigkeiten kommen werden, von Anfeindungen, Unverständnis, Spott … Sie kennen das doch! In jenem „Obergemach“ wird der Grund dafür gelegt, dass die ersten Christen das aushalten und dennoch verkünden. Dass sie tapfer sind und auch tätig.

Diese Männer und Frauen haben uns etwas zu sagen. Es reicht zu sehen, was sie tun, wie sie auf all das reagieren, das sie erleben müssen – und uns geht auf, welche Chancen wir haben. Und welchen Auftrag. „Geht!“

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

Souveräner Malteser-Ritter-Orden

Johannesgasse 2 - 1010 Wien - Österreich | T: +43 1 512 72 44 | E: smom@malteser.at

X