23. Sonntag des Jahreskreises (C), 8. September 2019
Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Warum sind Ihre Großeltern in die Kirche gegangen? Und Ihre Urgroßeltern? Warum waren die katholisch? Weil es einfach so war. Alle waren katholisch. Und weil es Halt gegeben hat. Warum sind die ersten Christen zur Messe gegangen, hinaus an die Ränder der Stadt, vor die Tore, drunten in den Katakomben? Der Hoffnung wegen. Halt und Hoffnung sind nicht das Gleiche. Der größte Unterschied: Wer Halt sucht, sitzt; wer Hoffnung hat, steht. Die meisten Menschen beginnen als Steher und enden als Sitzer. Und wohin schaut der, der sitzt? Auf den Bauch und das Geschlecht, nach unten, auf sich selbst. Die Steher schauen in die Welt. Hinaus, hinauf! Sie fragen. Sie sehnen sich. Sie hoffen. Körper und Geist gehen nach oben, Richtung Himmel. „Wer aber kann ergründen, was im Himmel ist?“, heißt es in der ersten Lesung. Antwort: niemand. Keiner kann ergründen, was in der anderen Welt ist. Wir können nur schauen, nach oben, und warten. Und dann? „Wer hat je deinen Plan erkannt, wenn du ihm nicht deinen Geist aus der Höhe gesandt hast?“ Die Außerirdischen müssen Kontakt mit uns aufnehmen, wir erreichen sie nicht. Gott muss auch Kontakt mit uns aufnehmen, denn wir erreichen ihn nicht, nicht aus eigener Kraft. Und jetzt sind wir am Punkt. Sind Sie bereit, ist die Kirche bereit, sind die Menschen bereit für eine Botschaft, für einen Willen, für ein Zeichen, das von außen, von oben kommt – oder schauen alle nur noch auf den eigenen Bauch? Dorthin, wo die Gefühle sitzen, die Wut, die Angst; dorthin, wo es dumpf ist? Suchen wir, hören wir, sehen wir? Oder schuften wir nur und wissen eh schon alles? Wollen die Christen Gott finden? Oder wollen sie sein wie die anderen, die außer Kohle scheffeln und Wut und Vorurteilen nichts mehr kennen? Die sich nie fragen: Was ist wahr? Sondern es immer längst schon wissen. Die lügende Politiker nicht schlimm finden, sondern toll. Deren Herz durch nichts mehr gerührt wird außer durch sich selbst. Wollen wir Gott finden? Diese Frage steht hinter der Lesung aus dem Buch der Weisheit. Diese Frage ist entscheidend. Gott finden: Ich kann dabei allenfalls ein wenig helfen. Aber aufstehen, sich aufrichten, aufschauen, das können Sie nur selbst. Konkret bedeutet das z. B.: Beten Sie anders als Sie es gewohnt sind. Bisher bitten Sie, wenn Sie beten. Bitten bedeutet aber: Bei sich bleiben. Wenn ich bitte, geht es um mich. Bitten ist kein echter Aufbruch. Wenn Sie beten, sollen Sie aber aufmachen für Gott. Das ist Gebet. – Laien sollen mehr Verantwortung übernehmen, Frauen mehr Rechte erlangen in der Kirche. Ja! Aber wie soll das gehen ohne diesen inneren Aufbruch? Ohne den wird sich gar nichts ändern; in den Meetings werden nur andere Gipsköpfe sitzen als jetzt. Die Revolution wird nichts anders machen. Die Kirche sitzt. Sie sieht nichts. Da ist gar niemand, der ergründen will, was im Himmel ist. „Wer aber kann ergründen, was im Himmel ist?“ Der Himmel, das ist das unbekannte Glück, das wir ahnen; die Hoffnung, die viel weiter geht als nur bis zur Gesundheit und zum Frieden. Nur wer in den Himmel schaut, nur dem zeigt sich Gott. Gott zeigt sich selbst und er zeigt, was er von uns will, sagt der Katechismus. Und was will Gott? Dass alle Menschen Zugang haben zum Vater. Durch Christus. Im Heiligen Geist. Dazu zeigt sich Gott, in Taten und in Worten. Gott zeigt sich in der Schöpfung; er zeigt sich den ersten Menschen, dann Abraham, dann Mose und dem Volk Israel; dann spricht er im Evangelium. Jesus schließt die Offenbarung Gottes ab. Er ist unüberholbar, die Vollendung. Das ist, was Gott tut. Wir müssen nur noch hören und sehen. Gott „offenbart“ sich. Der Mensch sieht, hört, antwortet. Mit seinem Verstand und seinem Willen. Auch dabei hilft uns Gott. Der Heilige Geist öffnet den Verstand; der Heilige Geist bewegt das Herz. Sie kennen diese Momente. „Wer hat je deinen Plan erkannt, wenn du ihn nicht Weisheit gegeben und deinen heiligen Geist aus der Höhe gesandt hast?“ Ohne Gott wissen wir nur das Eigene und noch das kaum. Ohne Gott sind Menschen bestenfalls schlau. Mit Gott beginnen wir zu verstehen. Das ist der Glaube heute. Vielleicht gibt er keinen Halt mehr, aber ist das so schlimm? Kann er nicht anderes geben? Viel Schöneres als Halt und Sicherheit und Tradition? „In heaven everything is fine.“ Gott zeigt sich, auf so viele Weisen. Am klarsten in Jesus Christus. Wir sehen. Und beginnen zu glauben. Und dann? Finden Menschen zu einander. Das Beste im Himmel: Gemeinschaft. „Was wir gesehen und gehört haben, künden wir euch, damit auch ihr Gemeinschaft habt mit uns und unsere Gemeinschaft Gemeinschaft sei mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus“ (1 Joh 1,2-3). Das ist das Ziel. Der Weg dahin: eine Gemeinde, eine ganze Welt, die hört, dann glaubt, dann im Glauben hofft und in der Hoffnung liebt (nach Augustinus). Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.