Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Maria vom Schnee, 5. August 2019

05/08/2019 


Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Schneefall in der Nacht. Woran denken Sie, wenn Sie beim Fenster stehen und den Flocken zuschauen? An Kälte? Nein, wir sehen den Schnee fallen und denken an Ruhe, Stille, Reinheit. Und alles beginnt neu. Frisch gefallener Schnee verheißt das Ende der alten, verschmutzten Welt und einen neuen Anfang in Reinheit. Kaum wagt man einen Schritt zu setzen in das Neue, das in der Winternacht herabkam.

Da fiel Schnee in der Nacht zum 5. August des Jahres 358. Schnee im August! Schnee in Rom! Nicht über die ganze Stadt, nur auf einem der sieben Hügel. Der Papst selbst sei gekommen, wird erzählt, dieses Wunder zu betrachten. Mit seinem Hirtenstab habe er den Grundriss einer Kirche in den frischen Schnee gezeichnet. 70 Jahre später wird auf dem Hügel Esquilin die Basilika Santa-Maria-Maggiore geweiht. Heute, am 5. August, feiern wir den Weihetag von Groß-Sankt-Marien in Rom, das Fest „Maria vom Schnee“.

Ruhe, Stille, Reinheit… mitten in der großen Stadt. Mitten im Sommer. Mitten in der Hitze. In der Unrast, in den vielen verschiedenen Sprachen, mitten in den unzähligen Gedanken, Sorgen, Streitereien, Geschäften des Alltags: mitten in alldem ein Neubeginn.

Maria ist der Neuanfang. Christus, ihr Kind ist die neue Schöpfung, der neue Mensch. Glaube ist in dieser Welt nicht das Alte, sondern das Neue. Tradition ist nicht das Konservierte, kein Ausstellungsstück, sondern der Funke, der neues Feuer entzündet. Vor der Tradition ruft der Christ nicht: „Wie schön es früher war! Wenn es nur wieder so wäre!“ Aus der Tradition zieht der Christ neue Lebenskraft. – Betrachten Sie die verschiedenen „konservativen“ Gruppen in der Kirche und fragen sich: Sind die lebendig? Oder nur Museumswächter? Da haben Sie einen Maßstab zur Unterscheidung der Geister.

Gnade macht nicht alt, Gnade macht neu. Das lässt uns die Legende des Festes „Maria vom Schnee“ verstehen. Und jede Beichte auch. – Vielleicht brauchen wir die Poesie der Legenden, weil wir sonst stecken bleiben, nicht herauskommen aus den alten Steinen. Wir leben in einem Land mit tausendjährigen Klöstern, ehrwürdigen Kirchen, mit einer Religion, die zugedeckt ist von uralten Geschichten, Rechten und Übungen. Wir leben mit längst gemachten Erfahrungen und mit so vielen Rücksichten, die zu nehmen sind; mit Bedenken und Interessen und Vorurteilen. Alles alt.

Und wir leben schon so lange mit uns selbst. Mit der Geschichte unserer Familien und mit unserem Charakter. Keiner von uns ist neu. In uns wühlen die alten Leidenschaften, die uns zu nichts Gutem treiben. Neid, Habgier, Ehrgeiz, Angst, Zorn, Hochmut… In uns türmt sich die Asche der Trauer und der Enttäuschungen. Keiner von uns ist neu. Keiner rein. Nichts mehr an uns ist vielversprechend. Und die Gesellschaft, die wir mitgemacht haben, ist alt, müde, pervertiert. Das Leben hier nimmt ab, nicht zu. Immer weniger Leben, statt mehr Leben. Wenn da nicht Gott kommt und ruft: „Seht, ich mache alles neu.“ Das ist die große Verheißung des Glaubens: dass Neues werde.

Die Legende vom August-Schnee in Rom ist ein Bild. Es deutet wiederum ein anderes Bild, das aus der Offenbarung des Johannes: „Ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott her aus dem Himmel herabkommen; sie war geschmückt wie eine Braut.“ – So wie Bräute früher einmal waren: reiner, weißer Neuanfang. Das Weiß, das sie heute tragen, obwohl nichts mehr neu beginnt, erinnert noch daran.

Der August-Schnee auf dem Esquilin ist nur ein Bild. Also unvollkommen wie jedes Bild. Bilder sagen nie alles, sie brauchen wieder andere Bilder und so fort. Irgendwann lässt der Glaube die Bilder hinter sich und wird erwachsen.

Schnee legt sich nur auf die Oberflächen, auf die alte, verkrustete Erde. Und dann schmilzt er und vergeht, und das Hässliche wird wieder sichtbar. Frischer weißer Schnee ist nur das Bild einer Hoffnung.

Die Gnade hingegen geht durch und durch. Tief. In den Sakramenten, angefangen mit der Taufe, werden wir erneuert bis in die Tiefe. Jedes Gebet, jede gute Tat, jede Veränderung vom Bösen zum Guten, vom Alten zum Neuen, kommt aus dieser Tiefe. Der Neuanfang der Kirche kommt aus der Gnade, nicht aus den klugen Plänen und den edlen Absichten. So wie Maria nicht neu wurde, weil sie es sich vornahm, sondern weil der Heilige Geist an ihr wirkte. Maria hat zugestimmt. So ist die Reihenfolge. Maria hat eingewilligt und der Heilige Geist reinigt diese Frau zuallererst, noch im Moment ihrer Empfängnis, von jeder Sünde, von allem bösen Alten – und erschafft dann in ihr das göttliche Kind, die neue Welt. Die Kirche ist immer fähig zu neuem Anfang, weil der Heilige Geist in ihr wirkt.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

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