Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Osternacht 2019

20/04/2019 


Licht und Dunkel

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Das Grauen der Nacht. Kennen Sie das? Nacht-Momente?

Wir haben Dunkelheit gespielt vorhin. In Wirklichkeit gibt es keine Dunkelheit mehr. Die Menschen in den Städten wissen gar nicht mehr, was das ist: dunkel.

Wie ist es in Ihnen? Hell? Oder dunkel? Gehen Sie manchmal in Ihre eigene Nacht? Wenn Sie nicht schlafen können, am Tisch sitzen und überlegen, wie es mit dem Kind weitergehen wird? Wenn Sie im wach liegen im Dunkeln und sich fragen, was die Ärzte sagen werden? Wenn Sie am Steuer sitzen und plötzlich merken, dass Sie tatsächlich Hass im Herzen haben? Und nun denken Sie, dass es dem Menschen, der jetzt gerade neben Ihnen sitzt, genauso geht. Jedem in Mailberg. Allen Menschen auf der Welt. So viel Nacht.

Es gibt das Dunkel eben doch. Weil es die Angst gibt. Ich meine nicht die Angst vor Monstern oder vor Schmerzen oder vor den Fremden. Ich meine die Angst tief unten. Um sie zu kennen, muss man sich selber kennen… Ich meine die, die sagen: „Das Schlimmste für mich wäre, anderen zur Last zu fallen. Das ist meine größte Angst.“ Warum? Ich falle Ihnen manchmal zur Last und Sie mir. Kinder fallen ihren Eltern zur Last. So ist das unter Menschen. Es sind die Hochmütigen, die Angst haben, abhängig zu werden. Die sich nie einem anderen Menschen hingeben können. Die also nie wirklich lieben. Liebe macht abhängig.

Die nächsten haben Angst, allein zu sein. Deswegen passen sie sich überall an, gehen lieber in der Menge auf, als nur einmal allein für etwas einzustehen. Sie bleiben ihr Leben lang irgendwer statt jemand zu werden: die Mitläufer. Die dritten haben Angst vor jeder Veränderung und versteinern allmählich: die Reaktionäre. Früher war alles besser! Zurück ins Alte! Die vierten fürchten das Endgültige; sie laufen von einer Frau zur anderen oder von Mann zu Mann, von Beruf zu Beruf vor lauter Angst, die Freiheit zu verlieren. Das sind die Kindischen, die nicht verstehen, dass manches im Leben endgültig ist. Man wird Vater – und bleibt Vater für immer.

Und schließlich ist da die Angst des Menschen vor dem Menschen. Früher hatten die Leute Angst vor den Naturgewalten, vor Dämonen und Göttern. Heute müssen wir heute Angst vor uns selbst haben und vor einander. Wir leben alle im Dunkel.

Jesus hat sich dem Dunkel gestellt. „Es war aber Nacht“, als der Verräter hinausging, um sein Werk zu tun. – „Die Sonne verdunkelte sich“ in dem Moment, als Jesus starb.

„Und Gott schied das Licht von der Finsternis“, als Gott die Welt erschuf. Licht und Finsternis. Die Angst und die Einsamkeit, das Grauen der Nacht: Das sind wir Menschen.

Und dann: die Oster-Nacht. Da wird die Nacht zur Hoffnung.

Was geschah in jener Nacht? Keine Antwort. Begründungen gibt es keine. Keine Bilder. An Weihnachten kann ich Ihnen ein Baby zeigen, an Ostern: nichts. An Ostern ist nichts nachzuvollziehen, nichts zu verstehen. Wir können singen so laut wir wollen: Die Hauptsache dieser Nacht, die Auferstehung, bleibt still. Im Dunkel. Licht im Dunkel. Da ist etwas. Etwas sehr Gutes. Man kann es nicht fassen, aber man spürt es. Er lebt! Eine lichte Nacht. Ihre Nachtstunden werden hell (das Kreuz in Notre-Dame. „In Feuer und Asche: Das Kreuz leuchtet noch immer, golden.“)

Im großen Oster-Lied, dem „Exsultet“, hieß es vorhin: „Die Nacht wird hell wie der Tag, wie strahlendes Licht wird die Nacht mich umgeben.“ Was soll das sein, eine lichte Nacht? Eine helle Nacht ist doch wie ein schwarzer Schimmel. Aber trotzdem verstehen Sie, was gemeint ist: In dieser Nacht verschiebt sich etwas. Es passiert etwas, das eigentlich nicht passieren kann. Der, der tot war, lebt. Der Tod ist nicht mehr, was er war. Das Dunkel wird hell. Auch Ihr Dunkel. Und mit einem Mal ist da Hoffnung.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

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