Dienstag der Siebten Woche der Osterzeit, 15. Mai 2018 (gehalten am 14. Mai) – Joh 17,1-11a
Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Sogar unter guten Katholiken hält sich die Ãœberzeugung, Religion müsse vor allem einfach sein. Man spricht dann von „Kinderglauben“, von „Trost“ und „Halt“, – aber nie von Entwicklung. Von den „einfachen Leuten“, davon dass man die nicht überfordern dürfe, davon dass Kunst in der Kirche doch bitte nicht zu modern sein dürfe und davon, dass die Schubert-Messe halt doch die schönste sei. Choral nur für elitäre Mönche, Rhythmisches nur für Modernisten. Was macht man dann, so frage ich mich, mit einem Evangelium wie diesem? Höflich-zerstreut anhören und dann innerlich das Buch gleich wieder zuschlagen? Viel zu schwer! Nicht im echten Leben! Nur für Theologen, Mystiker, Heilige und dergleichen, also nicht für uns! Sie können sich inzwischen denken, dass ich in einer Radikal-Opposition zu dieser Meinung lebe. Jede Seite des Evangeliums ist für mich das Ernst-Zunehmende. Schwierig? Klar. Aber dann heißt es: dran bleiben! Nachdenken! Gemeinsam nachdenken! Immer wieder. Und erklären. Die schlimmste aller Kirchenspaltungen ist die Spaltung der Kirche in eine Volkskirche mit allereinfachsten Handlungsanweisungen auf der einen und eine Elite-Kirche auf der anderen Seite. „Wir glauben die eine, heilige… Kirche“, bekennen wir im Credo. Und der Maßstab ist das Evangelium, nicht „der einfache Glaube“. Und damit zum Text des Evangelisten Johannes. Lieblingsjünger Jesu – wieso sollten wir ihm aus dem Weg gehen? Das Evangelium heute spricht von Gott, Vater und Sohn, von Herrlichkeit und ewigem Leben, von Dreifaltigkeit und Menschheit… Aber wo in alldem ist dieser Montag hier, der 14. Mai? Wo in all dem sind wir? Wer hinter den Elementen des Bauwerks die tragenden Pfeiler und Bögen sucht, wird dies finden: Gemeinschaft. Es geht in dem Text um die Gemeinschaft zwischen Sohn und Vater, Gott-Vater und Gott-Sohn. Und um die Gemeinschaft von Gott und Menschen. Damit sind wir in unserem alltäglichen Leben. Denn da geht es ja auch um Gemeinschaft. Jeder von uns hat ein Gemeinschaftsproblem – oder ein Gemeinschaftsglück. Ein Mann und eine Frau finden sich, schlafen miteinander, zeugen Kinder, bauen ein Haus, kochen, essen, verdienen Geld, geben Geld aus, treffen Freunde, machen Reisen, werden krank und wieder gesund. Sie sind eine Gemeinschaft. Und dann ist da auch noch Gott. Neben ihnen? In der Ferne? Bei ihnen? Was sagt die Kirche über die Ehe, seit ihren Anfängen? Sie sagt: Mann und Frau sind ein Bild. Die beiden sind ein Bild der Liebe zwischen Christus und der Kirche. Mann und Frau sind ein Bild der Liebe zwischen Gott und den Menschen. Ein mehr oder weniger gelungenes Bild… Ein Paar von Christen ist also etwas, das sich anschauen lassen soll. An dem die anderen etwas verstehen sollen. Nicht nur verstehen: Hoffnung sollen sie schöpfen! Glauben sollen sie können, wenn sie dieses Paar sehen. – Sie, liebe Schwestern und Brüder, meinen, vor allem oder nur die Priester seien Gottes-Zeichen. Nein, lehrt Ihre Kirche! Auch die Ehe-Leute sind Zeichen Gottes. Und aus diesem Grund müssen wir das, was Johannes hier über Gott sagt mit dem zusammenbringen, was ein Ehepaar lebt. „Verherrliche deinen Sohn, damit der Sohn dich verherrlicht“, heißt es im Evangelium. – „Verherrliche mich, damit ich dich verherrliche“, sagt der Mann zur Frau und die Frau zum Mann. „Verherrlichung“ kommt oft vor in der Bibel und ist nicht leicht zu fassen. Aber wir verstehen doch immerhin so viel: Erhebe mich, – erniedrige mich nicht! Mache mich lebendig! Bringe das Gute in mir zum Vorschein, anstatt es zu verdunkeln. Mache mich wahr, statt mich falsch zu lassen. Mache mich, lieber Mann, gerade, aufrecht, schön. Mache mich, liebe Frau, so wie Gott mich sieht. „Das ist das ewige Leben: dich, den einzigen wahren Gott zu erkennen und Jesus Christus.“ Der Mann sagt zu seiner Frau: „Hilf mir zum ewigen Leben, hilf mir dazu, Gott zu erkennen.“ Und sie sagt das Gleiche zu ihm. „Alles, was mein ist, ist dein, und was dein ist, ist mein“ sagt Jesus zum Vater. Und gerade so sagt es der Mann zur Frau und die Frau zum Mann. Es geht nicht um Gütergemeinschaft und Verträge. Es geht um Einheit. Jene Einheit, die nur aus dem Vertrauen und der Hingabe kommt. „Und ich gehe zu dir“, das letzte Wort Jesu an den Vater. Mann und Frau sind eine Gemeinschaft, aber auch eine Bewegung. Aufeinander zu, immerfort. Wie die göttlichen Personen ewig stehen und gleichzeitig ewig in Bewegung auf einander zu sind. Weil sie Liebe sind. Die Liebe bewegt. Wir besitzen einander nicht. Die Freiheit vergeht nicht, auch der Geist nicht; nie werden wir ein Ding. Aber die Ehe bedeutet: gegenseitiges Sich-Gehören. Der heilige Johannes Paul II. schreibt: „Gegenseitiges Sichgehören macht die Beziehung Christi zur Kirche sakramental gegenwärtig. Die Eheleute sind daher für die Kirche eine ständige Erinnerung an das, was am Kreuz geschehen ist; sie sind füreinander und für die Kinder Zeugen des Heils.“ Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.