Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Christi Himmelfahrt, 10. Mai 2018

10/05/2018 


Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Verlassenwerden ist blöd; einen anderen verlassen ist geil.

Verlassenwerden ist eine Chance; einen anderen verlassen tut weh.

Jesus verlässt sie, und die Jünger (und übrigens auch Maria) werden verlassen. Christi Himmelfahrt ist ein schmerzhafter Tag, zuerst einmal. Dann ein hoffnungsfroher. Diesem Fest begegnet man am besten: verwirrt. Traurig und ängstlich, stolz und erleichtert… Der Tag löst viele Gefühle aus. Denn da ist etwas Unfassbares: „Himmelfahrt“ – wie soll man sich das vorstellen?

Es ist ein Abschied, aber auch eine Rückkehr. Es ist wie Heimkommen. Was geschieht, ist unsichtbar, und es ist die Zukunft. Es ist Bewegung nach oben und nach allen Seiten. Es ist Lücke und Hoffnung; allein sein und selbstständig sein. Und ganz sicher ist da von heute an große Weite. „So weit die Wolken ziehen…“ (Psalmen). „Euch steht es nicht zu, die Zeiten und Fristen zu kennen“, sagt er ihnen. Und dann heißt es: „Eine Wolke entzog ihn ihren Blicken.“ Das sind Hinweise darauf, dass den Christen Sicherheit der billigen Art nicht zusteht.

Wir wandern ahnungslos, Schritt für Schritt, nicht wissend, sondern gläubig.

Dieses Fest zeigt uns die Chance, die in einer Trennung liegt. Wenn Menschen einander verlassen, bedeutet das meistens: Schluss, aus. Jesus macht nicht Schluss; er öffnet eine Perspektive. In dieser Trennung geht auch etwas auf, wird weit. Neue Möglichkeiten.

Verlassenwerden ist ein Horror, ja. Und ein Segen. – Es ist toll, wenn eine Mutter es fertig bringt, ihre Kinder zu verlassen oder ein Priester seine Gemeinde oder ein König sein Land (Karl V.). Verlassen, das tut der, der sich zurückhält, damit der andere reden kann. Verlassen, das ist zum richtigen Zeitpunkt sich zurückziehen, damit der andere übernehmen kann, ein Kind erwachsen werden kann, eine Pfarre selbstständig. Erbärmlich, wenn einer klammert, um sicher zu sein, um zu besitzen und zu kontrollieren!

Immer wieder dieses Zurücktreten Gottes, das uns Zeit lässt, Freiheit zu entscheiden. Auch Verantwortung. Hätten wir die Herrlichkeit des Auferstandenen vor Augen, wir würden diese Welt nicht mehr ertragen. Es wäre so schön, dass alles andere hässlich würde. Der Weg des Glaubens wäre sofort zu Ende. Christi Himmelfahrt sagt: Das Wesentliche ist unsichtbar. Glaubt!

Genau darum geht es heute: um den Glauben. Erinnern Sie sich: Jesus wurde gekreuzigt. Er ist gescheitert. Das ist das Letzte, was für alle feststeht. Dann scheiden sich die Geister. Die einen rufen: Jesus lebt! Das sind wir. Die anderen lachen und sagen: Ja, klar… träumt weiter. Glaube gegen Unglauben, bis in diesen Moment hier hinein. Wer ist Jesus? An dieser Frage zerschellt letztlich jeder Kompromiss… Hier steht die Kirche gegen die Welt. Hier wird der große Prozess geführt. Das Weltgericht. Und Sie sind mittendrin.

Das Fest Christi Himmelfahrt dient der Formung unseres Glaubens. Wir fragen uns „Wer ist Jesus?“, und sehen heute: Der, den die Welt für gescheitert hält, bloß eine der vielen Figuren der Geschichte, der wird rehabilitiert. „Er sitzt zur Rechten des Vaters“ – eine alte Formel, die sagt: Höher kann ein Mensch nicht steigen; klarer, ewiger kann ein Sieg nicht sein.

Dass Jesus nicht mehr zu sehen ist, lässt uns verstehen: Der Zimmermann aus Nazareth, der Gescheiterte, das Opfer ist verherrlicht. Die Herrlichkeit aber ist unsichtbar. Diese Augen hier reichen nicht aus, um zu sehen, was ist.

Die Welt sieht: Die Existenz Jesu ist mit dem Kreuz zu Ende. Sie sieht nicht weiter als bis zu einem Grab! Der Heilige Geist lässt die Gläubigen sehen: Christus hat gesiegt. 

Und was folgt für uns aus alldem? Wir haben eine Aufgabe. Was ist die Aufgabe? Erstens: zu glauben. Zweitens: sichtbar zu sein, jetzt, wo Jesus nicht mehr zu sehen ist. Glauben und sich zeigen: Es geht um uns und um die anderen Menschen.

Wer verstanden hat, wer Jesus ist – und Himmelfahrt setzt das letzte Element dazu –, der muss Zeugnis geben. Wer glaubt, muss reden und handeln. Reden und Handeln aber gelangen zu anderen Menschen. Wenn unser Reden und Handeln gut sind, entwinden wir der Welt Herz um Herz, um es Gott zu geben. So wird der Heilige Geist die Welt überführen. Er wird zeigen: Der Unglaube ist Verweigerung der Realität, ein Anachronismus.

Am Himmelfahrtstag sagt Ihnen Jesus: „Ich verlasse dich, – damit ich dir nahe bin“, und wir sind allein und nicht-allein. Von diesem Tag an reicht die Kirche vom Himmel bis zur Erde. Jesus Christus, ihr Haupt, ist im Himmel. Er nimmt seine Kindheit mit, sein Leiden, seine Auferstehung… Das ganze Menschenleben ist erhöht. Im Himmel ist Christus der einzige echte Priester, der erste Beter, der zukünftige Richter, der Herr – und das, was er immer und ewig ist: der Sohn des Vaters. Er sendet aus seinen Geist, verbindet sich mit uns – und wir gehen den Weg zum Vater. Denn dort ist unser Platz.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

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