Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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31. Sonntag im Jahreskreis (A), 5. November 2017

05/11/2017 


Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Die eine lehnt es ab, zur Messe zu kommen, solange eine Stiege auf dem Weg nicht renoviert ist. Andere könnten gut und gerne auf die Dreifaltigkeit verzichten, aber niemals auf den Adventskranz. Wieder andere hören auf, am Sonntag in die Kirche zu gehen, nur weil der Beginn um eine halbe Stunde verschoben wurde. – Sie hören also auf, das Evangelium zu hören und den Leib des Herrn zu empfangen! Eine Braut tritt aus der Kirche aus, weil der Pfarrer die Trauung nicht auf ihrem Segelboot halten wollte, sondern vor dem geweihten Altar. Der Nächste bricht mit dem Glauben, weil der Pfarrer vergaß, zum Geburtstag zu gratulieren … (ist eigentlich je einer aus der Kirche ausgetreten wegen einer Pastoralassistentin? Eines Pfarrgemeinderates?) Das Problem der Kirche sind: die Priester. Das ist die landläufige, gar nicht erst diskutierte Wahrnehmung. Und der landläufige Reflex der Priester darauf? Sie sagen: „Na ja, so sind die Leute halt. Jeder soll glauben und leben, wie er es für richtig hält. Wenn die Leute Schwierigkeiten mit uns haben, müssen wir uns zuerst selbst hinterfragen.“ Stimmt, an den Gegnern lassen sich die eigenen Fehler erkennen. Aber ist damit alles getan? Wäre es nicht höchste Zeit, ein paar Fragen zu stellen? Wie diese: Wer sündigt heute noch? Niemand. Nur die Priester. Sie sind alle schwul und wenn nicht, haben sie eine Freundin; sie missbrauchen Kinder, sie leben in Saus und Braus, sie schmieden Intrigen und, im Vatikan, Weltverschwörungen gegen die Freiheit und die Frauen. Die Priester raffen Macht und Reichtum und sie bringen gute Päpste um. Ich persönlich würde auf alles das antworten: einfach mal die zehn Gebote durchgehen – und nachdenklich werden. Sich selbst erkennen, Schuld Schuld nennen und Gegner Gegner. So würde ich das machen. Aber da setzt mir Jesus das Wort vor: „Darum befolgt alles, was die Priester euch sagen. Aber richtet euch nicht nach dem, was sie tun.“ Ein ganzes Evangelium der Klerus-Kritik. Wer trägt denn Kleiderquasten und lila Schärpen, wer will denn den Vortritt, nicht erst bei Tisch, sondern schon gleich bei der Tür? Die Pfaffen. Nur sie. In Jesus haben sie endlich einen Gegner.

Aber ob es Jesus nur darum geht, den Pharisäer-Priestern etwas anzuhängen? Passt das zu ihm? Kann es nicht sein, dass Jesus mit seiner Kritik am Klerus die eigenen Leute wachrütteln will? Wer die Jünger und Jüngerinnen im Evangelium betrachtet, weiß: Vom ersten Anfang an ist das Christentum reformbedürftig. Die Jünger mussten aufpassen, wir müssen aufpassen. Von Anfang an stehen Menschen Gott gegenüber, und die Frage ist: Wer richtet sich nach wem? Muss sich Gott nach uns richten oder wir uns nach ihm? Man kann diese Gedanken verdrängen. Wenn man schlau ist, diskutiert man sie gelehrt aus der Bibel heraus; wenn man weniger schlau ist, geht man einfach nicht in die Messe. So bleibt man verschont. Man kann sich aber auch der Wahrheit stellen – und dann entdecken, was Langmut, Geduld, Vergebung, Gnade, Barmherzigkeit bedeuten. Wer sagt, er habe nichts angestellt, hat einfach keine Ahnung von sich und der Erlösung.

Dieses Evangelium geht also alle an, nicht nur die Priester. Es ist nicht primär eine Kleruskritik, sondern handelt vom Vorrang der Inhalte vor den Formen. Nicht die Personen sind wichtig, sondern das, was sie sagen. Das klingt heute unmöglich, absurd – mich hat es gerettet. Auch wenn ein Vollidiot das Evangelium vorträgt: Es bleibt das Wort Jesu. Auch wenn ein Unsympath die Messe feiert: Brot und Wein werden verwandelt. Auch wenn ein Papst mich irritiert, bleibt er doch der Nachfolger des Apostels Petrus.

Dieses Evangelium handelt auch von unseren Gemeinden. Gemeinden brauchen Autoritäten. Das ist ein Naturgesetz. „Lehrer“, „Meister“, „Äbte“ (Vater), meinetwegen auch einen „Heiligen Vater“. Alle diese Titel sind riskant, wie jede Autorität riskant ist. Aber wenn es gut geht, weisen Titel hin auf Gott, den einzigen wahren Vater, Lehrer, den einzigen Herrn („Tu solus“). Wer in unseren Gemeinden einen Titel trägt, muss sich ständig selbst unterminieren; er muss das lebendige Gegenstück zu den selbsternannten Lehrern und Vätern sein. Sonst fällt er bald unter dem Urteil Jesu: Heuchler. Das sind die, die es nicht ernst meinen. Die Spieler. Jesus will echte. Frömmigkeit dient nicht der Selbstinszenierung. Der wirklich fromme Christ verbirgt sich, – weil auch Gott der Verborgene ist. Es geht nicht darum, dass der Einzelne (oder eine einzelne Gruppe) gut da steht. Es geht um das gemeinsame Werk, um die Gemeinde, in der alle Schüler sind, auch die Lehrer. Sie hier lehren mich und Sie lernen von mir. Alle sind Geschwister, auch die Autoritäten. Und unter Geschwistern hat keiner das Recht, sich mit Gewalt zum Herrn über die anderen zu machen. Nur einer ist der Herr. Das steht im Ersten Gebot [„Du sollst den Herrn, deinen Gott anbeten und ihm dienen“]. Jede Gewaltanwendung aus egoistischen Motiven maßt sich an, was Gott allein zusteht: Macht. Gott hat das Gewaltmonopol (s. Monotheismus und Gewalt).

Dieses Evangelium ist schließlich ein Text über das Vertrauen. Wem können wir vertrauen? Denen, die echt sind, bei denen Inneres und Äußeres mehr und mehr zusammenpassen, die ihre Titel und ihre Macht ständig vor Gott relativieren („wer sich selbst erniedrigt“). Vertrauen aber hält eine Gemeinde zusammen, eine Pfarre, einen Orden, eine Nation. Vertrauen – übersetzt: Glaube – ist auch die Grundlage des Bundes zwischen Gott und den Menschen: „der Bund unserer Väter“. – Wer soll auf den Bund mit Gott, dem „Vater im Himmel“, vertrauen, wenn wir Christen nicht echt sind? So fragt die Lesung: „Warum handeln wir treulos, einer gegen den anderen?“

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

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