Freitag der 6. Osterwoche, 23. Mai 2014 (Lange Nacht der Kirchen)
Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes
„Männer“ – gleich mehrfach werden sie erwähnt im eben gehörten Text der Apostelgeschichte. Männer. Und Brüder. Und Autoritäten. Beschlüsse, Anordnungen, Regeln. So kennen Sie die Kirche. Das ist ihre Geschichte, von den Anfängen bis hierher in die Kirche des Souveränen Malteser-Ritter-Ordens. So viel Geschichte! 2000 Jahre und darin unzählige Menschen: viel Gelegenheit, Fehler zu machen. Und das alles stellt sich dann in den Blick.
Daneben stellt die Liturgie heute das Evangelium, in dem es heißt: „Liebt einander, so wie euch geliebt habe.“ Der Spruch, der auf frommen Bildchen steht. Oder das Leben umwirft. „Liebt einander, so wie euch geliebt habe“ – welch ein Maßstab!
Es ist ganz einfach: Wer wirklich hört, wer zulässt, wer ernst nimmt, was Jesus sagt – der gerät in Bewegung. Die Frage ist nur: Will ich das? Oder lieber eine Religion, die Stabilität bietet in einer wilden Zeit? Was haben wir Christen? Erinnerungen – oder einen lebbaren Gegenentwurf? Hat der Glaube sich aufgelöst in Archäologie und Ästhetik? Ist er nur noch interessant für kunstbeflissene Bürger? Haben wir der facebook-Freundschaft eine bessere Art von Freundschaft entgegenzusetzen, wir Christen? „Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt.“ Ist Hingabe gleich weich und unmännlich? Kommen beim Wort „Entsagung“ nichts als negative Gefühle auf? Oder verstehen wir, dass Freundschaft (Partnerschaft, Vaterschaft, Mutterschaft) ohne Entsagung gar nicht geht? Wo sind Extreme erlaubt? Beim Einsatz für die Karriere, im Sport und beim Sex ja, bei der Liebe nein? Alles Fragen eines jeden, der auf Jesus Christus trifft.
Nichts gegen die Apostelgeschichte; sie bindet die Kirche in eine bestimmte Form hinein. Aber der Text hier wendet kein Leben. Das Evangelium schon. Beide stehen neben einander in einer Hl. Messe. Das ist die Kirche. Und deswegen lebt sie. Weil sie Spannung hat. Weil sie realistisch ist und träumt, stolz ist und beschämt. Kirche ist: Menschen und Christus.
Die Kirche lebt, weil das, was Jesus tut, erschüttert. Konventionen, Denkgewohnheiten. Jesus erschüttert den Zweifel. Und er erschüttert die Sicherheiten. Kann ich mich auf ihn einlassen? Auf ihn, der mich Freund nennt? Das ist die Basis der Kirche. Alles andere folgt daraus, mehr oder minder notwendig, mehr oder minder gelungen.
„Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe.“ Da geht es nicht um mystische Gefühle. Es geht um eine Übereinstimmung im Willen. Zusammen das Gleiche wollen, in den großen, grundsätzlichen Dingen, das ist Freundschaft. Im Herzen des Geheimnisses sein, nicht am Rand. Nicht Zuschauer sein, nicht Analytiker, sondern dabei. Beim andern. Das ist Freundschaft.
Wir müssen diese Freundschaft nicht beginnen und auch nicht alleine durchtragen. Es reicht, wenn wir wissen: Ich bin geliebt, ich bin gesucht. Jesus liebt immer zuerst; immer vor uns. Den ersten Schritt macht immer er. Wie anders ist Christus als diese Welt!
Er sagt: „Ich nenne euch nicht mehr Knechte… vielmehr habe ich euch Freunde genannt.“ – Schon das Wort „Knecht“ ist in der Bibel ein Adelstitel; für den, der in Beziehung zu Gott steht. Das überbietet Jesus noch. „Freunde“ Gottes, das sind im Alten Testament nur Abraham und Moses. Zwei Menschen, denen Gott einen Auftrag gegeben hat. Denen er sich sogar gezeigt hat, von Angesicht zu Angesicht. So sieht Jesus sich und uns.
Und er sagt uns: „Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben gibt für seine Freunde.“
Muss es gleich so viel sein? Ja, es muss. Weil jeder an diesen Punkt kommen wird. Ich bin froh und stolz, dass es hier in dieser Kirche immer um viel geht. Große Schritte. Und Sicherheit am Grund: Auf diesen Jesus ist Verlass. Er hat ’s bewiesen. Er hat ja sein Leben gegeben. Ohne Bitterkeit.
Wenn wir lieben, anderen helfen, andere aushalten, dann wird das oft kühle Pflicht. Bei Jesus ist das anders. Er freut sich, seinen Vater zu lieben und uns zu lieben. Und teilt uns seine Freude mit. Keine spärliche Freude. Sondern fruchtbare Freude. Wer nicht aus eigener Kraft liebt, sondern mit der Kraft Jesu, der strahlt und wird fruchtbar. So geschieht Erneuerung der Welt.
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