Zwölfter Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr B)
Zwölfter Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr B) – (2 Kor 5,16) Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Menschen, die sich saudumm anstellen / Menschen, die keine Manieren haben / Menschen, die sich ständig krankschreiben lassen / Menschen, die nie Ruhe geben können / Menschen, die Schmarren reden / laute Menschen / schüchterne Menschen / freche Menschen / aggressive Menschen / feige Menschen / Menschen, die Grüne wählen / Menschen, die AFD wählen / Menschen, die Fleisch essen / Menschen, die kein Fleisch essen / Menschen aus fremden Ländern / Menschen in der Nachbarschaft… Menschen können so mühsam sein! Manchmal ist einem zum Heulen, so mühsam sind Menschen. „Alle in einen Sack stecken und draufhauen, trifft keinen falschen!“ Gibt es eine andere Lösung? Ich treffe Leute in Deutschland – in Deutschland! – die allen Ernstes wieder von Lagern sprechen. Das ist keine Lösung, sondern zum Kotzen. Also, was ist die Lösung für das Menschen-Problem? Paulus bietet einen guten Weg an. Er schreibt an die Christen: „Also kennen wir von jetzt an niemanden mehr dem Fleische nach.“ „Dem Fleische nach“?? Was soll das sein? Warum lässt die Kirche Texte vortragen, die keiner versteht? Die „Bildzeitung“ macht das anders. Die versteht jeder. Deswegen lese ich sie nicht. Die Sonntagsmesse hat zwei Lesungen und ein Evangelium, alle Texte aus der Bibel. Die erste Lesung bezieht sich auf das Evangelium, so wie das Alte Testament das Neue Testament vorbereitet. Alle drei Lesungen erzählen von der Geschichte Gottes mit den Menschen. Oft müssen sie erklärt werden. Die Kirche erwartet von den Predigern, dass sie die Hl. Schrift erklären (wo man sie erklären kann); dass sie den Glauben bekannt machen, verständlich und auch liebenswert. Das Ziel der Predigt sind Menschen, die den Glauben lieben, Wurzeln darin haben und weiter fragen können. Das wird natürlich nichts, wen man nur zweimal im Jahr in die Kirche geht. „Also kennen wir niemanden mehr dem Fleische nach.“ – „Fleisch“ meint bei Paulus nicht den Körper (und schon gar nicht die Metzgerei), sondern die menschliche Existenz. Auf Jesus angewandt heißt das: Dem „Fleische nach“ kennen wir Jesus als einen Mann aus Nazareth, als Juden, als Lebenslehrer. Aber das ist überholt. Wer den neuen Blick hat, von dem Paulus spricht, wer nicht nur „dem Fleische nach“ sieht, der sieht Jesus als Sohn Gottes. Als den Auferstandenen. Als das unsichtbare Oberhaupt der Kirche. – „Er ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene der ganzen Schöpfung. Denn in ihm wurde alles erschaffen im Himmel und auf Erden, das Sichtbare und das Unsichtbare“ (Kol 1). Solches sagt einem nicht das Fleisch. Sondern der Heilige Geist. Und das soll jetzt auch bei der Lösung des Problems helfen, das uns an den Rand bringt, die unerträgliche Blödheit der anderen? Ja. Denn Paulus sagt uns damit: „Sieh nicht nur das, was du mit deinen Augen siehst. Sieh tiefer!“ Sie sehen vom anderen Menschen den Körper, wie groß er ist, welche Haare er hat usw. Sie sehen sein Auto, sein Haus, seine soziale Stellung. Sie hören, was er redet, bekommen mit, was er treibt. Sie sehen „dem Fleische nach“, und es treibt sie zum Wahnsinn. Weil der Typ ein Idiot ist. Könnten Sie den Menschen, der Sie nervt, auch anders sehen? Auch die, die Sie lieben, können sie anders sehen. Der Glaube sagt Ihnen: Dieses schlafende Kind oder dieses lärmende Kind ist von Gott erschaffen. Gott hat diesen kleinen Menschen von Ewigkeit an gewollt. Und geliebt. Der Glaube sagt Ihnen: Diese hilfsbereite Kollegin ist eine geliebte Tochter Gottes. Und die fiese Kollegin? Die ist womöglich aus der Spur gelaufen, aber ein geliebtes Kind Gottes bleibt sie trotzdem. Des Gottes, „der unendlich viel mehr tun kann, als wir uns ausdenken können“ (Eph 3). Diese Glaubenswahrheit haben Sie vergessen oder niemand hat sie darauf aufmerksam gemacht. Da aber stellt Ihnen dieser Sonntag die Frage: Bist du bereit, die Welt als Gläubige, als Gläubiger zu sehen? Ergreifst du die Chance auf einen neuen Blick? – Denken Sie an das Evangelium: Die Männer im Boot sehen nur noch Wind, Wellen, Gefahr. Jesus hingegen hat einen ganz anderen Blick: Er ist ruhig. Seesturm, Aufregung und Panik versus Glaube und Vertrauen. Der neue Blick ist Ihre Chance! Gerade wenn Sie am Rand sind. Die Idiotin ist ein Kind Gottes. Wenn Sie das nicht für frommes Geschwafel halten, sondern ernst nehmen, wird sich ihr Blick verändern. Sie müssen nur dranbleiben. Denn die Welt wird alles tun, um Ihnen mit Blödsinn, Dummheit und Niedertracht den Blick zu verstellen. Sie brauchen also Gedankendisziplin. Übung. Ohne sie wird es nicht gehen. Das ist wie mit dem Abnehmen, geht auch nicht, wenn man weiterisst wie bisher. Trainieren Sie den neuen Blick. Sonst regieren nämlich nur noch Sympathie und Antipathie, Partei und Gegenpartei. Und Sie flippen irgendwann aus. Der Groll, der sich in Ihrem Herzen ansammelt, kann doch nicht alles sein. Ich will nichts schönreden. Blödsinn bleibt Blödsinn. Aber mit dem neuen Blick behält sogar der Idiot eine Würde. Auch er hat einen Wert. Wenn Sie den neuen Blick haben, dann wird der ganze Schmarren Sie vielleicht traurig machen, aber die Achtung wird dazu treten, vielleicht sogar das Staunen über Wahrheiten, die uns „das Fleisch“ bestimmt nicht sagt. Also kennen Sie von jetzt an niemanden mehr nur dem Fleische nach. Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors. Die Predigt zum Download finden Sie hier!Die Predigt zum Anhören
Predigte in Bischbrunn Heiligste-Dreifaltigkeit am 23. Juni 2024