Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Freitag der 5. Woche im Jahreskreis

09/02/2024 


Die Predigt zum Anhören

Freitag der 5. Woche im Jahreskreis (1 Kön 11,29-32; 12,19)
Predigt in Oberndorf Herz-Mariä am 09. Februar 2024

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Es gibt Israel, und es gibt das neue Israel. Das neue Israel ist die Kirche. Die Kirche ist das Volk Gottes – große Lehre des II. Vatikanischen Konzils. Sie hier sind das Volk – das Volk Gottes.

Zuerst war Israel das Volk Gottes, nun ist es die Kirche. Sie hat aber viel vom alten Israel behalten. Deswegen ist die alte Lesung aus dem Buch der Könige relevant für uns hier. Israel ist relevant für die Kirche in Oberndorf.

Es ist nicht ganz leicht zu verstehen, worum es in dieser Lesung geht. Man muss wissen, dass die Propheten oft in Zeichen sprechen. Diesmal ist ein zerrissener Mantel das Zeichen. Man muss auch wissen, dass der große König Salomo gegen Ende seines Lebens Gott untreu geworden war. Kein radikaler Bruch, aber doch viele faule Kompromisse. Zu viele. Nicht wenige Menschen werden so mit den Jahren: lax, träge, viel zu schlau, selbstgerecht. „Wird schon gut gehen.“ Das wird Gott nicht mitmachen. Gott hängt an der Vergangenheit. Gott hängt immer noch an dem Bund mit David, Salomos Vater, und an dem Bund mit Salomo selbst. Gott nimmt ernst, was einmal versprochen wurde. Die vielen Versprechen – der Firmlinge, der Ehepaare, der Taufen, der Priester –, und da ist einer, der sie ernst nimmt. Wissen wir, was sich da anbahnt?

Die zwölf Stücke des Mantels stehen für die zwölf Stämme Israels. Zehn davon werden an Jerobeam gehen. Das Reich wird zerfallen, Jerobeam wird der erste König des Nordreiches werden.

Den Nachfolgern Salomos bleibt nur noch Juda. „Nur ein Stamm soll ihm bleiben / wegen meines Knechtes David und wegen Jerusalem.“ Gott wird das Haus David strafen für die Untreue. Aber er wird es nicht ausrotten; die Verheißung bleibt. Also Gerechtigkeit und Strafe und Verheißung. Eines Tages wird es dann heißen: „Er hat alles gut gemacht.“

Der Grundgedanke der Lesung ist also: Untreue bewirkt Zerfall. Da müsste es bei Ihnen läuten. Viele sagen: Europa zerfällt, China steigt auf und Indien. Viele denken, auch die Kirche zerfalle, jedenfalls dort, wo einmal „das christliche Abendland“ war. Wer sich ein wenig besser auskennt, weiß, dass Nordafrika und die Türkei einmal christliche Gebiete waren, dass England katholisch war, die Länder des Nordens bis hinauf nach Island ebenfalls. Ist das alles einfach der Gang der Geschichte oder ist das eine Strafe? Wird die Kirche von Gott gestraft?

Für die Bibel ist klar: Es gibt eine Gerechtigkeit, Gott handelt.

Damit geht es an einem Winterabend im Spessart plötzlich um Grundfragen und Grundentscheidungen. Ist das Leben blind? Ist die Geschichte ein Chaos oder ein Automatismus? Hat sie einen Sinn? Ist alles gleich oder gibt es richtig und falsch? Gibt es ein Gericht? Die Bibel antwortet: „Ja.“ – Dass es ein Gericht über die anderen gibt, wissen Sie. Sie selbst sind immer wieder Richter über das Leben der anderen. Aber wer richtet über Sie? Wird es am Ende heißen: aus, vorbei? Oder wird es heißen: Das war gut, das war böse? Wird es Reue geben? Vergebung? Zukunft? Oder nichts von alldem?

Mit diesen Fragen muss jeder leben. Wer über die Fragen hinaus will, landet beim Glauben. Glaube, nicht Wissen. – Wer will behaupten, er wisse, wie Gott in der Geschichte handelt? In den allermeisten Dingen sind wir alle Gläubige.

Auch der Typ, der in die Kamera behauptet, die Demonstrationen gegen die neuen Nazis seien „gesteuert von den NGO’s“ (Non-Governmental Organisations). Auch der glaubt. Er hat die Organisationen ja nicht selbst gecheckt. Er glaubt anderen, die ihm das gesagt haben. Die Masern-Mutter, die gegen die Impfung kämpft, glaubt auch. Sie ist keine Medizinerin, sie hat kein Examen, sie macht nicht selbst die Experimente, sie glaubt anderen, die ihr gesagt haben: Impfungen sind Humbug.

Wenn wir alle gemeinsam zugeben würden, dass wir in vielen Dingen nur glauben und nicht wissen, dann wäre das Land viel entspannter. Dann könnten wir wieder mit einander reden.

Wenn Sie mit Fragen leben können, dann ist die moderne Kirche richtig für Sie. Wir hier stellen gute Fragen, und gute Fragen halten das Ding in Bewegung. Wenn Sie Antworten auf alles brauchen, müssen Sie zur AFD gehen. Der Spitzenkandidat der Partei für das Europa-Parlament weiß sogar, wie junge Männer an die richtige Frau kommen. Damit kann ich Ihnen nicht dienen.

Vielleicht gibt es Gott. Vielleicht wird Gott uns strafen. Weil das gerecht wäre. Aber Gott wird uns nicht zerstören. Er vergisst sein Versprechen nicht. Er vergisst Jesus nicht: „Außer sich vor Staunen sagten sie: Er“ – Jesus – „hat alles gut gemacht.“

FÜRBITTEN

Momente der Stille tun gut. Wir beten heute nach jeder Fürbitte einen Moment lang still.

Gib uns die Kraft, auf andere zuzugehen, auch wenn wir sie komisch oder unsympathisch finden.

Gib uns den Sinn für die richtige Frage im richtigen Moment.

Hilf uns, die Unsicherheit des Lebens auszuhalten.

Wir beten um Frieden.

Wir beten um kluge und gerechte Politikerinnen und Politiker.

Wir beten für unsere Toten.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

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