Mittwoch der 5. Woche im Jahreskreis
Mittwoch der 5. Woche im Jahreskreis (1 Kön 10,1-10) Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Das können wir besser. Wir von heute würden die Geschichte besser erzählen. Nicht die Königin von Saba macht sich auf den Weg, – Salomo ist es, der aufbricht. Der Mann hört der Frau zu. Sie ist die Hauptperson. So brächte die Geschichte uns mehr. Aber die Bibel ist nun einmal wie sie ist. Wer an ihr herumbastelt, ist wie einer, der Tulpen schneidet. Sie sehen schön aus auf dem Tisch und dann sind sie verwelkt. So ist es auch mit Bibel-Basteleien. Dass die Bibel mir als modernem Mann nicht immer gefällt, ist für mich kein Grund, sie wegzulegen. Nein, ich befrage sie. Ich frage die Bibel: Was sollen wir heute tun? Dabei suche ich nicht klare Anweisungen, sondern eine Orientierung; das ist ein Unterschied. Ich bin kein Fundamentalist. Ich glaube nicht, dass die Bibel zu jeder Frage eine exakte Antwort hat. Die Frage der frommen Leute: „Was würde Jesus tun?“, hilft mir nicht. Denn in den Evangelien finde ich einen Jesus, der Dinge tut und sagt, die nicht vorauszusehen sind. Wir können uns nicht einfach in Jesus hineinfühlen; dazu ist er zu groß. Für mich ist die Bibel kein Rezept-Buch für alle Fälle des Lebens. Aber sie ist eine Orientierung. Und die ist ja bitter nötig. Eine ganze Gesellschaft tritt auf der Stelle, ein Volk zerfleischt sich im Streit, es braucht offenkundig den anderen Weg. Etwas Neues. In Beziehungen aller Art, vor allem aber in den vielen Gemeinschaften, Gremien und Räten der Kirche erlebe ich immer wieder: Wir reagieren, denken, machen‘s wie alle anderen Leute auch. Nicht wie Christen. Ich bin überzeugt: Die Hl. Schrift könnte uns zeigen, dass es ganz andere Arten gibt, einen Konflikt zu lösen. Anders als die, die wir bei den Leuten lernen. Jesus ist z. B. nie hinterrücks und verschlagen, beleidigt schon gar nicht. Er ist einfach und offen. Er hat den Mut zu reden und die Weisheit, wichtig und unwichtig zu unterscheiden. Das können wir auch. In dem, was Jesus sagt, lerne ich, dass Gehorsam nicht immer eine widernatürliche Zumutung ist, gegen die ich mich sofort aufstellen muss. Ich kann einem Menschen oder einer Situation gehorchen, weil ich sehe, dass auch Jesus gehorcht: dem Vater im Himmel. Die Leute sagen mir: Wehre dich! Setz dich durch! Denk an dich! Und frag‘ immer: „Was werde die anderen denken?“ Bei den echten Christen lerne ich, eine Beleidigung nicht 40 Jahre lang nachzutragen, einmal einfach zu dienen statt mich durchzusetzen. Bei Christen lerne ich zu fragen: Was wird der Vater im Himmel von mir denken? Weil das doch wichtiger ist als das, was die Leute denken. Und noch eines: In der Bibel lerne ich, dass nicht alles in acht Tagen getan sein muss. Vieles muss nicht, vieles hat Zeit. So wie das Samenkorn Zeit hat zu wachsen; so wie die Dinge kommen und gehen, Gott aber bleibt. Das alles sind ganz einfache Dinge. Wenn ich nach solchen Regeln lebe, werden meine Begegnungen anders. Meine Konflikte auch. Warum kommen so viele Christen gar nicht auf die Idee, der Glaube könne tatsächlich etwas mit ihrem Alltagsleben zu tun haben? Die Geschichte vom König Salomo und der Königin von Saba hat sehr viel mit Ihrem Alltag zu tun. Der springende Punkt ist hier ja nicht das Mann-Frau-Ding. Viel wichtiger: Ein Mensch macht sich auf zu einem anderen Menschen. Ein Mensch unternimmt die Anstrengung, zu einem anderen zu gelangen. Der Bauer, der überzeugt ist, er sei ein besserer Mensch als der Regierungsbeamte in Berlin, der macht diese Anstrengung nicht. So ein Dorfkind bleibt auf seinem arroganten Vorurteil hocken. In dieser Geschichte ist es ganz anders: Ein Mensch stellt einem anderen Menschen Fragen. Zwei reden mit einander. Einer hört wirklich zu. Einer macht sich die echte Mühe, zu überlegen und eine Antwort zu geben, die dem anderen hilft. Und auch dies noch: Da sind Menschen, die staunen können übereinander. Einer kann einen anderen bewundern. Menschen beschenken einander. Und zwei Menschen verlieren sich nicht in einander, weil sie sich so toll finden, sondern zwei schauen gemeinsam auf Gott. In der Kirche, vor allem in den Gottesdiensten ist pausenlos die Rede vom Reich Gottes („Dein Reich komme“, beten Sie), vom „neuen Leben der Gnade“, das mit der Taufe beginnt; von der neuen Schöpfung, die mit Christus anhebt. Aber die Katholik*innen vertrauen nur den alten Methoden. Wie soll das gehen? Die neue Inquisition fragt: „Bist du konservativ oder modern?“ Was soll diese Frage vorwärtsbringen? Sie zementiert bloß die Mauer um ein Lager. Wie können Sie Salz der Erde sein, wenn Sie denken und handeln wie alle anderen auch? FÜRBITTEN Momente der Stille tun gut. Wir beten heute nach jeder Fürbitte einen Moment lang still. Gib uns die Kraft, auf andere zuzugehen, auch wenn wir sie komisch oder unsympathisch finden. Gib uns den Sinn für die richtige Frage im richtigen Moment. Wir beten um die Gabe der Bewunderung und des Staunens. Wir beten um Großzügigkeit in dem, was wir tun. Bewahre uns vor der Kleinlichkeit. Böse Gedanken: Unzucht, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier, Hinterlist… Heiliger Geist, reinige uns das Herz. Wir beten um Frieden. Wir beten um kluge und gerechte Politiker*innen. Wir beten für unsere Toten. Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors. Die Predigt zum Download finden Sie hier!Die Predigt zum Anhören
Predigt in Marktheidenfeld St.-Laurentius am 07. Februar 2024