Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Christmette und Christtag 2023

24/12/2023 


Die Predigt zum Anhören

Christmette und Christtag 2023
Predigt in Rettersheim St.-Ulrich am 24. Dezember 2023 und in Bischbrunn Heiligste-Dreifaltigkeit am 25. Dezember 2023


Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Was sind Sie? Der Entweder-oder-Typ oder der Sowohl-als-auch-Typ? [Pause] Derzeit sind die Entweder-oder-Leute in der Mehrzahl: schwarz oder weiß. So und nicht anders. Feind oder Freund, nichts dazwischen. Dabei sind wir recht besehen alle sowohl-als-auch. Wir machen alle Kompromisse, wir drücken alle mal ein Auge zu, wenn nicht bei den anderen, dann doch bei uns selbst.

Weihnachten ist nicht das Fest der Familie. Das hätten die bürgerlichen Parteien und manche Kirchenleute gerne, aber die Bibel gibt ’s nicht her. Oder finden Sie in den Evangelien Jesus, den Familien-Menschen? Sicher nicht. Wir feiern in dieser Nacht / heute /, dass Gott Mensch wird und doch Gott bleibt. Das Wort wird Fleisch. Geist wird Körper. Dieses Kind ist wahrer Gott und wahrer Mensch. Weihnachten ist das Fest des Sowohl-als-auch. Und so ist es richtig und ist es wichtig in dieser gespaltenen Welt.

Doch der Reihe nach. Wo beginnt Weihnachten? Nicht bei der Oma und ihren Plätzchen, nicht in der Kindheit, schon gar nicht bei der Weihnachtsfeier in der Firma. Weihnachten fängt an … bei Gott.

Die Zeiten, wo die Priester gern und viel von Gott gesprochen haben, sind lange vorbei. Inzwischen ist Gott den Priestern genauso lästig oder unheimlich oder langweilig wie allen anderen auch. Hören Sie gerne von Gott? Sprechen Sie mit Ihren Freunden über Gott? Die Leute sprechen über die Kirche oder über den Pfarrer. Aber Gott? Da schweigen alle. Außer ein paar aus der Spur gelaufenen Terroristen: „Gott will es!“ Gott will verschleierte Frauen und ausgerottete Juden und Trump als Präsidenten und die Reform der Kirche.

Wirklich?

Was Gott angeht, ist Schweigen ein guter Anfang. Es könnte gehen vom genierten, gelangweilten, bockigen Schweigen, vom müden, fertigen Schweigen dieser anstrengenden Tage hin zum guten Schweigen. Zum großen Sinken und Staunen. Zum Schweigen der Heiligen Nacht. Das Große Uff. Geschafft.

Oder halten Sie es für möglich, dass Josef und Maria die ganze Nacht durchgequatscht haben und das Kind – jenes Kind! – lag in der Ecke? Da wird also geschwiegen in dieser komplett durchgeknallten Welt, wo sich alle nur noch anschreien und einander zum Teufel wünschen.

Schweigen… – und Verstehen. In der Stille von Bethlehem wird etwas klar (oder ein wenig klarer, um vorsichtig zu sein). Das geht so: Wir stehen in dieser Welt – alle, oder? –, die irgendwie nicht besser werden will. Da stehen wir und fragen: Was tut Gott, der Allmächtige, wie die Priester sagen? Warum greift er nicht ein? Warum rettet Gott nicht? Nicht die Juden am 7. Oktober, nicht die Kinder in Gaza nach dem 7. Oktober? So fragen wir und werden immer ratloser, immer trauriger und immer wütender auf Gott.

Aber dann fällt unser Blick auf das Kind, das doch auch Gott ist und nicht allmächtig, sondern genau das Gegenteil: schwach. Da geht uns auf: Gott ist sowohl als auch. Gott ist weit. Allmächtig und ohnmächtig. Stark und schwach. Einzig und dreifaltig. Sterblich und ewig. Gott ist ganz nah und ganz fern. Er hilft, aber ganz anders als wir wollen. Gott ist wie eine Frau. Und wie ein Mann. Gott ist Geist: weder-noch, sowohl-als-auch.

Und plötzlich ist alles weit. Viel größer. Das tut gut, dass es etwas gibt, das nicht eng ist, nicht ängstlich, nicht rechthaberisch. Es ist wie ein Aufatmen.

Sie werden vielleicht sagen: Einen schwachen Gott braucht kein Mensch. Wirklich nicht?

In einer Welt, in der sich alle aufmanteln (inzwischen nicht nur die Männer, sondern auch die Frauen), da ist ein Starker, der schwach ist, vielleicht die Rettung. Wie sähe die Welt aus, wenn Putin und Netanjahu den Mut hätten, schwach zu sein?

Oder Sie sagen: Einen allmächtigen Gott glaubt kein Mensch. Da gebe ich Ihnen Recht, beinahe. Und sage Ihnen: Ändern Sie das. Ändern Sie Ihren Glauben. Wenn Weihnachten bedeutet: ein Gott schwach wie ein Baby, dann muss ich Gott nicht mehr anklagen, weil er meine Welt nicht in Ordnung bringt. Wenn ich gleichzeitig weiß, dass dieses Kind der Sohn Gottes ist, „Starker Gott, Friedensfürst“, dann habe ich Hoffnung: Egal, wie die Menschen sich aufführen, sie werden nicht das letzte Wort haben. Der Schwache ist stärker.

Liebe Schwestern, liebe Brüder, liebe NN: Sie sind schon seltsam. Sie haben Sorgen und Angst (wer nicht in dieser Zeit?). Sie suchen irgendeinen Trost und sei ’s nur ein Glas Glühwein mit Freunden. Sie stecken im Entweder-oder, denn in dieser Welt kann man vieles nicht gleichzeitig haben. Klima-Schutz und Wochenendtrip mit dem Flieger. Sie fahren in Länder, die Sie nicht kennen, Sie gehen berufliche Risiken ein, Sie sind bereit zu flirten und sich zu verlieben, Sie setzen Kinder in die Welt, ohne zu wissen, was aus denen werden wird, Sie beginnen einen neuen Sport und melden sich zum Wettkampf an. Kurz, Sie wagen immer wieder Neues. Aber Ihr Gott, der muss bleiben wie er ist. So, wie Sie meinen, dass Gott sein muss.

Weihnachten zeigt Ihnen einen Gott von Stärke bis Schwäche. Sowohl als auch. Logisch denken kann man das nicht, aber man ahnt: Es stimmt. Man ahnt einen Gott, der weit, weit weg ist und ganz nah: in jedem einzelnen Menschen. Alles ist, wie es ist, und zugleich ist es ganz anders. Die Dinge sind wie immer, aber an Weihnachten leuchten sie wie aus Gold. Das Leben ist nicht entweder-oder, die Kirche ist nicht konservativ oder progressiv, der Mann ist nicht nur tough.

Wenn wir Gott nicht fassen können, weil er so weit ist, werden wir selber weit. Und das brauchen Sie: Weite. Ein weites Herz. Frohe Weihnachten!

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

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