Fest des hl. Athanaisius, 2. Mai 2022
Fest des hl. Athanaisius, 2. Mai 2022 Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Über Geschmack lässt sich nicht streiten: allgemeiner Konsens. – Ich finde, dass man sehr wohl über Geschmack streiten kann. Über Glauben lässt sich auch nicht streiten, ebenfalls Konsens. Und warum lässt sich über den Glauben nicht streiten? Antwort der Leute: Weil jeder glauben kann, was er will. Weil es die Wahrheit nicht gibt. Allenfalls viele verschiedene „Wahrheiten“. Wir feiern heute einen gewaltigen Streiter. Athanasius, den Bischof von Alexandria in Ägypten, gestorben am 2. Mai 373. Kirchenlehrer. Athanasius der Große. Ein Heiliger, der streitet und streitet und streitet und leidet, ein Leben lang. Immer geht es um die eine Frage: Wer ist Jesus Christus? Für die meisten Leute bedeutet Glaube nichts als eine Option, eine mögliche Meinung. Wer glaubt, hält etwas für wahr: Mehr ist da nicht. Der eine hält Kühe für heilig, der andere Maria, die Jungfrau. Jeder Glaube verdient Respekt. Jeder Glaube ist frei. – Nun, nicht ganz. Menschenopfer etwa sind in Österreich verboten. Die Behörden würden Azteken an der Ausübung ihres Glaubens hindern. Viele meinen ja auch, die Behörden sollten den Juden die Beschneidung der Knaben verbieten. Auf der Ebene von Recht, Gesellschaft, Gesetz, Staat ist also keineswegs jede Option gleich gut. Ja, aber denken darf man doch, was man will! Und im Internet sagen, was man will. Dass man Familien, die auswandern wollen, im Meer ersäufen sollte. Dass die Ukraine sich jetzt doch endlich ergeben sollte. Darf man wirklich alles sagen? Menschen wie Athanasius sind überzeugt, dass es die eine Wahrheit gibt und wir sie finden können. Dass nicht das eine wahr sein kann und gleichzeitig das andere. Als Kind hatte er noch die Christenverfolgung erlebt, „die ihn hart und unnachgiebig werden ließ“, schreibt das „Ökumenische Heiligenlexikon“ missbilligend. Athanasius wurde, je nach Zählung, fünf oder sogar siebenmal in die Verbannung geschickt, einmal sogar bis ins neblige Trier. Wo er war, war Kirchenstreit und große Politik. Die Kaiser gegen den Bischof. Streit ist noch immer. Und nichts ist gewonnen, wenn man Streit nicht Streit nennt. Natürlich wird beim „Synodalen Weg“ gestritten. Um die Frage: Bleiben wir bei der Kirche der Heiligen oder schaffen wir eine neue Kirche? Die Frage: wer ist Jesus Christus? wird noch immer gestellt. Manchmal, wenn man die Leute reden hört, denkt man, Arius habe gesiegt. Die Leute sagen: „Jesus… toller Typ. Aber göttlich??“ Es stehen sich zwei Positionen gegenüber. Unversöhnbar. Auf der eine Seite die Arianer. Sie leugnen, mit allen möglichen Subtilitäten, die Göttlichkeit Jesu. Um die Einzigkeit Gottes nicht zu beschädigen, machen sie aus Jesus ein Geschöpf. Auf der anderen Seite die, die bekennen: „Gezeugt, nicht geschaffen!“ Athanasius lehrt: Ein Geschöpf kann nicht die Schöpfung erlösen. Jesus, der Retter der Welt und aller Menschen, kann nicht nur ein Geschöpf sein. Er ist: wahrer Gott und wahrer Mensch. Die berühmte Formel des Konzils von Chalcedon 451. Ich will, dass schon die Kommunionkinder sie im Schlaf aufsagen können! Und nun? Aha? Zucken Sie die Achseln und gehen weiter in Ihren Tag? Für mich fällt das Fest des hl. Athanasius in eine Zeit, in der ich mich mehr und mehr frage: Was ist der Glaube wirklich? Der Glaube muss doch mehr sein als eine Kopfgeschichte, mehr als intellektuelle Diskussion und Meinungsstreit. Es kommt mir drängend die Ahnung, dass ich den Heiligen, den Kirchenlehrern, der Hl. Schrift, Gott selbst fernbleibe, fremd bleibe, wenn ich meinen Glauben beschränke auf Ideen und gute Taten. Und in dieser Situation finde ich ein Wort des hl. Athanasius, das mich weitertreibt. Er schreibt sinngemäß: „So muss der, welcher die Gedanken der Gottesgelehrten verstehen will, seine Seele reinigen, damit er das verstehe, was den Heiligen von Gott geoffenbart worden ist.“ Kurz: Lebenswandel und Glauben gehören zusammen. Nicht das bloße Denken, Lesen, Studieren, Meinen, Diskutieren. Sondern Glaube und Gebet. Noch kürzer gesagt: Wir müssen im Stand der Gnade sein, um zu verstehen. Die Sünde macht dumm. Konkret also: Prüfung, Reue, Umkehr, Beichte. Sakramente. Gnade. – Vielleicht erklärt das die Krise der Kirche: Dass alle ihre Seele heraushalten aus dem Streit. Argumente, Strategien, Synoden, – aber keine innere Bekehrung. Reform ohne Gnade. Im Glauben geht es nicht nur um Meinungen, Optionen, Inhalte. Glaube geht tiefer. Hinein ins göttliche Leben selbst. Warum verweigern wir das? Weil wir Einsicht, Reue und Umkehr scheuen? Ohne sie keine Gnade. Ohne Gnade kein Glaube. Oder nur wenig Glaube. Ohne Glaube kein Verstehen. Ohne Glaube kein Zugang zu Gott. Keine Einheit von Gott und Mensch. In der heutigen Lesung heißt es: „Wer sonst besiegt die Welt außer dem, der glaubt, dass Jesus der Sohn Gottes ist.“ Meinen Sie, da gehe es nur um den Sieg in kirchenpolitischen Auseinandersetzungen? Und das Innere, die Seele könnten außen vor bleiben? Im Hebräerbrief heißt es: „Ohne Glauben ist es unmöglich, Gott zu gefallen. Denn wer zu Gott kommen will, muss glauben, dass er ist und dass er denen, die ihn suchen, ihren Lohn geben wird.“ Der Gedanke, wir könnten Gott gefallen, indem wir richtig von ihm denken und mehr nicht, ist absurd. Glaube, der nicht mit Liebe verbunden ist, ist Müll. Sie haben vorhin das Tagesgebet des Festes gehört (und mitgebetet). Da heißt es: „Hilf uns, an der Botschaft festzuhalten, die er verkündet hat und gib, dass wir unter seinem Schutz dich tiefer erkennen und inniger lieben.“ Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. 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