Montag der dritten Adventwoche, 13. Dezember 2021
Montag der dritten Adventwoche, 13. Dezember 2021 Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes „Was habt ihr denn sehen wollen, als ihr in die Wüste hinausgegangen seid?“ Anders gefragt: „Wozu werdet Ihr denn Weihnachten feiern?“ Es ist ja keineswegs klar, warum genau die Menschen, also Sie Weihnachten feiern. Weil die Oma es will? Weil es nun mal so ist? Weil es – jetzt sind wir bei den Kindern – Geschenke gibt? Bringt das Christkind Geschenke? Ist das Jesuskind dazu da, Gameboy und Barbiepuppen zu bringen? Und warum gibt es Weihnachtsfeiern, eine der Fragen, die mich schon mein Leben lang umtreiben. Weihnachtsfeiern gibt es doch offenkundig nicht, weil sich die Chefin und ihr Assistent über die Geburt Christi freuen. „Was habt ihr denn sehen wollen, als ihr hinausgegangen seid?“ – „Wozu werdet Ihr Weihnachten feiern?“ Was die Konvention antwortet, weiß jeder: „Fest des Friedens“, „Fest der Familie“, so was halt. Sehr katholisch ist das nicht. Was sagt der Glaube? Steht im Katechismus. Und was sagt das Herz? Ihr Herz? „Warum feierst du Weihnachten?“ Vielleicht hören Sie diese leise Frage nächste Woche wirklich, spät in der Heiligen Nacht, wenn alle fort sind und Sie mit einem letzten Whisky dasitzen beim Christbaum und beim Geschenkpapier. Wird das bei Ihnen gebügelt oder weggeworfen? „Warum feierst du Weihnachten?“ Klarkriegen. Klarkriegen, warum ich etwas tue, warum Sie tun, was Sie tun. Ich bin beinahe besessen von dieser Idee. Sie vielleicht nicht. Wie kommt das? Aber ist diese Klarheit nicht nur was für Privilegierte? Vielleicht braucht es einen gewissen Wohlstand, etwas Sicherheit und ein warmes Zimmer in Reichweite, um über das Wozu und das Warum nachdenken zu können. Wie kommt ein Priester dazu, den anderen zu sagen: Ihr müsst nachdenken, ihr müsst wissen, wozu. Vielleicht sagt mir jemand: „Lass die Leute leben wie sie leben. Lass ihnen wenigstens den Stolz.“ Ist ein dumpfes, besoffenes Weihnachtsfest nicht auch ein Recht? Schwierig. Wenn es hier doch aber auch um Malteser-Ritter geht und um ihren Patron, dann ist es gar nicht mehr schwierig. Dann muss gefragt und hingesehen werden. Das Evangelium beginnt mit Fragen. Ich kann sie nicht abtun, denn Christus stellt sie. Doch nach einer unnachgiebigen Reihe von Fragen kommt Christus zu einem Menschen. Seine Fragen haben einen ganz bestimmten Menschen umkreist: den Täufer. Kein Schilfrohr. Keiner, der schwankt. Kein Mann in feiner Kleidung. Ganz bestimmt kein Mann in violetten Strümpfen. Ein Prophet? Mehr als das: der Bote. „Unter allen Menschen gibt es keinen größeren als Johannes.“ Da wird die Frage der Größe so anders beantwortet als bei uns. Sie hier denken viel über Größe nach, gerade weil Sie mitten in der Welt stehen. Der Mönch, der schweigt und sich verbirgt (anstatt auf jedem Titelblatt prangen zu wollen), eine Karmeliterin, die sich verschleiert, statt die Gleichberechtigung der Weihe zu fordern, die haben diese Frage nach Größe fast nicht mehr. Wir schlagen uns weiter mit ihr herum: Wer ist besser? Wer ist größer? „Unter allen Menschen gibt es keinen größeren als Johannes.“ Es gibt – mit diesem Evangelium vor mir traue ich mich, das zu behaupten – es gibt zwei Grundfragen: Wozu? Und: Wer? Sie sollten sie beantworten können. Ich weiß, das klingt pedantisch und pfarrerhaft. Aber schließlich bin ich ja ein Pfarrer, und die Zeit drängt. Wozu tue ich, was ich tue? Wer bin ich in Wahrheit? Wer ist mein Vorbild? Wer diese Fragen beantworten kann, ist von so vielen anderen, blöden Fragen befreit. Das ist in Zeiten wie diesen, in dieser Epoche der dummen Fragen doch ein großer Gewinn! Denn wir laufen ja alle Gefahr, ein Leben lang neben dem wahren Leben, dem wirklich eigenen Leben zu laufen. Neben der Spur. Es reicht, dass Jesus seine Fragen stellt und auf Johannes zeigt (wie Johannes auf ihn zeigt) und die Spur wird klar. Stellen Sie sich. Nicht dem Konkurrenzkampf. Der interessiert hier nicht. Stellen Sie sich dem, der fragt. Der nach Ihnen ruft. Christus ruft ja keine Struktur, keine Konvention, kein Ideal, kein Abziehbild, sondern den Menschen. Und übrigens: Das Christkind bringt keinen Gameboy und keinen Whisky. Es bringt Glaube, Liebe und Hoffnung. Die Antwort stammt nicht von mir, sondern von einem Kommunionkind. Vielleicht können wir Erwachsene ja einpacken, an Weihnachten. Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors. Die Predigt zum Download finden Sie hier!Die Predigt zum Anhören
(Lesungen vom Donnerstag derselben Woche)