Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Fest der hl. Apostel Philippus und Jakobus, 3. Mai 2021

03/05/2021 


Die Predigt zum Anhören

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

„Oder habt ihr den Glauben vielleicht unüberlegt angenommen?“ – Äh… ja. Als ich als Bub das erste Mal vor der Monstranz kniete, was war da überlegt? Noch nicht einmal der Entschluss, in die Kirche zu gehen. „Um zwei ist Andacht!“ Diese einfache Feststellung aus elterlichem Mund genügte, und man ging in die Andacht. Dass vor der Monstranz das Staunen beginnen würde, konnte niemand ahnen. Von den Firmlingen, die ich seit bald zwanzig Jahren auf das Sakrament vorbereite, denen ich immer und immer wieder sage: überlegt, was ihr tut, kennt euch aus, war da auch nur einer, der den Glauben überlegt angenommen hat? Keiner. Wissen die, die in der Kirche heiraten, die, die beichten gehen, die, die Kommunion empfangen, wissen die, was sie tun? Wenige.

Man kann jahrelang, ein Leben lang in die Kirche gehen, Predigten hören, die Kinder katholisch erziehen, sogar beten, ohne den Glauben überlegt anzunehmen. Genau das tut man eben nicht: überlegen. Man tut irgendwie. Das ist geradezu die Existenzbedingung der sichtbaren Kirche: dass, bitte!, niemand allzu viel überlege.

Und dann trifft man jemanden, der genau das macht, was Paulus anspricht, einen Menschen, der weiß, was er tut. Wie das kommt, ist rätselhaft. Woher kommt jener Moment, in dem Du anfängst zu überlegen? Wo du anfängst, die Wahrheit wirklich zu erkennen, zu merken, wie sich eines ins andere fügt? Das ist jener Moment, in dem Du erkennst, wie schwach dein Glaube ist. – Die so genannten guten Katholiken erkennen genau das nie: dass ihr Glaube schwach ist. Das ist jener Moment, in dem Du auch erkennst, wie unfassbar stark und richtig der Glaube selbst ist. Ich schwach, der Glaube stark: So ist alles gut. Das ist jener Moment, wo du anfängst ernst zu machen – und dabei dennoch leicht bleibst und ruhig. Woher kommt der? Warum kommt er dem einen und dem anderen nicht? Ich habe keine Ahnung.

Da bist du nun ein Mensch geworden, der den Glauben überlegt angenommen hat. Die anderen spüren das. Und erschrecken. So war nicht gewettet. Unser Sohn will ins Kloster gehen: Das war nicht gemeint, als wir ihn am Sonntag in die Kirche schickten. Unsere Verwandte wird ruhig und ernst und still und dabei auch noch froh. Die spinnt doch. Will sie am Ende, dass wir auch so werden?

Das ist ja die große Frage, die jeder wirklich Gläubige seiner Umwelt aufgibt: Müsste ich nicht gerade so glauben? Müsste ich nicht auch ernst machen und den Glauben überlegt annehmen? Da aber kommt schon die nächste Frage: Was wird dann aus mir? Was wird aus mir, wenn ich wirklich glaube, wenn ich das ernst nehme, wenn ich Gott begegne? Diese Frage muss sich die Katholikin, die einfach artig in die Messe geht, nie stellen. Sie ist ja schon katholisch. Perfekt.

Wer wirklich glaubt, verunsichert die anderen. Und dann nehmen sie diesen Menschen, der wirklich glaubt, und packen ihn in die Schachtel. Auf der steht: „Fanatiker“ Oder „Bigotte“ Oder „Fundamentalisten“. Dann machen sie die Schachtel zu und haben wieder ihre Ruhe. – Ihnen ist doch klar, dass die größte, die vehementeste, die gefährlichste Opposition gegen Jesus von den frommen Leuten kam, nicht von den Atheisten?

Die beiden Apostel, die wir heute feiern, Philipp und Jakob, meinen Sie, die wussten, auf was sie sich einließen, als sie das erste Mal in die Nähe Jesu kamen? Ganz sicher nicht. Sie waren vielleicht nur neugierig. Oder ihnen war fad. Es war nichts los. Mal schauen. Oder jemand nahm sie mit in die Kirche, wo der Typ reden würde, von dem alle sprachen. Und als die beiden zwei, drei Jahre lang mit Jesus durchs Land zogen, meinen Sie, da war hinter jedem Moment eine Entscheidung? Ganz sicher nicht. „Schon so lange bin ich bei euch, und du hast mich nicht erkannt, Philippus?“

Irgendwann aber – und keiner kennt den Moment genau – irgendwann stand für diese beiden Männer fest: Ja, ich glaube. Es ist ernst. Und da hörte das Lernen nicht auf, sondern ging erst richtig los. – Wissen die Katholiken, die uns den Glauben übelnehmen, die uns sagen: Sei nicht so ernst, mach mal halblang, du spinnst doch, wissen die, dass wir erst beginnen? Dass wir ganz vorsichtig Schritt vor Schritt setzen? Die, die den Glauben wirklich ernst nehmen, werden nicht laut. Die werden leise.

Dieser Tage wurde in der Messe die Geschichte vom Apostel Philippus und dem Kämmerer der äthiopischen Königin erzählt. Vielleicht erinnern sie sich. Fällt Ihnen dabei etwas auf? Philippus ist allein. Als er den Hofbeamten trifft und ihn dann tauft, ist der Apostel allein. Wer sich für den Glauben entscheidet, wird einsam. Zuerst einmal. Seine eigenen Leute verstehen ihn nicht mehr. Dann aber findet er die neue Gemeinschaft. Das sind die Frauen und Männer, für die gilt: „Ihr habt es angenommen“, das Evangelium. Wer den Glauben annimmt, ganz ruhig und überlegt, der findet die anderen. Sie sind da. Hier, dort, heute, damals. Sie haben Namen. Philippus. Oder Jakobus. Wir mögen fremd werden in unserer Familie oder in der Gesellschaft und sogar in der Kirche. Aber die Heiligen nehmen uns auf.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

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