Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Vierter Adventsonntag, 20. Dezember 2020

20/12/2020 


Die Predigt zum Anhören

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Hl. Geistes

Da ist jetzt eine ganze Menge von Leuten, die sich super auskennen. Die viele Argumente haben. Die sehr überzeugt sind und sehr empört. Wütend. Sie sind wütend, weil sie sicher sind: Da ist eine riesige Sauerei im Gang. Industrie, Medien, Politiker, alle unter einer Decke. Sie sind wütend, aber sie sind nicht erschreckt.

Maria ist nicht wütend; sie ist erschrocken. „Sie erschrak über die Anrede und überlegte, was dieser Gruß zu bedeuten habe,“ der Gruß des Engels. Und Sie? Sie erschrecken nicht vor Engeln, Sie erschrecken vor Viren. Sie glauben nicht an Engel, oder? Sie halten Engel eher für Bilder, Gipsfiguren.

Damit wir Menschen erschrecken, braucht es als Erstes die Überraschung, das Unerwartete. Keiner erschrickt, weil die Sonne im Osten aufgeht, denn das tut sie ja jeden Tag, sogar bei Nebel. Es braucht zweitens, damit wir erschrecken, das Große. Groß ist das, womit der Verstand nicht gleich fertig wird. Der Verstand würde einem sagen: „Aha, ein Nagetier, das Futter sucht.“ Bei der Panik vor einer Maus geht es aber nicht um den ruhigen Verstand, sondern um die Fantasie.

Für die meisten passen Erschrecken und Religion nicht zusammen. Die meisten wundern sich über eine Lehre oder erschrecken über manche Gläubige, aber keiner liest das Glaubensbekenntnis oder das Evangelium und erschrickt darüber. Für die meisten ist die Religion weder groß noch überraschend. Religion ist nichts Großes. Die Pandemie ist etwas Großes; da erschrickt man. Ich glaube, das liegt daran, dass der Religion Gott fehlt. Es gibt Religion ohne Gott.

Über Gott erschrickt man. Nicht wie im Horrorfilm; aber wie vor dem Matterhorn. Denn Gott ist groß und unerwartet und lebendig. Man kann sich an Gott nicht gewöhnen.

Wozu dient es, dass Maria erschrickt? Damit sie aufwacht? Erschrickt der Mensch, damit er spürt: Jetzt wird’s ernst? Maria, Joseph, die Apostel, alles fromme Leute, rechtschaffene Kirchgänger wie Sie, und dann plötzlich tut es einen Schlag: Gott will etwas. Genau von Joseph. Genau von Maria. Genau von Andreas und seinem Bruder Petrus. Ein Mensch wird zu einer Aufgabe berufen. Maria zum Beispiel soll ja nicht nur ein Kind zur Welt bringen; sie ist keine heilige Gebärmaschine. Nach all den männlichen Propheten des Alten Testamentes, den Jeremias, Isaias, Ezechiel, Amos, wird jetzt eine Frau Prophetin. „Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter… Er vollbringt mit seinem Arm machtvolle Taten.“ Das Magnificat, das alle Diakone, Priester, Bischöfe, Klöster und viele Laien jeden Abend als Abendgebet beten, ist die Prophetie der Jungfrau Maria. Für die im übertragenen Sinn gilt, was auch für die Propheten des Alten Bundes galt. Es steht in der ersten Lesung (2 Sam 7): „Ich habe dich von der Weide und der Herde weggeholt.“ Gott holt einen Menschen aus der Routine, aus dem Vertrauten heraus. Da erschrickt der Mensch. – Die Seuche holt uns aus dem Vertrauten heraus. Jetzt erschrecken Sie. Vielleicht aber ist da ein Auftrag?

Soll die Kirche also die Leute erschrecken? Wie eine Geisterbahn? Für Schrecken und Angst ist die Kirche nicht da. Aber für eine innere Offenheit und für einen Lebensernst. Die Kirche ist dazu da, den Menschen zu sagen: Macht nicht zu. Verlasst euch nicht auf die Routine. Weder Verhärtung noch Leichtsinn.

Maria erschrickt, aber sie verliert nicht den Kopf. Wer nicht den Kopf verliert, hat schon gewonnen. Und wie geht das, nicht den Kopf verlieren? Ist das nur für die besonders Coolen und die besonders Schlauen? Nein, es ist für die, die ganz fest an dieses Wort Gottes glauben: „Und ich bin überall mit dir gewesen, wohin du auch gegangen bist.“

Gott ist überall mit mir, wohin ich auch gehe: Wer das glaubt, verliert nicht den Kopf.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

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