14. Sonntag im Jahreskreis (A), 4. / 5. Juli 2020
14. Sonntag im Jahreskreis (A), 4. / 5. Juli 2020 Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Hl. Geistes Also nur noch Gemüse. „Unsere Verpflichtung gilt nicht dem Fleisch, so dass wir nach dem Fleisch leben müssten. Wenn ihr nach dem Fleisch lebt, werdet ihr sterben.“ – Die katholische Kirche endlich für die Tierschützer*Innen und gegen die Besitzer*Innen von Schlachthöfen! Ich habe keine Ahnung, wie Paulus sich ernährt hat. Ich weiß nur, es geht nicht um Schwein oder Rind, wenn in seinen Briefen von Fleisch die Rede ist. Fleisch bedeutet bei Paulus: die Welt (muss man nicht verstehen, ist aber so). Fleisch ist für ihn alles, was gegen den Geist Gottes ist. Welt und Gott, darum geht es. Mit Ernährung hat die Lesung also gar nichts zu tun, auch nicht mit Leibfeindlichkeit oder Sexual-Moral. Der Akademiker-Stammtisch täuscht sich wie so oft. Aber mit Welt-Feindlichkeit hat die Lesung zu tun. Oder, wenn Ihnen das zu hart ist, mit Welt-Kritik. Welt gegen Gott, könnte man sagen. Alle Religionen stehen der Welt kritisch gegenüber. Deswegen machen alle Religionen früher oder später Schwierigkeiten. Die Welt soll möglichst ungestört funktionieren: Das wünschen sich Politiker genauso wie Geschäftsleute. Und dann kommt die Religion und macht Probleme. Sie spricht von Moral, von Gerechtigkeit, vom Jenseits, – und es kracht. Hier gilt der alte Spruch: „Wer die Hitze nicht aushalten kann, soll aus der Küche gehen.“ Eine Religion, die die Welt nicht stört, ist ein Unding. Die Schwierigkeiten zwischen Religion und Welt sind aber nur eine Begleiterscheinung. Das Erste, Wesentliche ist: Glaube bedeutet Öffnung. Eine Welt ohne Glauben ist eine geschlossene Welt. Zu. Der Glaube schließt nicht ab, wie viele meinen, er öffnet. Auch die Hoffnung macht auf. Die Liebe erst recht. Sachzwänge schließen, alternativlose Politik auch; Verschwörungstheorien schließen und Konventionen auch. Der Glaube öffnet. Es geht also um Freiheit gegen Gefangenschaft. Um frische Luft. Ich glaube. Also stimme ich der Öffnung zu; ich mache meine Welt auf nach oben und auch zu meinen Seiten. Das fällt mir nicht leicht. Die Beweglichkeit und Offenheit der Welt von heute strengen mich an. Mit jemandem in Indien via Internet zusammenzuarbeiten, ist mir eher unheimlich als eine Freude. Instinktiv wünsche ich mir eine geschlossene Kirche, Geborgenheit, Bekanntes, Altvertrautes, Eindeutiges… Dann aber öffne ich das Messbuch und finde darin Worte wie die von eben: „Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde…“ Jesus öffnet diese Welt auf Gott hin, auf den Vater. Diese Welt, die Paulus „Fleisch“ nennt. Paulus, der auch sagt: „Ihr seid nicht vom Fleisch bestimmt, sondern vom Geist. Da ja der Geist Gottes in euch wohnt“, seit eurer Taufe. Können Sie sich vorstellen, dass der Heilige Geist abschließt? Mauern baut? Die Begegnung mit der Hl. Schrift zeigt mir: Ich soll vor einer geöffneten Welt keine Angst haben. Die Welt des Ungläubigen endet bei dem, was er sehen und berechnen kann; der Gläubige hingegen tut die Welt auf. – Hier hat der Gedanke seinen Ursprung, der mich beunruhigt wie kaum ein anderer: Die meisten derer, die in Kirche gehen, glauben nicht wirklich. Weil sie sich weder für Gott öffnen noch für den Nächsten. Der Glaube verändert in ihrem Leben gar nichts. Sie verzeihen nicht, sie probieren nichts Neues aus, sie sind zu, geschlossen. „Wenn ihr nach dem Fleisch lebt, werdet ihr sterben.“ Ein Leben nur nach den Regeln dieser Welt tötet: Das will Paulus sagen. Er hat Recht. Sie sehen doch selbst: Wer sich sein Leben lang den Regeln der Leute ohne Gott beugt, der wird sicher nicht lebendiger. Sein Leben wird immer enger, sein Körper wird immer älter, und dann ist der Tod nur noch die letzte Bankrotterklärung. Das Große Aus. Geist müde, Herz kalt, Leben eng, immer weniger Mensch: So erleben wir es um uns herum. Das kann nicht das sein, was Christus wollte und Paulus predigte! Wir sind doch nicht gezwungen, uns rein menschlichen Verhältnissen unterzuordnen! Da ist ein Spielraum. Der Glaube an Christus gibt uns mehr Spielraum. – Ist Ihr Leben ärmer geworden, enger, seitdem Sie hierherkommen? „Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid.“ Als Jesus das sagt, hat er eine Welt vor Augen, die eine Plage ist. Eine Welt, die eingeengt wird von Sklavenarbeit, Ängsten, Krankheiten, Ungerechtigkeiten… Diese Welt gibt es; wer wollte Jesus da widersprechen? Die Mühseligen und Geplagten, das sind die Allereingeengtesten. Die sich nach Befreiung sehnen. Ihre Plage macht sie offen. Und da kommt der Herr, schaut sie an und sagt ihnen. „Ich werde euch ausruhen lassen. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir… mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht.“ Ich höre das und werde skeptisch. In dieser Welt gibt es kein einziges leichtes Joch (Job, Biologie, Drogen). Was soll das Joch Jesu leicht machen? Sie wissen: Jesus macht keine super Politik, wirft kein Geld unter die Leute, erlaubt nicht alles, was wir uns wünschen, heilt nicht alle. Was bietet Jesus den Geplagten in der Enge an? – Die Erkenntnis Gottes! „Niemand kennt den Vater, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will.“ Jetzt verstehen Sie: Indem Jesus uns den Vater zeigt, macht er unsere Welt weit auf. Wir können wieder Luft holen. Aufatmen. Geist einatmen. Das Joch wird leicht. Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors. Die Predigt zum Download finden Sie hier!Die Predigt zum Anhören