Pfingstmontag 2020 – „Was will uns Gott mit der Krise sagen?“
Pfingstmontag 2020 – „Was will uns Gott mit der Krise sagen?“ Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Der Heilige Geist kommt, und sie wissen, was zu tun ist: Sie gehen hinaus. „Was will uns Gott mit dieser Krise sagen?“, fragt mich ein frommer Mensch in Corona-Zeiten. Woher soll ich das wissen? Denn das ist ja das Erste: Ich bin ein Mensch. Ich bin etwas anderes als Gott. Sehr, sehr, sehr anders. Ich bin begrenzt, in so vieler Weise. Durch meine Lebenszeit, durch meinen Verstand, durch meine Herkunft, durch das, was ich getan habe wie durch das, was ich nicht getan habe. Ich bin begrenzt, und Gott ist grenzenlos. Unendlich. Und deswegen gilt zuallererst: Ich weiß nichts von Gott. Auch nicht, was er uns mit der Krise sagen will. Gott kann etwas sagen, er muss es aber nicht. Gott kann schweigen. – Wissen die das, die diese Frage stellen: „Was will uns Gott mit der Krise sagen?“ Wissen die, dass Gott auch schweigen kann? Dass Gott sich verbergen kann? Warum muss man diese Frage überhaupt stellen? Warum wollen wir immer noch mehr, sogar in Glaubensdingen? Wir haben, was wir brauchen, um das Richtige zu tun. Was wir wissen müssen, das wissen wir. Wir haben die Zehn Gebote und, noch viel wichtiger, die Worte Jesu. Wir haben die Tradition und die Lehre der Kirche. Und unsere Vernunft. Und das Gewissen. Das reicht! – „Seid demütig, friedfertig und geduldig, ertragt einander in Liebe.“ Das steht in der zweiten Lesung des Pfingstmontags (Eph 4). Ein Beispiel von so vielen. Uns ist längst gesagt, was wir tun müssen. „Es kommt die Stunde, da jeder, der euch tötet, meint, Gott einen heiligen Dienst zu leisten“, sagt Jesus. Menschen meinen. Doch das ist nicht das Problem. Das Problem ist, dass Menschen ihre Meinung absolut setzen. 80 Prozent aller religiös motivierten Gewalt weltweit richtet sich gegen Christen (DIE ZEIT, 28. Mai 2020, p. 11). Das geschieht, weil Menschen meinen, sie wüssten, was Gott ihnen sagt: „Tötet Christen!“ Wir haben die Worte Jesu und die Lehre der Kirche. Leuten, die über das hinaus genau wissen, was Gott will, solchen Leuten misstraue ich zutiefst. Jesus irrt sich nicht. Die heilige Kirche irrt sich nicht. Aber wer garantiert mir, dass diese Leute sich nicht irren? Dass sie nicht ihre eigenen Ideen für den Willen Gottes halten? Haben die ihren Verstand und ihr Herz geläutert, bevor sie uns sagen, was Gott in dieser Zeit will? – Es ist ein so langer und schwerer Weg, den Verstand und das Herz zu läutern. „Was will Gott uns sagen?“ – Sobald einer diese Frage beantwortet, wird es schwierig. Denn jede Antwort bedeutet: Wir wissen Bescheid. Wir wissen mehr als andere. Und schon stehen wir im Konkurrenzkampf. Wir stehen sogar im Zwist mit uns selbst. Päpste, Bischöfe, Prediger, Väter, Lehrer, Mütter, Oberinnen haben den Menschen so oft gesagt: Gott will das und das. Gott will, dass Frauen Röcke tragen. Gott will, dass wir dem Führer gehorchen. Und plötzlich sagen sie das Gegenteil: Warum sollten Frauen keine Hosen tragen? Der Führer, dem man gerade noch gehorchen musste, ist jetzt ein Verbrecher. Und keiner sagt: Wir haben uns geirrt; wir hätten einfach die Klappe halten sollen. Verstehen Sie mich recht. Ich bin überzeugt, dass die Geschichte der Welt einem Plan folgt. Dass sie nicht absurd ist. Ich glaube, dass es einen Sinn gibt. Aber es könnte doch sein, dass dieser Sinn zuerst einmal zu groß für uns ist. Dass wir ihn nicht gleich kennen. Wer will sich hinstellen und den anderen sagen, was der Sinn der Geschichte war? Ich kann Ihnen noch nicht einmal sagen, was der Sinn Ihrer Krankheit war oder der Sinn des Tages, an dem Sie verlassen wurden. Ich kann Ihnen verschiedene mögliche Deutungen zeigen, mehr nicht. Wir tasten uns alle durchs Dunkel. Gott hat sich geäußert. Er hat tatsächlich gesprochen. Wir nennen das „Offenbarung“. Dass Gott gesprochen hat, heißt nicht, dass er ständig etwas sagt, wieder etwas sagen wird oder dass Er immer zu verstehen ist, auf gleiche Weise, von allen. – Wir beten alle: „Dein Wille geschehe – wie im Himmel, so auch auf Erden.“ Davon, dass wir diesen Willen kennen müssen, ist keine Rede. Er soll geschehen, ganz egal ob wir ihn kennen, verstehen oder nicht: Darum beten wir. Wenn Sie wirklich einen Pfad durch die Geschichte finden wollen, wenn es um einen Auftrag in Ihrem Leben geht oder eine Berufung, wenn Sie fragen: Soll ich diese Frau heiraten? Soll ich diesen Beruf erlernen, dann gibt es ein paar Signale. Mehr nicht. Lebendigkeit, Fruchtbarkeit, Gleichklang mit Jesus und den Heiligen: Das sind Anzeichen für das Wirken des Heiligen Geistes. Wo das Leben aber abnimmt, unfruchtbar wird, nichts Gutes zeugt, wo es im hartnäckigen Widerspruch steht zum Leben Jesu: Da ist der Heilige Geist nicht. Auch die Dauer ist ein Kennzeichen des Guten. Was keine Dauer hat, ist nur eine Laune. Auch der innere Frieden ist ein Indiz für einen guten Weg. Wenn Sie nervös sind oder verbohrt, dann kommt ihr Plan nicht von Gott. Wenn Widrigkeiten und Widerspruch Sie zornig machen, wenn Sie es nicht ertragen können zu scheitern, wenn Sie völlig quer liegen zum Geist Ihrer Zeit, wenn kein einziger Ihnen folgt, wenn Sie nicht leiden können für Ihre Sache: dann ist Ihr Plan nicht von Gott. Und wenn Sie fragen: „Was also soll ich tun?“ – die große Frage des Evangeliums – wenn Sie das fragen und keine Klarheit bekommen: Kann es nicht sein, dass Gott genau das will? Kann es nicht sein, dass Gott uns im Dunkel lassen will? Dort, wo uns nichts anderes mehr bleibt als zu vertrauen? Das Gute zu tun, das Böse zu meiden und zu vertrauen? Wir sind doch nicht allein! Wir haben einen Beistand. – „Wenn der Beistand kommt… der Geist der Wahrheit, dann wird er Zeugnis für mich ablegen.“ Christus wird klar werden. Allen. Das ist das Ziel der Weltgeschichte. Ob wir dann wissen, was Gott uns sagen will oder was die Zeit uns sagen will, ist völlig nebensächlich. Im 147. Psalm steht ein wunderschönes Motto für unseren Weg durch die Krise und durchs Leben. Da heißt es: „Voller Vertrauen warten wir auf seine Huld.“ Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors. Die Predigt zum Download finden Sie hier!Die Predigt zum Anhören