Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Hochfest der Dreifaltigkeit, 7. Juni 2020

07/06/2020 


Die Predigt zum Anhören

Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Das Kunsthistorische Museum in Wien. In der Schlange davor sehr viele Leute, die denken: Das muss man mal gesehen haben. Kultur wird abgearbeitet. – Der zweite Grund, sich Kunst anzusehen: Ruhe. Schöne Dinge. Mal Aufatmen. – Der wirklich gute Grund, der Kunst zu begegnen, ist aber der: Vor dem Kunstwerk lerne ich, dass es keine festgelegte Weltordnung gibt. Was ich bis jetzt gedacht habe, gerät in Bewegung. Der bloße Bilder-Anschauer hingegen kommt über „gefällt mir – gefällt mir nicht“, kaum hinaus. Er geht unverändert nach Hause. Das können Sie auf die Kirche übertragen. Manche sagen: Kirche, das gehört sich einfach. Also an Weihnachten. Andere: Kirche ab und an, das tut mir gut. Oder aber man sagt: Ich gehe in die Messe – und sehe das Leben neu.

Wenn ich diesen Festtag mit alten Ideen begehe, bleibt es bei: Dreifaltigkeit – Theologensache, versteht kein Mensch, braucht keiner. Ratloses Achselzucken, genervte Ablehnung, fertig ist die Dreifaltigkeit. Es ginge aber auch anders: Sie könnten von diesem Fest fasziniert sein. Sie könnten staunen über Gott. Die Idee der Dreifaltigkeit könnte Sie glücklich machen. – Mich freut sie. Ich freue mich, weil ich staune über Gott.

Sie machen das Kreuzzeichen – Vater, Sohn, Heiliger Geist. Vielleicht sagen Sie manchmal das „Ehre sei dem Vater…“ Sie hören die Gebete der Messe, die stets die Dreifaltigkeit anrufen. Sie hören, wie Jesus von Gott, dem Vater spricht und vom Heiligen Geist. Sie ahnen also, dass dieses Fest wichtig ist. Immerhin. Sagen Sie also nicht: Das ist mir zu hoch. Falsche Bescheidenheit braucht in der Kirche niemand. Sagen Sie nicht: Das ist zu kompliziert. So reden faule Leute. Sagen Sie nicht: Das ist fern vom echten Leben. Realismus ist etwas anderes als Plattheit.

Erste Botschaft heute: Der Glaube an die Dreifaltigkeit gehört zum Leben eines Christen. Zweite Botschaft des Festes: Trauen Sie sich etwas! Lassen Sie sich nicht nur den Bauch streicheln von der Schubert-Messe, sondern trauen Sie sich, Großes zu fühlen, tief zu denken. Gott zu betrachten. Das ist es, was wir Christen den anderen Menschen geben können: tiefe Gefühle, große Gedanken. Die Kinder kennen das. Die Welt hat es vergessen.

Die Menschen stellen nach diesen Wochen viele Fragen. Wie ist unser Verhältnis zu der Welt, die uns umgibt? Zu den Strukturen der Wirtschaft? Zur fast zu Tode geschundenen Natur? Wie soll unser Verhältnis zum Luxus sein, zu Reichtum und Armut, zu Demokratie und Macht? Ganz viele Menschen spüren eine tiefe Sehnsucht, die Lebensbedingungen neu abzustecken, entschieden und sanft zugleich. Sie verstehen jetzt, wie das ist: Sehnsucht zu haben nach anderen Menschen. Nach Besuchen, Reden, Zuhören, Quatschmachen. Die Jungen wissen jetzt wirklich, dass ein Gesicht auf einem Bildschirm nicht genügt. Jetzt wissen Väter wieder, wie es ist, wenn ihre Kinder reden, lachen und streiten. Vor der Krise haben sie sie nur schlafend gesehen, wenn sie spät von der Arbeit heimkamen. Jetzt geht uns auf, wie wichtig es ist, dass die Bürger eines Landes einander helfen und den Staat achten; dass das eine Land sich mit dem anderen austauscht. Wir ahnen alle: Wo es nur noch Einzelne gibt, nur Konkurrenz, Verachtung für den anderen, bloß weil er uns nicht taugt, da zerfällt alles.

Und warum ist das so? Weil es in sich falsch ist, wenn die Einheit fehlt. Eine zersplitternde Welt ist kein dummes Missgeschick, sondern falsch. Eine Familie, ein Dorf, ein Orden mit mehr Gegeneinander als Miteinander ist falsch. Denn Gott ist kein Gegeneinander. Gott ist Gemeinschaft: Vater, Sohn, Heiliger Geist. Einheit. Nicht drei Götter, die mit einander ringen, sondern Ein Gott. Beziehung und Einheit. Dieser Gott ist der Grund der Welt. Deswegen muss die Welt Gott ähnlich sein – oder sie geht verloren.

An diesem Fest blicken wir in die Tiefe. Wir sehen den Grund unseres eigenen Lebens: den Vater, den Allmächtigen, der alles geschaffen hat; Jesus Christus, aus dem Vater geboren vor aller Zeit. Und den Heiligen Geist, der Herr ist und lebendig macht und spricht.

Auf Twitter oder so können die Bischöfe jetzt den Leuten zurufen: Zusammenhalten! Solidarität! Die Armen! Aber das bleibt doch nur ein Appell. Nur Moral. Wenn wir Christen aber tief glauben, dass die ganze Welt hervortritt aus der Gemeinschaft zwischen dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist, dann gehen wir auf den Grund. Diese Welt wird geheilt vom Grund her, nicht durch Appelle. Am Grund finde ich die Kraft, etwas zu ändern. Tief innen finde ich jenes stille Entzücken, das mir Kraft gibt, gut zu sein. Weil Gott schön ist.

Vater, Sohn und Geist sind drei und sie sind einer. Das ist wahre Liebe: Jeder er selbst und doch alle ewig-tief verbunden. Das wäre die richtige Welt: Jeder er selbst und doch alle in Liebe verbunden.

Jesus denkt an uns und sagt zum Vater: „Sie sollen eins sein wie wir.“ Wir sollen eins sein, wir Menschen. Nicht wie ein Verein oder ein Regiment oder eine Firma. Eins wie die Dreifaltigkeit. Hören Sie diesen Wunsch des Herrn – „Sie sollen eins sein wie wir! – und Ihnen geht auf, was jeder Streit, erst recht jeder Krieg in Wirklichkeit bedeutet: das Gegenteil von Gott.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Die Predigt zum Download finden Sie hier!

Souveräner Malteser-Ritter-Orden

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