Dritter Sonntag der Osterzeit, 26. April 2020
Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes „In jener Nacht fingen sie nichts.“ – Wer flüchtig hinhört, flüchtig und herzlos, der wird sich da nicht viel denken. Kommt vor, dass Fischer nichts fangen, oder? Richtig. Aber jener, der weiß, dass der Evangelist Johannes niemals Banalitäten aufschreibt, horcht auf. Wenige Seiten vorher fiel das Wort „Nacht“ schon einmal: “Als Judas den Bissen Brot genommen hatte, ging er sofort hinaus. Es war aber Nacht“ (Joh 13,30). – Nacht steht bei Johannes für den Unglauben, für Tod, Vergeblichkeit, für eine Verlorenheit, aus der keiner allein herauskommt. „In jener Nacht fingen sie nichts“, bedeutet also: Der Nullpunkt. Nichts mehr. Nacht. – Diese Männer leben vom Fischfang. Eine Nacht ohne Ertrag bedroht ihren Lebensunterhalt. Ganz so harmlos, wie wir vielleicht meinen, ist es also nicht. Und diese Männer da sind gescheitert: Der, dem sie Jahre lang folgten, wurde hingerichtet. Diese Männer sind verunsichert, denn ein paar behaupten, Jesu lebe wieder. „Er ist von den Toten auferstanden.“ Der Nullpunkt ist für jeden woanders. Es gibt ganz unterschiedliche Zeichen, an denen Menschen erkennen: Hier stimmt etwas nicht, gar nicht; hier geht etwas zu Ende. Für die einen reicht es schon erleben, dass zu einem Fest im Frühling nirgendwo in der Stadt Blumen zu bekommen sind. Das ist nicht schlimm, aber es sagt etwas. Andere sehen: Ein Unternehmen, das seit 150 Jahren besteht und zwei Weltkriege überlebt hat, wird diese Krise vielleicht nicht überleben. Andere realisieren: Meine Alterssicherung ist vielleicht weg. Andere lesen, was die Behörden anordnen und ihnen geht auf: 15 Jahre Aufbauarbeit in einer Pfarre – weg. Denn wer wird nach dieser Krise noch kommen? Wer ist so gläubig, dass er sich die Art von Messen antun will, die uns jetzt verordnet werden? Schon in normalen Zeiten reicht eine verunglückte Predigt, ein dummes Wort des Pfarrers, ein kleiner Ärger – und die Leute kommen einfach nicht mehr. Nullpunkt. Der ist dort, wo mir klar wird: Ich schaffe das nicht. Ich bin nicht auf der Höhe. Unsere „von den Vätern ererbte Lebensweise“ ist sinnlos. Sie taugt nicht mehr. Hat vielleicht nie getaugt. Genau das, wovon die zweite Lesung spricht. Was ist diese „von den Vätern ererbte Lebensweise“, die für Petrus erledigt ist? Das ist so viel… das Sich-Arrangieren mit den Lebenslügen, die Konventionen, denen man sich unterwirft, die Vergeudung der Schöpfung, der krasse Egoismus, die Weigerung nachzudenken, der kleine Handel mit Gott, ein Glaube, der nur Recht haben will, aber nicht vertrauen… Das alles kommt eines Tages an den Nullpunkt. Petrus merkt, dass er nackt ist. Und springt in den See. Um ans Ufer zukommen. Der Aufenthalt am Nullpunkt kann dauern. Minuten, Stunden, Tage. Drei Tage lag er im Grab, der jetzt am Ufer steht. Es kann Jahre dauern. Von 1914 bis 1918. Von 1939 bis 1945. Und die einzige Frage schließlich: Ist Gott da, ja oder nein? Und was können wir tun, während wir diese Frage stellen? Bleiben. Nicht weglaufen. Nicht erklären. Nicht festhalten. – Jesus „hielt nicht daran fest, wie Gott zu sein“ und er wollte auch nicht festgehalten werden: „Halt mich nicht fest!“, sagt er der Frau aus Magdala. Also bleibt nur warten. Wer wartet, hofft. – Achten Sie einmal darauf: Die Zeit nach Ostern, das bedeutet für die Jünger vor allem Warten. Und woher kommt die Energie, die es braucht für solches Bleiben und Warten? Die Spannung, die uns weghebt oder wegkatapultiert aus den Tiefen des Nullpunkts? Antwort im Petrusbrief: „Denn er hat ihn von den Toten auferweckt… damit ihr glauben und hoffen könnt.“ Nicht wir glauben, nicht wir leisten es zu glauben, sondern der Glaube ist uns geschenkt, damit wir durchhalten können. Einer der tot war, lebt. Einer verwandelt ein Stück Brot in seinen Leib. Einer gibt sich, damit wir leben. Die Zumutungen des Glaubens sind es, die uns in der Spannung erhalten. Ohne sie wäre Jesus nur ein kluger Ratgeber, nur ein Vorbild. Etwas, was im normalen Leben hilft, aber nicht am Nullpunkt. Wenn das wahr ist, wenn das geht: Dass der Tod nicht mehr stimmt, dass dieses Brot ER ist – dann ist alles möglich! „Als es schon Morgen wurde, stand Jesus am Ufer.“ In einem uralten Lied, dem 113. Psalm heißt es: „Er hebt den Schwachen aus dem Staub empor.“ Genau das kommt. Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.