4. Sonntag der Osterzeit (A), 3. Mai 2020
Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Es gibt zwei Kirchen. Die eine verhandelt, organisiert, zählt Kirchenbesucher ab; sie ist kreativ, denkt sich Neues aus, – um das Alte zu erhalten. Und was tut die andere Kirche? Sie verkündigt. „Petrus trat auf, zusammen mit den Elf. Er erhob seine Stimme.“ Das ist die Kirche der ersten Christen, die Kirche der Apostel, der Heilligen und Märtyrer. Sie verkündet. Und was sie sagt, trifft Menschen ins Herz. „Als sie das hörten, traf es sie ins Herz“, berichtet die Apostelgeschichte. Wie geht das? Wie trifft man andere ins Herz? Wie verkündigt man? Wie bewirkt man wirklich etwas? Das ist ganz und gar nicht allein die Frage der Pfarrer und Priester und aller anderen, „die zum Dienst in der Kirche bestellt sind“ und dafür Geld und Titel bekommen. Das ist auch die Frage der Eltern, der Ehepaare, der Freunde, aller Getauften. Sie hier, Sie verkünden! Sie sind auf der Suche nach dem Herzen des anderen! Nicht um es für sich zu gewinnen, sondern um es mit Christus zu verbinden. Wie trifft man andere ins Herz? Die erste Antwort: Es ist ein Rätsel. Unanalysierbar. Unregelbar. Nicht in ein System oder eine Anleitung zu bringen. Warum ist das eine nur eine Symphonie und das andere ein Wunder, eine Genie-Tat, ewig? Warum dieser Mann, diese Frau, aber nicht jene und nicht jener? Warum ist das eine Kind so, das andere ganz anders, obwohl beide dieselben Eltern haben? Warum wird der eine gläubig und der andere nicht? Letztlich geht es hier um den Sinn für die Gnade. Für das, was geschenkt wird, was wir nicht machen können. Es geht um Intuitionen, Momente, Inspirationen, um das Hören und Wagen… – Wer diesen Sinn nicht hat, wer nicht staunen kann, der findet nur Gewalt und Ideologie. Und nun die zweite Antwort auf die Frage: Wie bewirkt man etwas? Wie geht Verkündigung? Der Evangelist Lukas, der die Apostelgeschichte aufgeschrieben hat, gibt uns ein paar Anhaltspunkte. Wir werden das Rätsel der Verkündigung nicht lösen, aber eine Richtung finden. Mehr haben wir in dieser Welt nicht. Petrus ist nicht allein; das ist das Erste. Ein Einzelner, einer der immer nur für sich alleine spricht, der zu keinem anderen gehört, ein solcher ist letztlich: ein Irrer. Petrus wagt etwas. Die erste Kirche war ganz sicher keine, der Besonnenheit das Wichtigste war. Besonnen zu sein, das reicht für die, die ein altes Stift und Waldbesitz und Immobilien erhalten müssen. Echte Hörer und dann Gläubige gewinnt nur der, dem man anmerkt: Es kostet ihn Kraft. Herzblut. Courage. Alles andere ist: Geplauder, Konversation. Petrus spricht „mit Gewissheit“. Er ist nicht präpotent, kein Fanatiker, kein Ideologe. Petrus ist treu. Ein Zeuge. Wer nur etwas referiert, wird niemanden ins Herz treffen. Wer immer nur Recht hat, wird anderen auf die Nerven fallen. Wer seine Meinungen wechselt wie andere das Hemd, wird verachtet werden, aber kein Herz berühren. Und schließlich: Petrus löst nicht nur Interesse aus, sondern eine echte Frage. „Was sollen wir tun?“ Die Frage des Menschen. Nur weil die Menschen ihn fragen – „Was sollen wir tun?“ – nur deshalb kann er diese Antwort geben: „Ändert euch. Bekehrt euch.“ Menschen, die nicht fragen, kann ich nicht sagen: Bekehrt euch. Wie käme ich dazu? Das ist die Crux aller Seelsorge. Petrus weist jetzt einen Weg. Das ist so viel mehr als Anweisungen zur Einhaltung von Hygiene-Vorschriften. Er sagt den Menschen: Lasst euch taufen und gehört von jetzt an zu Christus. Zu seinem Wesen und seiner Kraft. Ihr werdet die Gabe des heiligen Geistes empfangen. Die Kirche kann nicht leben von Langeweile oder Verachtung oder Kälte. Die Kirche lebt, wo etwas gewagt wird. Im Reden, Fragen, Entscheiden, Hoffen, Handeln. Das ist das Leben der Kirche. Wenn auch nur eines fehlt, lebt dieses Leben nicht. Wo alles das aber da ist, da geht das Leben der Kirche weiter: hin zu „all denen in der Ferne, die der Herr herbeirufen wird.“ Der Herr wird es tun. Aber nicht ohne Menschen. Was Petrus sagt, wie er es sagt, was er selbst erlebt hat, was er gelitten hat, hat eine enorme Wirkung auf seine Zuhörer. Irgendeinem Idioten, irgendeinem aufgeblasenen Laffen, irgendeinem Feigling, irgendeinem Verwalter, einem Miet-Hirten hätte Gott das nicht erlaubt. Er hätte ihn reden lassen, – aber es wäre nichts geschehen. Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.