28. Sonntag des Jahreskreises (C), 13. Oktober 2019
„Denke an Jesus Christus, auferweckt von den Toten, aus Davids Geschlecht.“ Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes Ruhig ist keiner. Kaum einer ist zuversichtlich. Alle spüren: Es ändert sich etwas. Viele denken: Es muss sich etwas ändern. In solchen Zeiten wollen die Leute schnelle Lösungen, klare Regeln. Keiner fragt, alle wissen. Jeder macht sein Ding. Lehrer, Fachleute, Autoritäten: Braucht kein Mensch! „Mir redet niemand drein. Ich gehe demonstrieren. Ich meditiere. Ich ernähre mich richtig und verachte die, die sich falsch ernähren. Ich höre auf mein Inneres und entdecke mich selbst.“ Ich! Mein! Mich! Jeder weiß, wo die Feinde sind und wo die Freunde. Jeder weiß, wo er andere Leute mit klaren Ideen findet; Leute, die machen wollen. Und irgendwann denken sie alle: Jetzt reicht ‘s. Revolution! Jede Revolution, gleich ob rechts oder links, will eine neue Gesellschaft, eine neue Wirtschaft, neue Kunst, den neuen Menschen. Da ist nur ein Problem: Revolutionäre haben keine Zeit. Menschen sind ja so langsam! Sie zieren sich, sie sind wirklich schwer zu bewegen. Also: Gewalt! Damit es schnell geht. Alle Revolutionen sind so abgelaufen, und die, die kommen, werden nicht anders sein: Gewalt. Keine Zeit! Gott hat Zeit. Gott braucht keine Gewalt. Und die Massen braucht Gott auch nicht. Er braucht nur einen einzigen Menschen. Ein einziger Mensch, – und die Welt beginnt sich zu verändern. Der Gott der Bibel will die radikale Veränderung der Welt. Das ist der einzige Punkt, den Gott und die Revolutionäre gemeinsam haben: Es geht um die Welt. Weil sie so nicht bleiben kann. Revolutionäre fangen immer groß an. Gott fängt klein an. Vor langer Zeit bei einem Orientalen, der Gott hört und sich auf den Weg macht: Abraham. Dann wieder bei David. Und bei Maria. Heute bei irgendeinem, irgendeiner. Die Veränderung dieser Welt ist keine Magie; sie ist Entscheidung. Der Mensch muss die Möglichkeit haben, zu kommen und zu sehen. Das ist die Art Gottes; das ist, wie die Kirche sein soll. Ein Mensch muss kommen und sehen. Wenn er dann will, kann er mitmachen bei der Geschichte, die Gott wirkt. Bei Gott ist kein Zwang, kein moralischer Druck. Nur die Sehnsucht, der gute Wille und die Faszination einer anderen, besseren Welt. Diese Drei braucht es, um Christ zu werden. Was bedeutet das: Christ sein? In der Lesung gibt es einen Satz, der es auf den Punkt bringt. Sie haben ihn überhört, ich bin sicher. Er ist ganz unauffällig. Aber kapital. Ein Kurz-Glaubensbekenntnis, das alles Wesentliche des Christentums enthält. Er lautet: „Denke an Jesus Christus, auferweckt von den Toten, aus Davids Geschlecht.“ „Aus Davids Geschlecht“. Warum schreibt Paulus das? Weil Geschichte wichtig ist. Jesus stammt aus der Familie des Königs David. Es geht nicht um Herrscher und Kriege und Erfindungen. Es geht um Ihre Geschichte. Ein Kind zeugen, die Geburt, das Lernen und Aufwachsen, Erwachsenwerden, Altern, glückliche Tage, schwere Tage: Alles das ist Ihre Geschichte – und die gehört zum Glauben. Das meint Paulus. Revolutionäre verachten die Geschichte. Gott tritt in die Geschichte ein: Jesus ist „aus Davids Geschlecht.“ Ihre Erinnerungen, Ihre Entscheidungen, der Geist, die Seele, die innersten Wünsche, die Sinne und der Körper, alles, was uns umgibt, die Arbeit, das Feiern, ein Obstbaum, die ganze Schöpfung: alles gehört zur Geschichte. Und darin wirkt Gott. Nicht im Jenseits: hier in der Welt. Mitten unter uns beginnt Gott die Veränderung der Welt. Aber nur wenn Sie mitmachen, frei, weil Sie es gut finden. Solche Erlösung in Geschichte gibt es in keiner anderen Religion, nur bei den Juden und in der Kirche. Und was ist das Ziel? „Denke an Jesus Christus, auferweckt von den Toten…“ Alle Revolutionen haben nur noch mehr Tote bewirkt. Gott schafft den Tod ab: das große Bekenntnis der Christen! In der Geschichte hat Gott mit einem kleinen Volk begonnen, den Juden. Er hat einen Bund mit ihnen geschlossen, keine Diktatur begründet. Jeder Einzelne sollte sich frei für Gott entscheiden können. Alle zusammen zeigen dann, was Gott will: die neue Gesellschaft. Die Völker der Erde werden an diesem Volk sehen, wie das geht: anders leben. So ist die Kirche gedacht. Das bedeutet eine große Verantwortung: Wie der Einzelne lebt, wie eine Pfarre ist, wie ein Orden ist: Das entscheidet darüber, ob sich Menschen auf Gott einlassen. Oder auf rechte oder linke Politiker. Oder das Geld. Die Gemeinden sind der Anfang der neuen Stadt Gottes. In ihnen wird täglich die Welt verwandelt. Die Welt wird erlöst in der realen Geschichte, in allem Guten, das in der Welt geschieht. Jeder entscheidet mit. Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.