Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Montag der 7. Osterwoche, 3. Juni 2019

03/06/2019 


Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Sie tun mir leid. Es ist ein schöner Sommertag, Sie beschließen, in die Malteser-Kirche zu kommen, wo es doch immer nur feine Töne gibt, – und man setzt Ihnen eine Lesung über ausgerissene Zungen vor. Ich weiß nicht, was sich die Gottesdienstkongregation bei der Auswahl der Texte denkt; aber weil ich sicher bin, dass jede römische Kongregation von helleren Lichtern geführt wird als die politischen Parteien, kann ich gut akzeptieren, was Rom für das Fest der Märtyrer in Uganda bestimmt.

Am 2. Juni 1886 lässt im heutigen Uganda der König eine Reihe seiner Pagen festnehmen. Weil sie Christen sind. Und weil es die Christen waren, die sich seiner Gewohnheit, Kinder und Jugendliche zu missbrauchen, widersetzt hatten. Karl Lwanga war der oberste Page. Am Morgen des 3. Juni lässt der König den Hofstaat antreten. „Die, die nicht beten, stellen sich hier neben mich, die, die beten, dort hinüber.“ Karl Lwanga und 15 andere junge Männer, alle unter 25, gehen an die Stelle, die der König angezeigt hat. Der König fragt sie, ob sie Christen bleiben wollen. Ihre gemeinsame Antwort: „Ja!“. Der erste wird in Stücke gehauen, der zweite totgeprügelt, die übrigen in trockenes Schilf gebunden und angezündet. Karl Lwanga verbrennt bei lebendigem Leib. Uns geht auf, dass das Makkabäerbuch keine alten, erledigten Geschichten erzählt. Wir müssten nur von Wien aufbrechen, immer weiter, auf dieser Erde, auf der wir jetzt stehen, – und wären dabei, irgendwo, wenn junge Christen mit dem Tod bedroht werden.

Es geht also um Verfolgung, um Martyrium, um Treue, um Werte. Um die Frage: Was ist wichtig? Was ist wichtiger? Was ist relativ und was ist absolut? Dass etwas absolut gelten könnte, ist uns hier fremd geworden. Das liberale „Muss jeder selber wissen“ hat auf der ganzen Linie gesiegt. Da hilft auch keine katholische Empörung. Fundamentalismus wird die Sache nicht lösen. Die sieben Brüder befolgen Gebote, die sie für göttlich ansehen. Also für absolut. Die ersten Christen, die allesamt Juden waren und sich an genau diese Gebote hielten und sie als göttlich ansahen, entscheiden eines Tages: Nein, die heiligen, die göttlichen Gesetze der Juden gelten nicht mehr (s. Apg 15,20). Die Kirche selbst relativiert also. Das, was heute heilig und göttlich ist, ist es morgen nicht mehr. Das ist auch die Geschichte des II. Vatikanischen Konzils, und ich habe mich dem gefügt, was die Kirche entschieden hat.

Das Absolute, die Verfolgung, das Martyrium, Treue, Mut, die Unterscheidung zwischen Wichtig und Unwichtig… alles klingt heute an. Ich will etwas herausgreifen, das Ihnen vielleicht nicht gleich aufgefallen ist vor lauter Folter und Glaubensstrenge: die Ruhe. „Christus regt sich nicht auf. Die Pharisäer regen sich auf.“ Was Alberto Moravia schreibt, passt auch für die sieben Brüder. „Sieben Brüder mit ihrer Mutter“, heißt es. Das ist zuerst ein Bild des Friedens, so beginnen Märchen. Die Eintracht einer Familie. Dann bricht das andere ein: die Gewalt. Drohung. Die Entscheidung auf Leben und Tod. Dem ist nur auf zweierlei Weise zu begegnen: mit Geschrei oder mit Würde. Es ist die Würde der Brüder, die uns diese Erzählung aushalten lässt. Nicht nur aushalten, sondern auch auf unser eigenes Leben anwenden.

Würde geht zusammen mit Treue. Also mit Entscheidungen. Mit Werten. Die Brüder treffen eine Entscheidung. Das kann im eigentlichen Sinn nur der tun, der Werte hat. Alles andere ist ein Lump, ein liberaler. Deswegen stellen uns die sieben Brüder und die Märtyrer in Uganda und so viele in der Geschichte die gleiche Frage: Was sind Deine Werte? Was kann gelten, was muss gelten? Wie entscheidest du? Und wie stehst du dann da, wenn die Entscheidung getroffen ist? Mit Würde.

Würde droht nicht. Sie ist nicht laut. Aber sie ist fest. Würde und Rachsucht schließen sich aus. Würde kommt aus den Werten. „Du nimmst uns dieses Leben, aber der König der Welt wird uns zu einem neuen, ewigen Leben auferwecken.“ Dies sagen, ruhig und fest, die sieben Brüder. Und zeigen uns, woher ihre Würde kommt: Es gibt ihn, den wahren König der Welt. Wer das verstanden hat, wird ruhig.

Diktatoren und Tyrannen zetern und raufen, wenn es zu Ende geht wie das Ehepaar Ceausescu. Sie verstecken sich in einem Erdloch wie Saddam Hussein. Sie nörgeln wie Napoleon. Wissen Sie, was das letzte Wort der unglücklichen Königin war, die von einer Männerbande zum Tod verurteilt wurde? (…)

Würde ist mehr als gute Manieren. Würde hat Kraft. Sehen Sie die Seligpreisungen des Evangeliums. Das ist doch nicht die Charta der Waschlappen, kein wirkungsloser Zierrat. Das ist Opposition, Umkehr, Ausbruch aus den bestehenden Regeln – aber ruhig. Die Würde sprengt die Pyramiden, die die Menschen bauen, immer wieder von neuem, um einen von ihnen oben auf die Spitze zu setzen, den König Antiochus und so viele andere. Doch Gott hat die Würde erschaffen, die Fähigkeit zu unterscheiden und den Mut. So stürzt Gott Tyrannen.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

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