Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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7. Sonntag der Osterzeit, 2. Juni 2019

02/06/2019 


Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Ich mache verstörende Erfahrungen. Ich schaue mir ein Video an und stecke zwischen Faszination und Schauder. Gebannt. Nachher fühle ich mich beschmutzt, nicht gut (es gibt Menschen, in deren Nähe man nicht gut wird… meiden Sie die!). Wenn aber in den Nachrichten Bilder von einem Flüchtlingskahn auf dem Mittelmeer kommen, schaue ich weg und fühle mich kalt und unbehaglich. Offenkundig ist die Blickrichtung wichtig. Achten Sie darauf, was Sie sehen und wie Sie es sehen. Achten Sie darauf, was Ihre Kinder sehen.

Was sieht Jesus? Um sehen zu können, was er sieht, braucht es vor allem eines: Er muss außerhalb stehen. Wenn Sie immer nur in die gleiche Richtung wie alle anderen blicken, werden Sie Jesus nie verstehen. Wechseln Sie die Positionen! Schauen Sie sich von außen an, ab und zu. Schauen Sie Christus an. Schauen Sie von außen auf die Welt.

Jesus sieht den Vater; das ist immer sein erster Blick. „Jesus erhob seine Augen zum Himmel.“ So beginnt das Evangelium. Dann sagt Jesus: „Vater!“ – „Gütiger Vater!“ – Teilen Sie, teilt unsere Pfarre, teil der Orden diese Blickrichtung? Oder schauen wir immer nur auf „die anderen“? Schauen wir nur hin, wenn es Grausiges zu sehen gibt? Wie schauen wir?

Jesus blickt auf den Vater, immer. Und auf die Welt. „Gütiger Vater, die Welt hat dich nicht erkannt.“ Und dann blickt er auch noch auf seine Jünger: „Sie haben erkannt, dass du, Vater, mich gesandt hast.“ Wir verstehen hier besser, wer Jesus ist, wer wir sind und was der Glaube ist.

Jesus steht außerhalb. Er ist nicht der Vater; er ist nicht die Welt; er ist auch nicht seine Jünger. Und die Jünger sind nicht die Welt. Wird Ihnen klar, dass dieses Evangelium sozusagen vier Parteien kennt? Den Vater, Jesus, die Welt, die Jünger Jesu. Können Sie damit umgehen, dass einer Sie anschaut, Sie versteht, aber doch signalisiert: Ich bin nicht einer von euch? Geht Ihnen durch dieses Evangelium auch auf: Wer immer Jünger Jesu sein will, muss mit der Welt brechen, in irgendeiner Form. Sie müssen anders sein als die Welt. Die Welt, das ist alles, was den Vater nicht erkannt hat; was also nicht an Gott glaubt.

In einem sogenannten christlichen Land leben, heißt nicht schon an Gott glauben. Weihnachten feiern, in die Kirche gehen, das Kind taufen lassen, heißt nicht unbedingt: an Gott glauben. Sagen: „Es gibt einen Gott“, heißt noch nicht: an Gott glauben.

Das Evangelium bringt zwei Bedingungen, die erfüllt sein müssen, dass einer sagen darf: „Ich bin gläubig. Ich glaube.“ Erstens: Gläubig ist der, in dessen Alltagsleben Gott eine Rolle spielt. Sehr einfach. Der ist gläubig, der sich immer wieder fragt: „Was will Gott von mir?“

Zweitens: Gläubig ist der Mensch, der sich an Christus hält. – Warum ist es so selten, dass in einem Taufgespräch, in einem Brautgespräch, in einer Beichte, in einer Plauderei jemand sagt: Christus ist mir wichtig? Jesus Christus ist der große Unbekannte bei den Christen. Und daran können jetzt ausnahmsweise nicht die Predigten schuld sein… Was ist es dann? Könnten wir nicht wenigstens diese Frage zusammen klären?

„Vater, die Welt hat dich nicht erkannt. Aber ich habe dich erkannt.“ Jesus ist der, der Gott erkannt hat. Der Einzige, der Gott kennt. Deswegen ist es so wichtig, mit ihm umzugehen. Es gibt keinen anderen Weg zu Gott als durch Christus.

„Ich habe dich erkannt, und sie haben erkannt, dass du mich gesandt hast“ (Joh 17,25). Merken Sie den Unterschied: Jesus hat den Vater erkannt, – die Jüngerinnen und Jünger haben nur erkannt, dass Jesus der Gesandte ist. Das bedeutet: Wir erkennen Gott nicht. Wir erkennen nur seinen Gesandten. Jesus ist unumgehbar. Jesus ist im Evangelium, in den Armen, in den Kranken, in der Kirche, in der Hostie: Wir blicken ihn an.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

Souveräner Malteser-Ritter-Orden

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