Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes zu Jerusalem von Rhodos und von Malta

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Montag der Fünften Fastenwoche, 8. April 2019

08/04/2019 


Im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes

Mit Jesus ist eh alles klar. Bilder, Katechismus, keine weiteren Fragen. Man muss Christus nicht begegnen; mit ihm in Konflikt geraten schon gar nicht. Mit Jesus streiten, das tun die Pharisäer. Wenigstens streiten sie mit ihm! Wer streitet, redet mit einander. Das enthält deutlich mehr Chancen als nur die Augen zu rollen und die Zeitung umzublättern. Diese Gottesdienste hier gibt es, damit Sie und ich Gefahr laufen, auf Jesus zu treffen. Auf den Lebendigen.

Warum soll man sich mit Jesus aus Nazareth beschäftigen? Um der Allgemeinbildung willen? Weil es dazugehört, irgendwie, wenn man Katholik ist? Das hier ist keine Kultur-Veranstaltung. Die Messe ist keine Konvention, die man erfüllt. Das hier ist Gottes-Dienst, Feier Ihrer Erlösung und meiner Erlösung, Gemeinschaft der Heiligen, Geschehen der Gnade. Nichts davon geht ohne den Auferstandenen.

Dieses Evangelium hat der hl. Johannes geschrieben. Man kann versuchen, sich in ihn hineinzuversetzen. Dann findet man Spuren des Konflikts zwischen den ersten Christen und den Juden. Dieses Evangelium enthält Aussagen, die die Lehre über Christus und die Lehre von der Dreifaltigkeit geprägt haben, also das Dogma. Man kann es einfach als treuer Katholik lesen. Und sehr ruhig bleiben dabei. Es steht ja eh alles fest. In diesem Evangelium scheint aber auch etwas auf von den letzten Tagen vor Jesu Tod. Was erlebt er? Was fühlt er? Wer ist er? Das ist kein Psychologisieren, sondern die richtige Frage vor der Menschlichkeit Jesu. Jesus ist wahrer Mensch und wahrer Gott. Als solcher erlöst er die Welt. Deswegen die Frage: Was erlebt dieser Mensch? Was erleben andere mit ihm? Wir?

„Ich bin das Licht der Welt.“ So fängt es an, und schon stehen Sie mittendrin. Das Licht der Welt, ist das Quatsch? Anmaßung? Oder die Wahrheit? Irgendwann müssen Sie das entscheiden für sich. Wer so redet, macht es den anderen nicht leicht. Was Jesus dann sagt, macht alles noch schlimmer. „Der Vater, der mich gesandt hat, legt über mich Zeugnis ab.“ – „Wo ist dein Vater?“, fragen sie ihn darauf. „In Nazareth? In seiner Werkstatt? Dein Vater ist doch der gute Joseph, nicht wahr?“ Diese Leute sind nicht wohlwollend. Aber noch reden sie mit Jesus. Noch gäbe es eine Chance, sich zu verständigen, so die landläufige Hoffnung. „Reden sie doch mal mit einander. Vielleicht ein Mediator?“ Das ist die Hilfestellung heutiger Vorgesetzter. Als neulich bei den Diakonen dicke Luft herrschte und man sogar den armen Kardinal anrief, sagte der: „Vertragt euch halt!“ Das ist die Hoffnung der Mutti an Weihnachten: das alle sich vertragen könnten, wenn alle nur den Mund hielten und „nicht immer herumstreiten“ würden. Blöderweise streitet Jesus immer herum. Blöderweise gibt es Situationen, in denen nicht beide Recht haben können. Deswegen ist es absolut notwendig, zwischen Wichtig und Unwichtig zu unterscheiden. Streiten – nur um wirklich Wichtiges.

„Ich bin das Licht der Welt“, kann man nicht verwandeln in „Vielleicht bin ich das Licht der Welt, vielleicht auch nicht. Oder nur ein bisschen.“ Irgendwann werden Sie vor der Mauer stehen, und es wird nicht weitergehen und Sie werden sich umwenden müssen und kämpfen.

In diesem Evangelium geht es um die Frage: Ist Jesus echt? Wie kann er es beweisen? Hat er Zeugen, die ihn beglaubigen können? Die Pharisäer argumentieren formal, juristisch; so, wie sie Gott verstehen: als Gesetzgeber und Richter, irgendwo unter Himmelsakten vergraben. Jesus argumentiert als der Sohn. Und sagt ihnen: „Ihr urteilt, wie Menschen urteilen. Ihr kennt weder mich noch meinen Vater.“ Nein, Jesus hat keine guten juristischen Argumente. Er kann nicht A und B und C zusammengeben, vernünftig, logisch und das ganz Gericht folgt ihm. Diesen Konflikt kann nur eines lösen: der Glaube. Ihr Glaube, mein Glaube. Glauben Sie, dass es eine Verbindung gibt zwischen Mensch und Gott? Eine Gewissheit? Gibt es Lüge und Wahrheit? Und Vertrauen? Das ist die Grundfrage.

Aber wie soll man an Jesus glauben, in den Tagen, die jetzt kommen? Zaubern Sie nicht zu schnell Ostern aus der Tasche. Maria, die Apostel, die Frauen: Niemand wusste etwas von Ostern in jenen Tagen, als der Konflikt eskalierte.

Jesu Sprache wird immer gewaltsamer, sein Anspruch immer schwerer nachzuvollziehen. Wer versteht den Schmerz dieses Mannes? Um das beantworten zu können, müsste man den göttlichen Schmerz ermessen, der kommt aus den Jahrhunderten, Jahrtausenden des Widerstandes gegen Gott, aus all dem umsonst vergossenen Blut, all der Lüge, all dem Götzendienst, aus der Blindheit.  Das Leiden Jesu ist nicht das Leiden des wunderlichen, unverstandenen Künstlers, nicht das Leiden des verbitterten Misanthropen oder des verschmähten Liebhabers. Es ist das Leiden Gottes, der sich mit uns Menschen eingelassen hat.

Jesus kann sich nicht noch weiter erklären. Und wird einsam. Von Stunde zu Stunde immer einsamer. Und immer lichter.

Zum mündlichen Vortrag bestimmt, verzichtet dieser Text auf Quellenangaben. Jede Vervielfältigung und Veröffentlichung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Autors.

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